Wanderungen durch die Mark Brandenburg
namentlich im
Kreise der Offiziersfrauen, für die man in jenen Un-
glücksjahren weder Pensionen noch Unterstützungen
hatte. Denn nicht einer jeden ward eine so wunder-
bare Hilfe zuteil wie der Frau von der Recke, von der
uns Heydemann erzählt. Der Gatte dieser, der sein
Ehrenwort zu geben verweigert hatte, war gefangen
auf eine der atlantischen Inseln abgeführt worden,
und Frau von der Recke glaubte, daß er gefallen sei.
Nur sein Handkoffer kam wie durch Zufall in ihre
Hände; sie wagte jedoch nicht, ihn zu öffnen, weil sie
nur Schmerz und Aufregung davon befürchtete. Ganz
zuletzt erst, in immer wachsender Not, entschloß sie
sich dazu, mutmaßlich, um den Inhalt des Koffers zu
Gelde zu machen. Aber welch Erstaunen, als sie,
sorglich zwischen die Wäsche gepackt fünfzig
Friedrichsdor entdeckte, die Herr von der Recke von
seinem Ersparten da hineingelegt hatte. Das half
über die Not vieler Monate hinweg, und endlich traf
auch ein Brief ein, der Auskunft über das Schicksal
des schon tot Geglaubten gab.
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Anno 9 erst kehrten die Gefangenen in ihre heimi-
sche Grafschaft zurück. Alle, die noch fähig waren,
Waffen zu tragen, traten wieder ein; aber es geschah
in neugebildete Regimenter. Das Regiment Prinz
Ferdinand war hinüber, und endlich schien selbst die
Erinnerung daran erloschen.
Da noch einmal wurde diese wieder wach.
Es war im Mai 66, die Glocken gingen, und alle die,
die's noch nicht wußten, erfuhren auf ihre Frage, daß
die alte Frau von Hagen heute begraben werde. Sie
war dreiundachtzig. Am 31. August 1806 war der
Hauptmann von Hagen (erst seit wenig Wochen
vermählt) mit dem Regimente Prinz Ferdinand aus-
gezogen und hatte, von seinem ersten Marschquar-
tier Fehrbellin aus, eine noch verspätet im Superin-
tendentengarten blühende Rose als letzten Liebes-
gruß an seine Gattin geschickt. Seitdem kein Wort,
kein Zeichen mehr, denn Hauptmann von Hagen war
mit unter denen, die den Tag von Auerstedt nicht
überlebten und am Abend, still für immer, am Dorf-
rande von Hassenhausen lagen.
Die Rose, sein einzig Vermächtnis, hatte ein treues
Herz durchs Leben hin begleitet; jetzt war auch dieses still, und über beiden wölbte sich das Grab.
Das war die letzte Erinnerung an das Regiment Prinz
Ferdinand.
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Regiment Mecklenburg-Schwerin
Nr. 24
Sei ruhig, bin in Gottes Hut,
Er liebt ein treu Soldatenblut.
Das jetzige Ruppiner Regiment Nr. 24, das während
der Befreiungskriege den Namen: »12. Reserve-
Infanterieregiment« führte (erst im Mai 1815 erhielt
es die Nummer 24), wurde während der Waffenstill-
standswochen von 1813 aus drei Reservebataillonen
errichtet, und zwar aus dem
4. Reservebataillon des Leib-Infanterieregiments,
Major von Herrmann,
4. Reservebataillon des 2. westpreußischen Infante-
rieregiments, Major von Laurens,
7. Reservebataillon, Major von Zepelin.
In dieser Reihenfolge bildeten sie das 1., 2. und 3.
Bataillon des neuerrichteten Regiments, zu dessen
Kommandeur der Major von der Goltz ernannt wur-
de. Das Regiment kam zum Yorckschen Corps, und
zwar zur 8. Brigade Hünerbein, die sich aus dem
brandenburgischen Infanterieregimente (jetzt Gre-
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nadierregiment Nr. 12), aus dem 14. schlesischen
Landwehrregiment und unserem 12. Reserve-
Infanterieregiment zusammensetzte.
Am 3. August, Königs Geburtstag, wurden alle drei
Bataillone zum erstenmal vereinigt, und am
11. August fand am Zobtenberg eine große Parade
vor König Friedrich Wilhelm III. und dem Kaiser von
Rußland statt. Der spätere Oberstlieutenant von Gör-
schen, der als eben ernannter junger Offizier mit in
der Parade stand, gibt davon folgende Schilderung:
»Voll höchster Erwartung marschierten wir am Mor-
gen des 11. nach dem Paradeplatze, wo wir das Ant-
litz unseres teuren Königs sehen und sein ermuti-
gendes ›Guten Morgen‹ hören sollten. Die Truppen
wurden aufgestellt, die Kavallerie im ersten, die In-
fanterie im zweiten Treffen; unsere 8. Brigade am
linken Flügel. Jetzt sah man links einen Wald von
Federbüschen, und Offiziere, Unteroffiziere, Jäger
und Soldaten, alles reckte sich auf den Zehen aus
den Kolonnen empor. Der Wald nahte, das Komman-
do zum Präsentieren wurde gegeben, und aus voller
Brust stimmte jeder in das Hurra ein. Noch immer
folgten Federbüsche. ›Hast du ihn gesehen?‹ riefen
die Nebenleute einander zu, und andere antworteten
über die Glieder und Züge hinweg mit Ja oder
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