Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
Zweifel, den nichtsdestoweniger der Freiherr Truchseß von Waldburg gegen den Mut und die soldatische Ehre des Oberstallmeister erhob, führte zu einem der seltsamsten Duelle, die je gefochten wurden. Die beiden Gegner trafen sich (1664) auf dem sogenannten »Ochsengrieß«, einer Wiese in der Nähe von Wien. Die weite Reise war nötig, weil die vielen Duelle, die damals am brandenburgischen Hofe vorkamen, zu den allerschärfsten Erlassen gegen den Zweikampf geführt hatten. Das Duell sollte zu Pferde stattfinden und die Kugeln in möglichstes Nähe a tempo gewechselt werden. Der Oberstallmeister ritt an den Freiherrn Truchseß heran und fragte ihn, ob er gesagt habe: er habe ihn (den Pöllnitz) kujoniert und keine Satisfaktion bekommen können. Truchseß antwortete: »Ja, das habe ich gesagt.« Darauf wurden die Pistolen abgefeuert und in Gegenwart der Sekundanten frisch geladen. Pöllnitz fragte voll Courtoisie: »ob man die Pferde wechseln wolle«, was Truchseß ablehnte. Man ritt nun in lebhaftem Schritt aneinander heran und schoß auf nächste Distance. Die Kugel des Truchseß streifte den Oberstallmeister über den Bauch, die Kugel des letzteren aber traf den Truchseß tödlich. Er sank zur Seite und hielt sich mühsam im Sattel. Pöllnitz fragte ihn jetzt: »Müsset Ihr nunmehro nicht zugestehen, daß Ihr mir Unrecht getan und meine Ehre ohne Grund gekränket habt?«, worauf Truchseß erwiderte: »Ich hab Euch Unrecht getan und bitte, daß Ihr mir vergeben wollt.« Man nahm den Truchseß aus dem Sattel und legte ihn auf den Rasen. Der Oberstallmeister kniete an seiner Seite nieder und sprach dem Sterbenden aus Gottes Wort christlichen Trost zu, bis er verschied.
Wir verlassen nun die Gruft und treten in die Kirche. Sie zeigt sich geräumig, lichtvoll und von einer Einfachheit, die nach der Überladenheit der Façaden angenehm überrascht. Es fehlt aller vergoldete Zierat, aber das Eichenschnitzwerk an Kanzel und Altar ersetzt ihn mehr als genügend. In der Mitte wölbt sich die Kuppel, und nur der Bilderschmuck, den man an dieser Stelle wenigstens versucht hat, hebt die gute Totalwirkung der inneren Kirche zum Teil wieder auf. Ein Moses mit den zwei Sinaitafeln auf seinen Knien und eine büßende Magdalena, die den Fuß auf Drachen und Totenkopf setzt, sind Leistungen, die auf eine wenig ruhmreiche Stufe vaterländischer Kunst zurückweisen.
Der Ostflügel bildet einen »hohen Chor«. Altar und Kanzel trennen ihn von dem Hauptteile der Kirche völlig ab, und nur zwei Treppen zur Rechten und Linken unterhalten die nötige Verbindung. Es scheint, daß es Absicht des Baumeisters war, hier Raum für ein Camposanto, für eine marmorne Gedächtnishalle, zu schaffen, eine Vermutung, die dadurch bestätigt wird, daß sich die bereits beschriebene Gruft gerad unter diesem Teile der Kirche befindet. Den Intentionen des Baumeisters ist aber nur einmal entsprochen worden. Ein einziges, allerdings sehr reiches und prächtiges Grabmonument erhebt sich an dieser Stelle: das von Glume herrührende Marmordenkmal des Ministers von Viereck. Zieht man den Geschmack jener Zeit in Erwägung, der in dem Hange nach geistreicher Symbolik vielleicht etwas zu weit ging, so muß man zugestehen, daß es eine ganz vortreffliche Arbeit ist. Die Gestalten, aus denen sich das Ganze zusammensetzt, sind folgende: der Tod mit der Sichel und ein Engel mit dem Palmzweig, wozu sich dann, von der andern Seite her, eine weibliche Figur mit einer weit geöffneten Leuchte gesellt, unzweifelhaft um das »Licht der Aufklärung« anzudeuten, das wenigstens zu der Zeit, als das Denkmal angefertigt ward – etwa ein Jahrzehnt nach dem Tode von Vierecks –, als unerläßliches Requisit eines preußischen Kultusministers angesehen wurde. Die Büste des Ministers krönt das Ganze; darunter sein und seiner beiden Frauen Wappen und unter diesen wiederum eine lateinische Inschrift in Goldbuchstaben, die, wie sich denken läßt, nur bei den Verdiensten des illustren Mannes verweilt und keinen Nachklang enthält von jener Reprimande König Friedrich Wilhelms I., die da lautete: »Geheimer Rat von Viereck soll sich meritieret machen, nicht zu viel à L'hombre spielen, diligent und prompt in seiner Arbeit sein, nicht so langsam und faul, wie er bisher gewesen .«
Der Unterschied zwischen preußischen Cabinetsordres und Grabschriften war immer groß.
Noch eine Stelle bleibt, an die wir heranzutreten haben. Unter der Kuppel, inmitten der Kirche,
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