Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
von
    Marschall), und die eingegrabenen Worte: »Rose,
    elle a vécu ce que vivent les roses – l'espace du ma-
    tin«, weckten im Herzen des Prinzen ein wehmütiges
    Gefühl an die früh aus dem Rheinsberger Kreise Ge-

    468
    schiedene. Nahe dabei waren die Büsten des Großen
    Kurfürsten und des Prinzen selbst nebeneinander
    gestellt, und französische Verse zogen Parallelen
    zwischen jenem , »der ein Vater flüchtiger Franzosen ward«, und diesem , »der die Herzen aller Franzosen unter das Gesetz seiner geistigen Macht und Schönheit zu zwingen wußte«.
    Die Hauptüberraschung aber brachte der Abend.
    Im Rücken von Tamsel, unmittelbar hinter dem Park,
    liegt eine Wald- und Hügelpartie, durch die sich ein
    Hohlweg , die Straße nach dem benachbarten Zorn-
    dorf, hinzieht. Sei es nun, daß dieser Hohlweg dem
    Terrain, um dessen Reproduzierung es sich handelte,
    wirklich ähnlich sah, oder sei es, daß man einfach
    nahm, was man hatte, gleichviel, der Hohlweg war
    auf Anordnung des Grafen Ludwig überbrückt wor-
    den, um an dieser Stelle die Erstürmung des Passes
    von Gabel, eine der glänzendsten Waffentaten des
    Prinzen, noch einmal bildlich zur Darstellung zu brin-
    gen. Unten standen die Tamseler und Küstriner, Kopf
    an Kopf, um Zeuge des prächtigen Schauspiels zu
    sein, und Feuerwerk und Leuchtkugeln erhellten die
    Nacht, während Graf Ludwig, von einem der zur Sei-
    te liegenden Hügel aus, den Prinzen bis an den Brü-
    ckeneingang führte. Unter dem Jubel des Volks über-
    schritt dieser den »Paß«, an dessen Ausgang ihm
    drei Johanniterritter: Graf Dönhoff, von Schack und
    von Tauentzien, in rotem Kriegskleid und schwarzen
    Ordensmänteln entgegentreten und auf die transpa-
    renten Worte hinwiesen:

    469
    Henry parait! il fait se rendre!
    Vous frémissez fiers Autrichiens!
    Si vous pouviez le voir, si vous pouviez l'entendre,
    Vous béniriez le sort qui vous met dans ses mains.
    Also etwa:
    Heinrich erscheint, und vor seinem Begegnen
    Zittert Östreich und unterliegt; –
    Kenntet ihr ihn, ihr würdet es segnen,
    Stolze Feinde, daß er euch besiegt.
    Die Erinnerung an jenen glänzenden Abend lebt noch
    bis heute fort. 1795 starb Graf Ludwig Wreech, der
    letzte seines Geschlechts, und Tamsel ging durch
    Erbschaft an den Grafen von Dönhoff über. Ein hal-
    bes Jahrhundert lang hatten die Wreechs dem
    Rheinsberger Hofe treulich gedient und aus nicht
    völlig aufgeklärten Gründen ihre Lebensaufgabe dar-
    in gesetzt, den Prinzen Heinrich auf Kosten seines
    Bruders, des Königs – den sie geradezu haßten –, zu
    verherrlichen.
    Bogislaw von Tauentzien , der spätere Graf Tauentzien von Wittenberg, Sohn des berühmten Verteidi-
    gers von Breslau, gehörte fünfzehn Jahre lang dem
    Rheinsberger Hofe an. Er war ein ganz besonderer
    Liebling des Prinzen, der schon 1776 den damals erst
    sechzehnjährigen Fähnrich von Tauentzien zu seinem
    Adjutanten ernannte. Bis ganz vor kurzem noch be-
    fand sich ein trefflicher alter Stich im Rheinsberger

    470
    Schloß, der die Szene darstellt, wie der Fähnrich von
    Tauentzien seine erste Meldung vor dem Prinzen
    macht. 1778, bei Ausbruch des Bayerischen Erbfol-
    gekrieges, folgte Tauentzien dem Prinzen nach Sach-
    sen und Böhmen und kehrte mit ihm in das Rheins-
    berger Stilleben zurück, das nur noch durch die
    zweimalige Reise des Prinzen nach Paris, 1784 und
    1788, auf längere Zeit unterbrochen wurde. Auf bei-
    den Reisen begleitete Tauentzien den Prinzen,
    1784 als Lieutenant, 1788 als Capitain, und gedachte
    noch in späteren Jahren ebendieses Aufenthalts in
    der französischen Hauptstadt mit besonderer Dank-
    barkeit und Vorliebe. Bis 1791, nachdem er kurz
    vorher zum Major befördert worden war, blieb er in
    Rheinsberg, dann aber trat er in die Suite des Königs
    und ward in den Grafenstand erhoben. Seine Stel-
    lung zum Prinzen wurde dadurch sehr schwieriger
    Natur, und nur Vermutungen lassen sich darüber
    äußern, in welcher Art er dieser Schwierigkeiten Herr
    wurde. Das Mißverhältnis zwischen dem König und
    seinem Onkel (Prinz Heinrich) war offenkundig, und
    Tauentzien stand zwischen zwei Gegnern, die beide
    Anspruch auf seine Treue und Dankbarkeit hatten.
    Wir müssen indes annehmen, daß er seiner Aufgabe
    gewachsen war, der Prinz würde sonst schwerlich
    eine ganze Reihe von Erinnerungen an Tauentzien
    um sich geduldet und wertgehalten haben, darunter
    ein treffliches Ölportrait, das bis diesen Tag den
    Zimmern des Schlosses verblieben

Weitere Kostenlose Bücher