Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Nein.
Der Vorbeimarsch wurde nunmehr befohlen. Mit ge-
spanntester Neugier, aber freilich auch mit desto
geringerer Haltung und Richtung kamen wir vorüber.
Ich selbst kehrte mich, als wir in Nähe der beiden
stattlichen Reiter waren, die einige Schritte vor der
langen Reihe der zuschauenden russischen und
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preußischen Offiziere hielten, kurz nach meinem Zu-
ge um und rief den Jägern zu: ›Das ist er.‹ Und dann
hörte ich, wie sie einander zuflüsterten: ›Das ist er,
er, der den Degen gezogen hat. In eigener Person
hat er uns dem Kaiser vorgeführt.‹ Auf dem Rück-
marsch nach dem Lager aber erscholl es überall:
‹Das war er, er hat das Schwert selbst gezogen! Er
führt uns selbst; wie sollten wir da nicht siegen!‹«
Das 12. Reserve-
Infanterieregiment
1813
Am 11. August Parade. Am 14. setzte sich die ganze
schlesische Armee in Bewegung und rückte aus ih-
rem Lager bei Strehlen gegen den Bober vor. Nach
Ablauf einer Woche begannen für unser Regiment die
Gefechte: am 21. August bei Seifersdorf, am 23. bei
Goldberg, am 26. Schlacht an der Katzbach. Bei die-
sem ersten größeren Engagement verweilen wir in
der Kürze.
Die Schlacht an der Katzbach
Es kann uns nicht obliegen, eine Schilderung dieser
Schlacht überhaupt zu geben, nur das Nötigste finde
hier Erwähnung, wobei uns eine Lokalkenntnis zus-
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tatten kommt, die wir uns neuerdings (1872) ver-
schaffen konnten.
Das Terrain, auf dem die Schlacht geschlagen wurde,
liegt südlich von Liegnitz. Es ist ein nach Süden hin steil abfallendes Plateau, das an ebendieser Stelle
von der Wütenden Neiße, nach Westen hin aber von
der Katzbach begrenzt und umfaßt wird. An der
Südwestecke, wo die von Ost nach West fließende
Wütende Neiße in die von Süd nach Nord fließende
Katzbach einmündet, biegt letztre kurz vor dem Ein-
mündungspunkte jener (der Neiße) auf 2000 Schritt
östlich aus und schafft dadurch auf der entsprechenden Strecke einen Wasser-Doppellauf . Katzbach und Neiße, sonst in rechtwinkliger Stellung zueinander,
laufen hier auf eine kurze Strecke hin parallel und haben nichts als einen schmalen Wiesen- und Wei-degrund zwischen sich. Dieser Umstand wurde für
die Franzosen besonders verderblich; General Sa-
cken warf das Neysche Corps in die Katzbach, Gene-
ral Yorck das Macdonaldsche Corps in die Neiße, und
zwar speziell da, wo beide Flüsse nebeneinander lau-
fen, weshalb denn auch das Macdonaldsche Corps
die größeren Verluste hatte. Im ganzen kann man
das Terrain, auf dem die Schlacht unsererseits ange-
nommen wurde, nur mit tiefem Mißtrauen betrachten
und muß das Kopfschütteln Yorcks noch nachträglich
gerechtfertigt finden. Nur wenn wir guten Grund hat-
ten, uns überlegen zu fühlen, hatten wir auch guten
Grund, dem Gegner auf so diffizilem Terrain eine
Schlacht zu bieten. Aber an solchen »gutem Grunde«
gebrach es durchaus. Man stand drei Corps gegen
drei, und bei gleicher Zahl hatten die Franzosen da-352
mals die Chancen für sich. In der Tat schwankte die
Schlacht mehr als einmal, und bei besserer Führung
des Feinds hätte uns sehr wohl das Los zufallen kön-
nen, den Plateauabhang hinunter und in die Katz-
bach und Neiße hineingeworfen zu werden. »Alles
Glück, nichts als Glück«, raisonnierte der alte Yorck.
Und er hatte recht.
Die Schlacht verlief wie folgt. Sacken hatte den rech-
ten, Langeron den linken Flügel; Yorck schob sich
zwischen beide. Langeron, in der Tiefe haltend, führ-
te beinah ein selbständiges, übrigens keineswegs
allzu glückliches Gefecht. Die Entscheidung erfolgte
auf dem Plateau, auf dem Yorck und Sacken stan-
den, Yorck links, Sacken rechts, mit Front gegen
Westen. In ebendieser Front floß die Katzbach, in der
linken Flanke die Neiße.
Die Aufstellung des Yorckschen Corps war die, daß
die Brigaden Hünerbein und Horn das erste Treffen
bildeten, Brigade Herzog Karl von Mecklenburg das
zweite, Brigade Steinmetz in Reserve.
Brigade Hünerbein hatte den linken Flügel und lehnte
mithin an den Abhang, zu dessen Füßen die Neiße
fließt. An der Tête der Brigade standen die Bataillone
Laurens, Zepelin und Othegraven, jene von unsrem,
dieses vom brandenburgischen (jetzigem 12.) Infan-
terieregiment.
An dieser Stelle begann der Kampf. Drei feindliche
Bataillone mit vier Geschützen in der Front anvan-
cierten. Das coupierte Terrain führte zu einer mo-
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mentanen Teilung, und eins der Bataillone
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