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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Reserven
    waren zur Hand. So, den letzten Schuß im Lauf, wich
    endlich drei Uhr nachmittags das zusammenge-
    schmolzene Regiment auf Dorf Tronville zu zurück.
    Ganze Compagnien waren führerlos. Wir hatten
    54 Offiziere und 1200 Mann verloren.1)
    Le Mans . Nicht so blutig verlief Le Mans. Aber die Strapazen, die dem endlichen Siege voraufgingen,

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    zählen zu den größten, die dieser Krieg unsern Trup-
    pen auferlegte. »Wie der ganze Tag«, so heißt es in
    einem uns vorliegenden Briefe, »so wird uns auch
    der Abend des 10. Januar unvergeßlich bleiben. Es
    trat nämlich ein Schneefall ein, wie wir ihn in Frank-
    reich noch nicht erlebt hatten. Die Flocken fielen so
    groß und dicht, daß wir in wenigen Minuten Schnee-
    männern ähnlich waren. Und so saßen wir denn an
    demselben Wege, wo die erstarrenden Leichen vieler
    gefallenen Feinde den tapferen Widerstand derselben
    kundtaten, um mehrere Feuer geschart und gedach-
    ten mit dankerfülltem Herzen unserer Lieben da-
    heim, ein Gedanke, der in solcher Lage für den Sol-
    daten der süßeste, der liebste ist. Um ungefähr elf
    Uhr nachts brachte uns ein Marsch von einer guten
    halben Stunde hungrig, müde und am ganzen Körper
    fröstelnd in unsere Quartiere, die wir auf einigen er-
    bärmlichen Fermen, auf Böden oder in den Ställen
    bezogen, um am Morgen weiter gegen Le Mans vor-
    zugehen.«
    Dem Kriege folgten die »Tage der Okkupation«. Un-
    ser Regiment gehörte jener aus vier Divisionen kom-
    binierten Armee zu, die, bis zu völliger Zahlung der
    Kriegsschuld, in Frankreich zu verbleiben hatte. Spe-
    ziell die Standquartiere der Vierundzwanziger waren
    Reims, Vitry-le-François, Étain, Verdun, von welch
    letzterem Ort aus sie, nach Abmarsch aller andern
    Truppenteile, mit den Vierundsechzigern als letzte
    Staffel folgten.
    Am 19. September 1873 zogen sie unter einem Ju-
    bel, den selbst ein wolkenbruchartig herniederstür-

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    zender Regen nicht hindern konnte, in ihre alte Gar-
    nisonstadt Ruppin wieder ein.

    1. Ausführlicheres über die Vierundzwanziger bei
    Vionville und Le Mans gibt 1. das General-
    stabswerk, 2. von der Goltz, »Kämpfe der
    2. Armee vor Le Mans«, und 3. Woermann
    und Becher, »Fortsetzung der Geschichte des
    Infanterieregiments Nr. 24«.

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    Rheinsberg
    Rheinsberg
    1. Die Kahlenberge. Französische
    Kolonistendörfer.
    Einfahrt in Rheinsberg. Der Rats-
    keller.
    Unter den Linden. Das Möskefest
    Rheinsberg von Berlin aus zu erreichen ist nicht
    leicht. Die Eisenbahn zieht sich auf sechs Meilen Ent-
    fernung daran vorüber, und nur eine geschickt zu
    benutzende Verbindung von Hauderer und Fahrpost
    führt schließlich an das ersehnte Ziel. Dies mag es
    erklären, warum ein Punkt ziemlich unbesucht bleibt,
    dessen Naturschönheiten nicht verächtlich und des-
    sen historische Erinnerungen ersten Ranges sind.
    Wir haben es besser, kommen von dem nur drei Mei-
    len entfernten Ruppin und lassen uns durch die
    Sandwüste nicht beirren, die, zunächst wenigstens,
    hügelig und dünenartig vor uns liegt. Fragt man nach
    dem Namen dieser Hügelzüge, so vernimmt man
    immer wieder »die Kahlenberge«. Nur dann und
    wann wird ein Dorf sichtbar, dessen ärmliche Stroh-
    dächer von einem spitzen Schindelturm überragt
    werden. Mitunter fehlt auch dieser. Einzelne dieser
    Ortschaften (zum Beispiel Braunsberg) sind von
    französischen Kolonisten bewohnt, die berufen wa-405
    ren, ihre Loire-Heimat an dieser Stelle zu vergessen.
    Harte Aufgabe. Als wir ebengenanntes Braunsberg
    passierten, lugten wir aus dem Wagen heraus, um
    »französische Köpfe zu studieren«, auf die wir ge-
    rechnet. »Wie heißt der Schulze hier?« fragten wir in
    halber Verlegenheit, weil wir nicht recht wußten, in
    welcher Sprache wir sprechen sollten. »Borchardt.«
    Und nun waren wir beruhigt. Auch die Südlichen-
    Race-Gesichter sahen nicht anders aus als die
    deutsch-wendische Mischung, die sonst hier heimisch
    ist. Übrigens kommen in diesen Dörfern wirklich noch
    französische Namen vor, und »unser Niquet« zum
    Beispiel ist ein Braunsberger.
    Die Wege, die man passiert, sind im großen und
    ganzen so gut, wie Sandwege sein können. Nur an
    manchen Stellen, wo die Feldsteine wie eine Aussaat
    über den Weg gestreut liegen, schüttelt man be-
    denklich den Kopf in Erinnerung an eine bekannte
    Cahinetsordre, darin Friedrich der Große mit Rück-
    sicht auf diesen Weg und im Ärger über 195 Taler,
    22 Groschen, 8 Pfennig zu zahlende

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