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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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diese Feier, wie schon hervorgehoben, war eine Demonstration. Ihr Held war Prinz
    August Wilhelm, der Vater des Fürsten, der, eben zum Throne gelangt, seines alten Oheims, des
    Rheinsberger Prinzen, entraten zu können glaubte,
    jenes »Sonderlings«, der wohl verstanden hatte,
    Schlachten zu schlagen, aber kein Herz hatte für
    Wein und Frauen.
    Große Festlichkeiten sind dieser Enthüllungsfeier nicht mehr gefolgt; die Schwere des Alters fing an zu
    drücken, und Einsamkeit und Stille wurden erstes,
    wenn auch nicht ausschließliches Gebot.

    1. »Die Bibliothek des Prinzen«, schreibt Hein-
    rich von Bülow, »war sehr ansehnlich. Er be-
    saß auch ein Exemplar der Bibel, aber er las
    nur darin, wie man sich in einem Prozeß um
    die Akten der Gegenpartei kümmert.«

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    Bis hieher bin ich bemüht gewesen, das Rheinsber-
    ger Leben aus der Epoche von 1786 bis 1802 in sei-
    nen allgemeinen Zügen zu schildern. Ich gehe nun zu den einzelnen Persönlichkeiten über, die während
    dieser Zeit die Umgebung des Prinzen bildeten, und
    hoffe dabei Gelegenheit zu finden, ein bisher nur in
    seinen Umrissen gegebenes Bild durch allerlei Details
    vervollständigen zu können.
    Ich beginne mit nochmaliger Aufzählung der Namen.
    Es waren: Baron Knyphausen, Baron Knesebeck,
    zwei Barone Wreich (auch Wreech geschrieben), Ca-
    pitain von Tauentzien, Major von Kaphengst, Baurat
    Steinert, Kammerrat Lebeauld, Graf La Roche-Aymon
    und Graf Röder. Von letzterem bin ich außerstande
    gewesen, irgend etwas in Erfahrung zu bringen.
    Baron Knyphausen . »Unter den dem Prinzen Heinrich am aufrichtigsten ergebenen Personen«, so schreibt
    Thiébault in seinen »Souvenirs«, »befanden sich
    auch zwei Barone Knyphausen, von denen der eine,
    Baron Dodo von K., längere Zeit preußischer Ge-
    sandter in Paris und London gewesen war. Er führte
    den Beinamen der ›große Knyphausen‹ oder ›der
    alte‹, zur Unterscheidung von einem jüngern Träger
    desselben illustren Namens, der ›le beau Knyphau-
    sen‹ hieß. Dieser letztre gehörte dem Rheinsberger
    Kreise nur auf kurze Zeit als Hofkavalier an. Er ver-
    mählte sich 1783 mit Luise Charlotte Henriette von
    Kraut, geschiedenen von Elliot, und geriet durch
    Vorgänge, die dieser seiner Vermählung unmittelbar
    voraufgingen, in eine ziemlich kühle Stellung zum
    Prinzen, infolgedessen er sein Amt niederlegte. Bald

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    danach starb er, erst einige dreißig Jahre alt.« – Der
    auf der Rheinsberger Glocke genannte von Knyphau-
    sen ist offenbar der ältere , Baron Dodo, geboren am 5. August 1729, gestorben am 31. Mai 1789, Erbherr
    der Herrschaft Jennelt und Visquard in Ostfriesland .
    Er war eine Art Ehrenkammerherr und gehörte dem
    prinzlichen Kreise mehr als Volontair an wie als Trä-
    ger einer wirklichen Hofcharge. Neben der Unabhän-
    gigkeit seiner Stellung gab ihm sein scharfer
    Verstand und seine politische Bildung ein besondres
    Ansehen, eine politische Bildung, die bedeutend ge-
    nug war, um die Aufmerksamkeit Mirabeaus zu erre-
    gen, der der »Hoffnungen« erwähnt, »die das Land
    an den ostfriesischen Freiherrn knüpfe«. Was ihn an
    den Hof des Prinzen Heinrich führte, war wohl zu-
    nächst nur die Gleichgeartetheit politischer Anschau-
    ungen. Der Prinz und er waren eins in ihrer
    Mißstimmung über das, was in Berlin geschah, be-
    sonders auch in ihrer Abneigung gegen den Minister
    Hertzberg, ein Gefühl, das beim Prinzen lediglich
    politische, beim Baron Knyphausen aber, der ein
    Stiefbruder des Grafen Hertzberg war, auch noch
    Interessenmotive hatte. Andere geistige Berüh-
    rungspunkte zwischen dem Prinzen und dem Frei-
    herrn mochten fehlen. Knyphausen war ein passio-
    nierter Landwirt, ein Beruf, dem, wie schon erwähnt,
    Prinz Heinrich nur einen allerniedrigsten Rang ein-
    räumte. Diese verschiedenen Ansichten über den
    Wert der Landwirtschaft führten auch zu einer klei-
    nen Szene, die H. von Bülow in seinem mehrerwähn-
    ten Buche erzählt. »Knyphausen«, so schreibt er,
    »der viel von seinen ostfriesischen Rindern sprach
    und sich vielleicht auch von Rheinsberg aus zu ihnen

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    hinsehnen mochte, erhielt, zur Strafe für diese be-
    ständigen Agrikultur-Gespräche, eine Weste vom
    Prinzen geschenkt, die mit lauter Rindern bedruckt
    war. Knyphausen dankte verbindlichst und trug von
    nun an die Weste tagtäglich wie im Triumph , bis der Prinz eine ungnädige Bemerkung machte, weil er
    fühlte, daß sich der Stachel gegen ihn selbst

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