Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
einzelnen immer mehr oder weniger unmöglich sein wird, sich gegen einen die Gesellschaft beherrschenden Ton abzuschließen, so adoptierte denn auch Schadow diese Sprechweise, freilich erst, nachdem er sich dieselbe nach seinen eigenen Bedürfnissen zurechtgemacht hatte. Er versetzte sie nämlich mit einem Element, von dem sie in der Regel wenig zu haben pflegt: mit humoristischer Derbheit, und erzielte dadurch ein ganz eigenartiges Endresultat.
    Ein paar illustrierende Beispiele, herausgenommen aus einer großen Zahl ähnlicher Anekdoten und Überlieferungen, mögen hier Platz finden. Vom Professor Stabfuß, der freilich alles andre eher war als ein Maler, pflegte der Alte lächelnd zu sagen: »Ja, der Stabfuß, der hat sich det Malen angewöhnt«, und einer Deputation von Bildhauern, deren Gesamtheit ihm am Abend vorher einen Fackelzug gebracht hatte, bemerkte er, ohne sich groß auf Dankesworte einzulassen: »Na, det hat euch woll viel Spaß gemacht.« Verhaßt waren ihm alle diejenigen, die durch Unterwürfigkeit und schöne Redensarten ausgleichen wollten, was ihnen an Kraft und Können abging, und auf einschmeichlerische Gesuche wie etwa: »Der Herr Direktor könnten das ja mit Leichtigkeit tun«, pflegte er regelmäßig zu antworten: »Ja, dun könnt ich et; aber ich du et lieber nich.« Anmaßung und Dünkel ließ er nicht aufkommen, auch da nicht, wo ein entschiedenes Talent die Äußerungen der Eitelkeit allenfalls verzeihlich gemacht hätte. Nahm er dergleichen wahr, so entstanden Gespräche wie das folgende: Schadow: »Haste det alleene gemacht?« Schüler: »Jawohl, Herr Direktor.« Schadow: »Janz alleene?« Schüler (fast beleidigt): »Jawohl, Herr Direktor.« Schadow: »Na, denn kannst du Töpper werden.« – Er hatte von solchen Ausdrücken und Vergleichen eine ganze Skala zur Verfügung. Am niedrigsten stand ihm der Zinngießer.
    Nicht besser ging es denen, die als »Amateurs« in Reih und Glied eintreten und die Kunst nebenbei erlernen wollten. Einem jungen Offizier, der talentiert war und aus » Liebhaberei « zu malen vorhatte, antwortete er trocken: »Ne, ne, Herr Leutnant. Bleiben Se man lieber bei Ihr Mächen.«
    Interessant war sein Verhältnis zu Rauch. Es wurd ihm nach dieser Seite hin das Möglichste zugemutet, und selbst die bittersten Gegner des alten Herrn – er hatte deren zur Genüge – werden ihm das Zeugnis nicht versagen können, daß er mit einer selten unzutreffenden Charakterhoheit dem Aufgang eines Gestirns folgte, das bestimmt war, die Sonne seines eigenen Ruhmes, wenigstens auf Dezennien hin, mehr oder weniger zu verdunkeln. Äußerungen, die ich bereits im allgemeinen getan, hab ich an dieser Stelle noch im besonderen zu wiederholen. Kein bitteres Wort, kein abschmeckiges Urteil kam über seine Lippe, selbst dann nicht, als die jugendlichere Kraft des Rivalen mit Ausführung jenes Friedrich-Denkmals betraut wurde, das einst sein Tag- und Nachtgedanke und wie nichts andres in seinem Leben der Gegenstand seines Ehrgeizes und seiner höchsten künstlerischen Begeisterung gewesen war. Überall, wo wir dem Namen Rauchs in seiner (Schadows) Autobiographie begegnen, geschieht es in einem Tone unbedingter Huldigung. »Die Figur der Königin zu Charlottenburg war sein erstes glänzendes Werk, so glänzend, daß es merkwürdig bleibt, wie seine folgenden Werke jenes noch übertreffen konnten.« In ähnlicher Weise klingt es stets. Zum Teil mochte das, was als neidlose Bescheidenheit erschien, ein Resultat klugen Abwarten- und Schweigenkönnens sein. Er wußte, daß seine Zeit wiederkehren würde; sprachen doch inzwischen seine Werke für ihn. Wenig mehr als ein Menschenalter ist seitdem verflossen, und die Wandlung der Gemüter hat sich vollzogen, rascher, als er selbst erwartet haben mochte. Die Zeit ist wieder da, wo das Grabmonument des jungen Grafen von der Mark in der Dorotheenstädtischen Kirche ruhmvoll und ebenbürtig neben jenem schönen Frauenbildnis im Mausoleum zu Charlottenburg genannt wird, und der Marmorstatuen Scharnhorsts und Bülows kann nicht Erwähnung geschehen, ohne daß gleichzeitig und mit immer wachsender Pietät auf die Standbilder Zietens und Leopolds von Dessau hingewiesen würde, die wir dem erfinderischen Kopf und der mutigen Hand des Alten verdanken. Die Fachleute zweifeln kaum noch, vor wem sie sich als vor dem größeren zu beugen haben: Rauch hatte die geschicktere Hand, aber Schadows Genius war bedeutender, selbständiger. Er schritt voran und

Weitere Kostenlose Bücher