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Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland

Titel: Wanderungen Durch Die Mark Brandenburg: Band 3, Havelland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Kommando »halb rechts« in das Unterholz der Butenheide ein. Es schien undurchdringliches Gestrüpp, bald aber lichtete sich's wieder, und in eine breite, durch den Forst gehauene Avenue tretend, hatten wir die Königseiche auf etwa 300 Schritte vor uns. Wir ließen sie zunächst als ein Ganzes auf uns wirken. Sie steht da wie ein Riesenskelett mit gen Himmel gehobenen Händen. Die Avenue hat ganz den Charakter eines feierlichen Aufgangs, einer Trauerallee, die zu einem Denkmal oder Mausoleum führt. Erst ein Weißbuchen-, dann, immer schmaler werdend, ein Weißdornspalier, bis die Avenue in einen tannenumstellten Kreis mündet, aus dessen Mitte die »Königseiche« aufsteigt.
    Sie führt ihren Namen mit Recht. Es ist ein majestätischer Baum, acht Fuß Durchmesser, achtzig bis hundert Fuß hoch; man braucht zwanzig Schritt, ihn zu umschreiten. Sein Holzinhalt wird auf fünfundzwanzig Klafter und sein Alter auf tausend Jahre berechnet. Bis vor kurzem lebte er noch; seit etwa drei Jahren indes ist er völlig tot, nirgends ein grünes Blatt, die Rinde halb abgefallen. Aber noch im Tode ist er gesund. Alles Kernholz. Die Forstleute sagen: er steht noch hundert Jahr. Dem wird jeder zustimmen, der die »Königseiche« sieht. Auf einen Laien macht sie den Eindruck, als halte sie nur einen langen Winterschlaf, als brauche sie dazu mehr Zeit als junge Bäume und müsse deshalb ein paar Sommer überschlagen, aber als sei ihr Erwachen unter allen Umständen gewiß und als würd es binnen kurzem im ganzen Brieselang heißen: sie lebt wieder.
    Eine Welt von Getier bewohnt die alte Eiche. Der Bockkäfer in wahren Riesenexemplaren hat sich zu Hunderten darin eingenistet; am ersten großen Ast schwärmen Waldbienen um ihren Stock, und im kahlen Geäst, höher hinauf, haben zahllose Spechte ihre Nestlöcher.
    In den Tagen sich regenden deutschen Geistes, in den Tagen Jahns und der Turnerei, wurde die Eiche Wanderziel und Symbol. Dies war ihre historische Zeit. Damals vereinigte man sich hier, gelobte sich Treue und Ausharren und befestigte in Mittelhöhe des Stammes die Inschrifttafel, die bis diese Stunde dem Baum erhalten worden ist. Die Inschrift selbst aber, die um des Kaisergedankens willen, den sie ausspricht, in diesem Augenblicke wieder ein besonderes Interesse gewährt, ist die folgende:
    Sinnbild alter deutscher Treue,
Das des Reiches Glanz gesehn,
Eiche , hehre, stolze, freie,
Sieh, dein Volk wird auferstehn.
Brüder, alle, die da wallen,
Her zu diesem heil'gen Baum,
Laßt ein deutsches Lied erschallen
Auf dem altgeweihten Raum:
Wie in Sturmeswehn die Eiche,
Stehet fest bei Treu und Recht,
Einend schirme alle Zweige
Einer Krone Laubgeflecht. 1)
    Außer diesen Turnerfahrten scheint die Eiche, vorher und nachher, nicht allzuviel gesehen und erlebt zu haben. Sie lebte wie so mancher Alte, still und abgeschieden. Ein beständiges Gleichmaß in beständigem Wechsel. Auf Sommerdürre folgten die Stürme, dann fiel Schnee, dann war alles Sumpf und Bruch, dann wieder Sommerdürre – so kamen die Jahre, so gingen sie. Nichts geschah. Es gibt Holunderbäume in Pfarrgärten, die in fünfzig Jahren mehr gesehen haben als die große Eiche in fünfhundert. Nur die letzten Jahrzehnte schufen einen Wandel: Landpartien und Berliner kamen.
    Es handelte sich jetzt für uns darum, ihr ein besonderes Zeichen unserer Huldigung zu geben. Ein dreimaliges Hurra erschien uns für unsere zivilen Verhältnisse teils zu prätentiös, teils unausreichend. Aus dieser Verlegenheit indes sollten wir alsbald gerissen werden – unser Reisegefährte hatte alles bereits sinnig erwogen. Er nahm seine umsponnene Flasche, füllte ein Glas mit rotgoldenem Kap-Constantia-Wein, trat vor und sprach: »Eiche, tausendjährige, sei uns gegrüßt! Hier hat der Wende gelagert und der Berliner, und allerlei Wein, fränkischer und deutscher, nicht minder die ›gebrannten Wässer‹ beider Indien, Jamaikas und Goas sind dir zu Ehren an dieser Stelle verschüttet worden. Aber ob Südafrika, ob Mohrenland von jenseit der Linie dir je gehuldigt, das ist mindestens fraglich. Empfange denn die Gabe aus Gegenden, in denen nur Freiligrath und der Kaffer ›einsam schweift durch die Karroo‹, empfange diesen Tropfen Kap Constantia – die Hänge des Tafelberges grüßen dich und den Brieselang!« Damit goß er den Kapwein ihr zu Füßen. Wir schwenkten die Hüte, stimmten Lieder an von Arndt und Körner und machten uns auf den Rückweg.
    Im Fluge. Denn immer bedrohlicher zog

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