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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wenig, desto mehr
    die größere, darauf wir folgende Namen verzeichnet

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    finden: Prince Frédéric Henri Louis de Prusse, frère
    du roi. Major de Kaphengst. Baron Frédéric
    de Wreich. Baron Louis de Wreich. Baron de
    Kniphausen. Baron de Knesebeck. de Tauentzien.
    Alle diese waren Kavaliere des Prinzen. Rechnen wir
    hierzu den Bibliothekar und Vorleser des Prinzen,
    erst Francheville, dann Toussaint, danach die Mit-
    glieder einer französischen Schauspielertruppe samt
    einer deutsch-italienischen Kapelle, schließlich aber
    eine Anzahl Kammerdiener, Lakaien und Leibhusa-
    ren, so haben wir alles beisammen, woraus sich
    1780 der Rheinsberger Hof zusammensetzte. Die
    vorgenannten Kavaliere wohnten im Kavalierhause,
    die Lakaien und Kammerdiener im Schloß, endlich
    die Künstler aller Art in der Stadt zur Miete.
    Einen zweiten sicheren Anhaltepunkt, ebenso zuver-
    lässig wie die Glockeninschrift, geben uns die »Der-
    nières Dispositions« des Prinzen, aus denen wir er-
    sehen, daß um 1802 der Hofmarschall Graf Röder,
    der Adjutant Graf La Roche-Aymon, der Kammerrat
    Lebeauld und der Baurat, Herr Steinert, die Umge-
    bung des Prinzen bildeten. Major von Kaphengst,
    Baron Knesebeck und Tauentzien lebten noch; unter
    allen Umständen aber gewinnen wir, wenn wir die
    bestimmt verbürgten Namen von 1780 und 1802
    zusammentun, einen Überblick über die Mehrzahl der
    Persönlichkeiten, die während der letzten zwanzig
    Jahre die Träger und Repräsentanten des Rheinsber-
    ger Hoflebens waren.
    Über jeden der Genannten werd ich einige Worte zu
    sagen, über Kaphengst und La Roche-Aymon aber

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    mich ausführlicher zu verbreiten haben. Eh wir indes
    zu diesen Personalien übergehen, versuch ich es zu-
    vor, in allgemeinen Zügen festzustellen, unter wel-
    cher Benutzung der Zeit die Rheinsberger Tage ver-
    flossen.
    Der Vormittag gehörte der Arbeit, während der
    Nachmittag der Gesellschaft, dem Diner, der Lektü-
    re1), dem Schauspiel und der Musik gewidmet war.
    Nur gelegentlich fanden Ausflüge statt, und noch
    seltener waren Feste, für die der Prinz, in früheren
    Jahren, eine entschiedene Vorliebe gehegt hatte.
    Wenden wir uns zunächst dem Vormittage zu, der
    Arbeitszeit des Prinzen. Da er (unähnlich seinem großen Bruder, mit dem er übrigens die Antipathie
    gegen die Jagd gemein hatte) von der Landwirtschaft eine niedrigste Meinung hegte, zugleich auch offen
    aussprach, daß das Säen und Ernten zwar sehr wich-
    tig, aber Sache jedes Bauern sei, so nahm ihm die
    Verwaltung seiner Besitzungen, die er seinen Päch-
    tern und Inspektoren überließ, nichts von seiner
    Zeit. Er konnte dieselbe vielmehr ungestört seinen
    Studien widmen. Unter diesen stand das Studium der Kriegswissenschaften und der schönen Literatur, soweit sie Frankreich betraf, obenan. Er las mit nie sich abschwächender Vorliebe die Werke der französischen Philosophen, schwärmte für Voltaire und
    schrieb selber Verse, von denen mit satirischem An-
    fluge bemerkt worden ist, »daß sie lebhaft an die
    Verse seines Bruders erinnert hätten«. Übrigens
    wurden seine dichterischen Versuche von seinen
    französischen Vorlesern entfehlert , erst von Franche-456
    ville, dann von Toussaint. Neben diesen poetischen
    Versuchen war es eine sehr ausgedehnte Korrespon-
    denz, was seine Zeit in Anspruch nahm, und neben
    dieser Korrespondenz wiederum die Niederschrei-
    bung seiner Memoiren. Von diesen ist wenig zur
    Kenntnis der Welt gelangt. Seine Kritik des Sieben-
    jährigen Krieges oder, mit anderen Worten, des Kö-
    nigs selbst ruht, wenn sie nicht vernichtet ist, wie manche vermuten, uneröffnet und zunächst unzugänglich in unsern Archiven. Andre seiner Arbeiten
    haben es verschmäht, unter dem Namen ihres er-
    lauchten Verfassers in die Welt zu treten, und sollen
    sich (wenigstens teilweis) in den militärischen Schrif-
    ten wiederfinden, die zwischen 1802 und 1804 vom
    Grafen La Roche-Aymon, dem letzten Adjutanten des
    Prinzen, veröffentlicht wurden. Ein besonderes Inte-
    resse, das mag schon hier eine Stelle finden, nahm
    er an den Kriegs- und Siegeszügen Moreaus, wel-
    chen letztren er über Bonaparte stellte, wobei freilich nicht vergessen werden darf, daß der Prinz 1802
    bereits starb, also früher, als die großen Napoleoni-
    schen Schlachten, die so viele Staaten zertrümmer-
    ten, geschlagen wurden. Er erlebte nur Marengo
    noch. Seine Gegner haben nichtsdestoweniger aus
    dieser Vorliebe für Moreau den Schluß ziehen

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