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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Reparaturkosten
    ablehnend schrieb: »Die Reparation war nicht nöthig.
    Ich kenne den Weg , und muß mir die Kriegs-Camer vohr ein großes Beest halten, um mir mit solches
    ungereimtes Zeug bei der Nahse kriegen zu wollen.«
    Der König hatte aber doch unrecht, »trotzdem er den
    Weg kannte«. Erst auf dem letzten Drittel wird es
    besser; im Trabe nähern wir uns einem hinter rei-
    chem Laubholz versteckten, immer noch rätselhaften
    Etwas und fahren endlich, zwischen Parkanlagen
    links und einer Sägemühle rechts, in die Stadt
    Rheinsberg hinein.

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    Hier halten wir vor einem reizend gelegenen Gastho-
    fe, der noch dazu den Namen der »Ratskeller« führt,
    und da die Turmuhr eben erst zwölf schlägt und un-
    ser guter Appetit entschieden der Ansicht ist, daß
    das Rheinsberger Schloß all seines Zaubers unerach-
    tet doch am Ende kein Zauberschloß sein werde, das
    jeden Augenblick verschwinden könne, so beschlie-
    ßen wir, vor unserem Besuch ein solennes Frühstück einzunehmen und gewissenhaft zu proben, ob der
    Ratskeller seinem Namen Ehre mache oder nicht. Er
    tut es. Zwar ist er überhaupt kein Keller, sondern ein
    Fachwerkhaus, aber ebendeshalb, weil er sich jedem
    Vergleiche mit seinen Namensvettern in Lübeck und
    Bremen geschickt entzieht, zwingt er den Besucher,
    alte Reminiszenzen beiseite zu lassen und den
    »Rheinsberger Ratskeller« zu nehmen, wie er ist. Er
    bildet seine eigene Art, und eine Art, die nicht zu
    verachten ist. Wer nämlich um die Sommerszeit hier
    vorfährt, pflegt nicht unterm Dach des Hauses, son-
    dern unter dem Dache prächtiger Kastanien abzu-
    steigen, die den vor dem Hause gelegenen Platz, den
    sogenannten »Triangelplatz«, umstehen. Hier macht
    man sich's bequem und hat einen Kuppelbau zu
    Häupten, der alsbald die Gewölbe des besten Kellers
    vergessen macht. Wenigstens nach eigener Erfah-
    rung zu schließen. Ein Tisch ward uns gedeckt, zwei
    Rheinsberger, an deren Kenntnis und Wohlgeneigt-
    heit wir empfohlen waren, gesellten sich zu uns, und
    während die Vögel immer muntrer musizierten und
    wir immer lauter und heitrer auf das Wohl der Stadt
    Rheinsberg anstießen, machte sich die Unterhaltung.

    407
    »Ja«, begann der eine, den wir den Morosen nennen
    wollen, »es tut not, daß man auf das Wohl Rheins-
    bergs anstößt. Aber es wird freilich nicht viel helfen, ebensowenig, wie irgend etwas geholfen hat, was
    bisher mit uns vorgenommen wurde. Wir liegen au-
    ßerhalb des großen Verkehrs, und der kleine Verkehr
    kann nichts bessern, denn was unmittelbar um uns
    her existiert, ist womöglich noch ärmer als wir
    selbst. Durch ein unglaubliches Versehen leben hier
    zwei Maler und ein Kupferstecher. Der Boden ist
    Sandland, Torflager gibt es nicht, und die Fischzucht
    kann nicht blühen an einem Ort, dessen sämtliche
    Seen für vier Taler preußisch verpachtet sind.«
    Wer weiß, wo diese Bekümmernisse schließlich ge-
    landet wären, wenn nicht eine große Festfahne, die
    von einigen Kindern an uns vorübergetragen wurde,
    den Klagestrom unterbrochen, uns selbst aber zu der
    Frage veranlaßt hätte: »Was ist das?« – »Das ist die
    Fahne vom Möskefest , die man hat reparieren lassen«, erwiderte der andere, dessen gute Laune das
    Gegenstück zu der Morosität seines Nachbarn bilde-
    te. »Der sie trägt, ist Fähnrich Wilhelm Huth, und der
    ihm zur Rechten geht, heißt General Eduard Netze-
    band; sitzt seit Ostern in Quarta.« Diese Bemerkun-
    gen machten uns natürlich begierig, mehr zu hören,
    und so vernahmen wir denn, was es mit dem Möske-
    fest eigentlich sei. Da diese Feier der Stadt Rheins-
    berg eigentümlich ist, so darf ich wohl einen Augen-
    blick dabei verweilen. Das Möskefest ist ein Kinder-
    fest, das alljährlich am Sonntage vor Pfingsten gefei-
    ert wird. Möske bedeutet »Waldmeister« (asperula
    odorata), und in alten Zeiten lief die Festlichkeit ein-408
    fach darauf hinaus, daß die Stadtkinder frühmorgens
    in den Wald zogen, Waldmeister pflückten und damit
    heimkehrend den Altar und die Pfeiler der Kirche
    schmückten. Erst im Jahre 1757 nahm die Feier ei-
    nen andern Charakter an. Am 6. Mai war die
    Schlacht bei Prag geschlagen worden, und am
    20. Mai traf die Nachricht davon in Rheinsberg ein.
    Es war Sonntag vor Pfingsten, also der Tag des
    Möskefestes. Die Siegesfreude, vielleicht auch der
    Umstand, daß der damals schon in Rheinsberg resi-
    dierende Prinz Heinrich zu dem glücklichen Ausgange
    der Bataille sehr wesentlich

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