Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Höhe hat. Es beginnt über
der Holzeinfassung des Chorstuhls, reicht bis fast an
die Decke hinauf und besteht aus vier klar geglieder-
ten Teilen. Oben das Bredowsche Wappen, zu beiden
Seiten von allegorischen Figuren eingefaßt; darunter
zwei Basreliefs, von denen das eine, nach links hin,
die Auswerfung des Jonas aus dem Walfischbauche,
das andere, nach rechts hin, die Auferstehung Christi
darstellt; darunter in Lebensgröße die Figuren Achim
von Bredows und seiner Gemahlin, einer gebornen
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Anna von Arnim; und endlich viertens unter diesen
beiden Bildnissen folgende Inschrift:
O frommer Christ, urteile mild,
Der du anschauest dieses Bild.
Fragst du, wer ich sei im Grab?
Gewesen bin ich und itzt ab;
Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn' Zahl,
Die mir begegnet überall,
Ich ritterlich obwunden hab
Und ruhe nun in meinem Grab.
Auch mit Geduld der Welt Bosheit
Hab ich ertragen allezeit
Nach Gottes Willen, welcher ist
Der allerbest zu jeder Frist –
Gelobet seist du, Jesu Christ.
Welch einfach schöne Worte. Die ganze Kernigkeit
jener großen Zeit tritt einem daraus entgegen.
Wie klein und marklos daneben die französischen
Verse, die, seitens eines der Hofpoeten des Prinzen
Heinrich, zu Ehren eines Fräulein Elseners (einer
Tochter des damaligen Rheinsberger Geistlichen)
gedichtet und mit dünnen Buchstaben an den Fuß
eines Aschenkrugs geschrieben wurden.
La vertu, la douceur, les charmes,
La firent aimer ici bas;
Aussi voit-on que son trépas
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A chacun fait verser des larmes.
Wir liebten sie, weil sie lieblich vereint
Tugend, Sanftmut und Zauber der Wangen;
Jetzt nun, wo sie hinübergegangen,
Folgt ihr die Klage, und jeder weint.
Wir werden noch an andrer Stelle Versen der Art
begegnen. Inmitten des Parks, der reich daran ist,
erfreuen sie; hier aber, unter deutschen Liedern und
Kernsprüchen, stören sie bloß und würden auch dann
noch stören, wenn sie bedeutender wären, als sie
sind. Es zeigt sich deutlich, daß die Kirche der ge-miedene Schauplatz der Voltairianer war, ein un-
heimlicher, gotisch gewölbter Keller, für den es sich
nicht verlohnte, wenn eine Elsener oder ein Pitschner
starb, eine besonders poetische Kraftanstrengung zu
machen.
Die Rheinsberger Kirche weist noch eine Reihe klei-
ner Sehenswürdigkeiten auf, die hier wenigstens in
Kürze namhaft gemacht werden sollen. Unter diesen
ist ein Kristallglas-Kronleuchter, den die Rheinsber-
ger Jungfrauen hier aufhingen und zum ersten Male
mit Lichtern schmückten, als im Sommer 1763, in
Gegenwart des Prinzen Heinrich, das Friedensfest
gefeiert wurde. Da begegnen wir weiterhin einem
alten, aus gebranntem Tone gefertigten und mit
Wappen und Malereien reich verzierten Taufsteine,
den drei Geschwister Sparr (Franz, Anna und Sabina)
der Kirche schenkten, und da fesselt uns drittens
eine der Renaissancezeit angehörige Kanzel, die
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»Jobst von Bredows getreue Witwe«, mit allerhand
Wappen der Bredows, Hahns und Schulenburgs aus-
gestattet, der Rheinsberger Kirche stiftete. Gegen-
über dieser Kanzel, an der schweren alten Eichentür,
die, von dem eingangs beschriebenen Vorbau her, in
die Mitte der Kirche führt, stand am Pfingstsonnta-
ge 1737 König Friedrich Wilhelm I., eben erst von
Berlin her in Rheinsberg eingetroffen. Als ein from-
mer Christ, der nicht leicht einer Predigt vorüber-
ging, war er, eh er den kronprinzlichen Sohn im
Schloß drüben überraschte, zuvor noch in die Kirche
getreten. Und das war gut. Aber freilich, ein so
frommer Herr er war, ein so strenger Herr war er
auch, und der alte Geistliche Johann Rossow, der das
Glück oder Unglück hatte, den König schon von frü-
her her zu kennen, erschrak beim Anblick Seiner
Majestät dermaßen, daß er nur noch fähig war, mit
zitternder Stimme den Segen zu sprechen. Worauf
der König mit dem Stock nach der Kanzel hinauf
drohte, eine Form der Aufmunterung, die begreifli-
cherweise völlig ihres Zwecks verfehlte. Johann Ros-
sow starb bald nachher infolge des Schrecks. Im üb-
rigen aber muß Rheinsberg und ganz besonders sein
Pfarrhaus immer eine gesunde Luft gehabt haben.
Von 1695 bis 1848, also in mehr als 150 Jahren, fin-
den wir daselbst nur vier Prediger.
Noch eines Kindergrabmals sei gedacht. Es stammt
ebenfalls aus der alt-Bredowschen Zeit her und steht
rechtwinklig auf das umfangreiche Monument des
Achim von Bredowschen Ehepaars, das ich oben be-
schrieben. Ich würde dieses
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