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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Höhe hat. Es beginnt über
    der Holzeinfassung des Chorstuhls, reicht bis fast an
    die Decke hinauf und besteht aus vier klar geglieder-
    ten Teilen. Oben das Bredowsche Wappen, zu beiden
    Seiten von allegorischen Figuren eingefaßt; darunter
    zwei Basreliefs, von denen das eine, nach links hin,
    die Auswerfung des Jonas aus dem Walfischbauche,
    das andere, nach rechts hin, die Auferstehung Christi
    darstellt; darunter in Lebensgröße die Figuren Achim
    von Bredows und seiner Gemahlin, einer gebornen

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    Anna von Arnim; und endlich viertens unter diesen
    beiden Bildnissen folgende Inschrift:
    O frommer Christ, urteile mild,
    Der du anschauest dieses Bild.
    Fragst du, wer ich sei im Grab?
    Gewesen bin ich und itzt ab;
    Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn' Zahl,
    Die mir begegnet überall,
    Ich ritterlich obwunden hab
    Und ruhe nun in meinem Grab.
    Auch mit Geduld der Welt Bosheit
    Hab ich ertragen allezeit
    Nach Gottes Willen, welcher ist
    Der allerbest zu jeder Frist –
    Gelobet seist du, Jesu Christ.
    Welch einfach schöne Worte. Die ganze Kernigkeit
    jener großen Zeit tritt einem daraus entgegen.
    Wie klein und marklos daneben die französischen
    Verse, die, seitens eines der Hofpoeten des Prinzen
    Heinrich, zu Ehren eines Fräulein Elseners (einer
    Tochter des damaligen Rheinsberger Geistlichen)
    gedichtet und mit dünnen Buchstaben an den Fuß
    eines Aschenkrugs geschrieben wurden.
    La vertu, la douceur, les charmes,
    La firent aimer ici bas;
    Aussi voit-on que son trépas

    413
    A chacun fait verser des larmes.
    Wir liebten sie, weil sie lieblich vereint
    Tugend, Sanftmut und Zauber der Wangen;
    Jetzt nun, wo sie hinübergegangen,
    Folgt ihr die Klage, und jeder weint.
    Wir werden noch an andrer Stelle Versen der Art
    begegnen. Inmitten des Parks, der reich daran ist,
    erfreuen sie; hier aber, unter deutschen Liedern und
    Kernsprüchen, stören sie bloß und würden auch dann
    noch stören, wenn sie bedeutender wären, als sie
    sind. Es zeigt sich deutlich, daß die Kirche der ge-miedene Schauplatz der Voltairianer war, ein un-
    heimlicher, gotisch gewölbter Keller, für den es sich
    nicht verlohnte, wenn eine Elsener oder ein Pitschner
    starb, eine besonders poetische Kraftanstrengung zu
    machen.
    Die Rheinsberger Kirche weist noch eine Reihe klei-
    ner Sehenswürdigkeiten auf, die hier wenigstens in
    Kürze namhaft gemacht werden sollen. Unter diesen
    ist ein Kristallglas-Kronleuchter, den die Rheinsber-
    ger Jungfrauen hier aufhingen und zum ersten Male
    mit Lichtern schmückten, als im Sommer 1763, in
    Gegenwart des Prinzen Heinrich, das Friedensfest
    gefeiert wurde. Da begegnen wir weiterhin einem
    alten, aus gebranntem Tone gefertigten und mit
    Wappen und Malereien reich verzierten Taufsteine,
    den drei Geschwister Sparr (Franz, Anna und Sabina)
    der Kirche schenkten, und da fesselt uns drittens
    eine der Renaissancezeit angehörige Kanzel, die

    414
    »Jobst von Bredows getreue Witwe«, mit allerhand
    Wappen der Bredows, Hahns und Schulenburgs aus-
    gestattet, der Rheinsberger Kirche stiftete. Gegen-
    über dieser Kanzel, an der schweren alten Eichentür,
    die, von dem eingangs beschriebenen Vorbau her, in
    die Mitte der Kirche führt, stand am Pfingstsonnta-
    ge 1737 König Friedrich Wilhelm I., eben erst von
    Berlin her in Rheinsberg eingetroffen. Als ein from-
    mer Christ, der nicht leicht einer Predigt vorüber-
    ging, war er, eh er den kronprinzlichen Sohn im
    Schloß drüben überraschte, zuvor noch in die Kirche
    getreten. Und das war gut. Aber freilich, ein so
    frommer Herr er war, ein so strenger Herr war er
    auch, und der alte Geistliche Johann Rossow, der das
    Glück oder Unglück hatte, den König schon von frü-
    her her zu kennen, erschrak beim Anblick Seiner
    Majestät dermaßen, daß er nur noch fähig war, mit
    zitternder Stimme den Segen zu sprechen. Worauf
    der König mit dem Stock nach der Kanzel hinauf
    drohte, eine Form der Aufmunterung, die begreifli-
    cherweise völlig ihres Zwecks verfehlte. Johann Ros-
    sow starb bald nachher infolge des Schrecks. Im üb-
    rigen aber muß Rheinsberg und ganz besonders sein
    Pfarrhaus immer eine gesunde Luft gehabt haben.
    Von 1695 bis 1848, also in mehr als 150 Jahren, fin-
    den wir daselbst nur vier Prediger.
    Noch eines Kindergrabmals sei gedacht. Es stammt
    ebenfalls aus der alt-Bredowschen Zeit her und steht
    rechtwinklig auf das umfangreiche Monument des
    Achim von Bredowschen Ehepaars, das ich oben be-
    schrieben. Ich würde dieses

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