Wanderungen durch die Mark Brandenburg
diese Aus-
flüge dem Grafen Wreech auf Tamsel und dem Major
von Kaphengst auf Meseberg.
Die Festlichkeiten , um auch das zu wiederholen, verminderten sich im Laufe der Zeit; aber sie fanden
doch wenigstens noch statt. Der Jahrestag der Frei-
berger Schlacht ward alljährlich gefeiert, und am 6. Mai 1787 gab der Prinz zur Erinnerung an die Bataille bei Prag allen noch lebenden Offizieren und Gemeinen des an jenem Tage von ihm geführten
Regiments Itzenplitz ein glänzendes Fest. Er war zu
dieser Feier doppelt berechtigt, einmal durch die Tat
selbst, andererseits und in gesteigertem Maße da-
durch, daß sich die Neuzeit (der große König war seit
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kaum Jahresfrist tot) das Ansehn gab, solche Taten
vergessen zu dürfen. Der Prinz kommandierte vor
Prag den rechten Flügel und stellte sich im entschei-
denden Moment an die Spitze des vorgenannten be-
rühmten Regiments. Plötzlich stutzten die Grenadiere
vor einem allzu tief scheinenden Graben, Prinz Hein-
rich aber warf sich ohne Zögern hinein; die Kleinheit
seiner Person steigerte nur noch die Größe der Auf-
opferung und natürlich auch die Wirkung. Alles folgte
ihm nach und schlug den Feind. Offiziere und Ge-
meine saßen nun dreißig Jahre später an der Festta-
fel ihres Führers, und die begeisterten Lebehochs,
die man ausbrachte, klangen laut genug, um bis ans
Ohr des königlichen Neffen zu dringen. So war denn
das Festmahl, neben einer pietätsvollen Huldigung
gegen die Heimgegangenen, vor allem auch eine
berechtigte Demonstration gegen Lebende.
Gleichfalls eine Demonstration, aber ein sonnigeres,
von den Strahlen der Poesie und Geschichte um-
leuchtetes Fest, war die Einweihung (am
4. Juli 1791) des oft genannten Obelisken. Sie war
militärische Feier und Volksfest zugleich. Aus allen Städten und Dörfern der Grafschaft war man zu Tausenden herbeigekommen und umstand entweder das
Ufer des Sees oder war, von zahllosen in seiner Mitte
liegenden Böten aus, Augenzeuge des Schauspiels.
Das schönste Sommerwetter begünstigte das Fest.
Um das Denkmal her gruppierten sich Hunderte von
Offizieren, alte und junge, solche, die »die große
Zeit« noch miterlebt hatten, oder Anverwandte je-
ner, derer die Medailloninschriften gedachten. An die
Feier der Enthüllung schloß sich dann, in den Sälen
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des Schlosses, ein glänzendes Bankett, bei dem der
Prinz eine längere, wohlausgearbeitete Rede hielt.
Auch bei dieser Gelegenheit in französischer Spra-
che . Fast scheint es, als ob er der deutschen Rede nicht mächtig gewesen sei, was als wunderbares
Resultat einer Erziehung gelten mag, die nur das
Deutsche gewollt und alles Französische verpönt hatte. Die mehrfach, unter andern auch in dem Buche
»Vie privée du Prince Henri« zum Druck gekommene
Rede scheint auf den ersten Blick wenig mehr zu
bieten als wohlstilisierte ziemlich zopfige Phrasen,
wie sie damals üblich waren, aber bei mehr kritischer
Betrachtung erkennt man bald die politische Seite dieses auf den ersten Blick bloß oratorischen Ü-
bungsstückes. Ich gebe hier nur eine Stelle:
»Allen Bewohnern der Städte wie des Landes, die in
diesem Kriege die Waffen trugen, gebührt ein glei-
ches Recht an den Trophäen und Palmen des Sieges.
Unter der Leitung ihrer Anführer weihten sie ihre
Arme und ihr Blut ihrem Vaterlande. Sie haben es
mit Mut und Kraft aufrechterhalten und verteidigt.
Unsere Absicht ist, der preußischen Armee ein Zeug-
nis unserer Dankbarkeit darzulegen. Den Eingebun-
gen unseres Herzens folgend, wollen wir Beweise der
Hochachtung insonderheit denjenigen geben, welche
wir persönlich kannten. Aber warum vermißt man
Friedrich unter der Zahl dieser berühmten Namen?
Die von diesem Könige selbst aufgesetzte Geschichte seines Lebens, die Lobschriften auf ihn nach seinem Tode ließen mir nichts zu sagen übrig , wogegen gro-
ße, mehr in der Dunkelheit geleistete Dienste seitens
dieser Lobschriften nicht der Vergessenheit entzogen 462
wurden, vielleicht nicht entzogen werden konnten .
Denn die Zeit löscht alle Eindrücke aus, und der fol-
genden Generation fehlen die Zeugen der Taten der
vorhergehenden. Das Andenken der Begebenheiten
schwindet, die Namen gehen verloren, und die Ge-
schichte bleibt nur ein unvollkommener Entwurf, oft
zusammengefügt durch Trägheit und Schmeichelei .«
Dies genüge. Man muß diese Rede mit demselben
geschärften Auge lesen wie die Medailloninschriften
des Monuments. Auch
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