Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
oder »Über den Tod seiner ersten Gemahlin«, wie es in einer älteren Ausgabe genannt wird. Es gilt von diesem Gedicht etwas Ähnliches, wie Schlegel von Bürgers »Leonore« gesagt hat: »daß es allein schon ausreichen würde, den Namen des Dichters der Nachwelt zu überliefern«. Die Zeiten ändern sich freilich, und es wird manchem jetzt pedantisch erscheinen, siebenundzwanzig Trauerstrophen, noch dazu die Arbeit von Jahren, auf den Tod einer hingeschiedenen, geliebten Frau gedichtet zu sehn. Aber das Lächeln über die altfränkische Mode ist unberechtigt. Es ist mit einem solchen Gedicht wie mit einem Bildhauer, der seine Frau verliert und ihr ein Monument errichten will. Er hat sie selbst am besten gekannt, trägt ihr Bild am treusten im Herzen und geht freudig und gutes Mutes an die Arbeit . Die Arbeit ist mühevoll und kostet ihm Zeit, aber endlich hat er's erreicht, und niemand tritt jetzt heran und wundert sich, daß er Jahre gebraucht hat zu einer Schöpfung der Pietät und Liebe. So muß man auch eine solche »Trauerode« auffassen, die damals gemeißelt wurde wie in Stein. Wir gestatten jetzt nur noch eine hingeworfene Skizze, einen lyrischen Ausruf als Ausdruck des Gefühls. Aber beides kann nebeneinander bestehen, jedes ist eine berechtigte Art, und es ist einfach falsch, zu sagen, die alten Poeten von damals, weil sie weder in Desperation noch in Melancholie dichteten, hätten überhaupt nichts empfunden. Man lese die Dinge ohne Vorurteil, und man wird an der Wirkung auf das eigene Herz wahrnehmen, daß ein Herz in diesen zopfigen Strophen schlägt.
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Canitz und seine erste Gemahlin, Doris von Arnim, deren Grabmäler ich in der obengenannten Marienkirche zu Berlin lange vergeblich suchte, sind nichtsdestoweniger in derselben wirklich beigesetzt worden, aber in dem Röbelschen Erbbegräbnis, dessen ich in dem Kapitel » Buch « bereits eingehender erwähnt habe. Da dies Erbbegräbnis, in dem, laut Stadtrat Kleins »Geschichte der Marienkirche«, die Toten dreier Familien: der Röbel, Canstein und Canitz, beigesetzt wurden, seit etwa vierzig Jahren zugemauert ist so ist es nicht mehr möglich, die Särge um ihre Inschriften zu befragen. Möglich, daß dieselben, zum Beispiel über den Geburtsort Canitz', einen bestimmten Aufschluß geben würden. [Image: Zurück]
Ich hätte hier statt des von Plothoschen auch ein anderes Beispiel zitieren können, ein Beispiel aus der Canitzschen Zeit und noch dazu ein Vorkommnis, in dem der Spezialfreund unseres Poeten, der schon an anderer Stelle genannte Johann von Besser, die Hauptrolle spielt. Besser war 1686 kurbrandenburgischer Gesandter in London, und es handelte sich, nach erfolgtem Tode Karls II., für das ganze diplomatische Corps darum, dem nunmehrigen Könige Jakob II. die Glückwünsche ihrer resp. Höfe, zu überreichen. Der alte venezianische Gesandte Vignola verlangte den Vortritt vor Besser; Besser aber verweigerte dies. Man einigte sich endlich dahin, daß der den Vortritt haben solle, der zuerst auf dem Platz erscheinen würde. Der alte Italiener kam früh, aber Besser kam früher; er hatte sich nämlich die Nacht über in eins der königlichen Vorzimmer einschließen lassen und stand nun bereits da, als Vignola eintrat. Dieser war unklug genug, nach wie vor auf dem Vortritt zu bestehen. Besser warnte ihn. Als der Zeremonienmeister die Tür öffnete, sprang Vignola vor, Besser aber, der von großer Körperkraft war, packte im selben Augenblicke den alten Schelm hinten am Hosenbund und schnellte ihn mit geübter Ringerkunst mehrere Schritte hinter sich. Ohne eine Miene zu verziehen, trat er darauf, völlig fest und gesammelt, an die Stufen des Thrones und hielt eine Ansprache. Alles war entzückt, der König nichts weniger als beleidigt, und der spanische Gesandte sagte ruhig zum alten Vignola: »Caro vecchio, avete fatto una grande cacata.« Der Vorfall machte in ganz Europa Sensation und wurde wie ein neuer Sieg Brandenburgs gefeiert, nicht viel geringer, als sei eine zweite Schlacht von Fehrbellin geschlagen und gewonnen worden. [Image: Zurück]
Der Titel des Gedichtes lautet: » Elegie ; letzte Pflicht der Freundschaft, dem sel. Grafen von Dohna auf derjenigen Stelle abgestattet, wo derselbe, wenig Wochen zuvor, den tödlichen Schuß empfangen hatte«. (Es geschah dies bei dem berühmten Sturm auf Ofen 1686; die Brandenburger, von den Türken die »Feuermänner« geheißen, wurden von General von Schöning geführt.)
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