Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Beziehungen zum Rheinsberger Hofe wie zum
    Prinzen Louis und kaum minder wohl die Huldigun-
    gen, die ihr, später noch, am französischen Hofe zu-
    teil geworden waren, gaben ihr vor der Welt ein An-
    sehen, und Friedrich Wilhelm IV. kam nie nach Rup-
    pin oder Rheinsberg, ohne der Marquise auf Köper-
    nitz seinen Besuch zu machen. Es traf sich, daß sie,
    bei einem dieser Besuche, ganz wie zu Zeiten der
    Remus-Insel-Diners, durch ihre Kochkunst glänzen
    und den König durch eine Trüffel- oder Zervelatwurst
    überraschen konnte. Friedrich Wilhelm IV. erbat sich
    denn auch etwas davon für seine Potsdamer Küche
    (natürlich nicht vergeblich), und zum Weihnachts-
    abend erschien das königliche Gegengeschenk: ein
    Kollier, aus goldenen Würstchen bestehend, die
    Speilerchen von Perlen, und begleitet von einem
    verbindlichen Schreiben mit dem Motto: »Wurst wi-
    der Wurst«. Geschenk und Gegengeschenk wieder-
    holten sich mehrere Male, so daß sich zu dem Kollier
    ein Armband und zu dem Armband ein Ohrgehänge
    gesellte; zuletzt erschien eine Tabatière in Form ei-
    ner kurzen, gedrungenen Blut- und Zungenwurst,
    äußerst wertvoll, oben und unten mit Rubinen be-
    setzt. Die Freude war groß, aber es war die letzte
    dieser Art. Aus den Zeitungen ersah die Marquise
    bald darauf, daß einer der Hofschlächtermeister zu

    492
    Potsdam, als Gegengeschenk für eine große Fest-
    oder Jubiläumswurst (und sogar unter Beifügung
    desselben Mottos: »Wurst wider Wurst«), in gleicher
    Weise durch eine Tabatière beglückt worden war,
    und die Sendungen in die königliche Küche hörten
    von diesem Augenblick an auf.
    Ihre letzten Lebensjahre brachten ihr noch einen
    andern interessanten Besuch. Ein Neffe des verstor-
    benen Marquis hatte diesen beerbt und nicht zufrie-
    den mit den ihm zugefallenen französischen Gütern, machte derselbe bei dem betreffenden Pariser Gerichtshof auch noch ein Verfahren anhängig, um sich
    des ehemalig Prinz Heinrichschen Köpernitz', des
    Gutes seiner alten Tante, zu versichern. Anfänglich
    erklärten selbst die französischen Gerichte ihr
    »Nein«, in der zweiten und dritten Instanz aber wur-
    de das »Nein« in ein »Ja« verwandelt, einfach in Be-
    rücksichtigung der Tatsache, daß der Neffe des alten
    legitimistischen Marquis inzwischen ein besonderer
    Günstling Napoleons III. geworden war. Und wirk-
    lich, der Günstling schickte Bevollmächtigte, die Kö-
    pernitz für ihn in Besitz nehmen sollten, und als sich
    dies, aller Vollmachten unerachtet, nicht tun lassen
    wollte, kam er endlich selbst. Er nahm in Rheinsberg
    allerbescheidentlichst einen Einspänner, umkreiste
    das ganze Gut, dessen Ansehn und Ausdehnung ihm
    wohlgefiel, und fuhr dann schließlich vor dem Wohn-
    hause der alten Tante vor. Diese empfing ihn aufs
    artigste, mit dem ganzen Aufwande jenes Zeremo-
    niells, worin sie Meister war, als er aber schließlich
    den eigentlichen Zweck seines Kommens berührte,
    lachte sie ihn so herzlich aus, daß er sich, nicht ohne 493
    Verlegenheit, von der alten »ma tante« verabschie-
    dete. Wurd auch nicht wieder gesehen. Dieser Neffe
    aber, der im Einspänner von Rheinsberg nach Köper-
    nitz gefahren war, war niemand anders als der frü-
    here Befehlshaber der französischen Armee in Rom –
    General Goyon.
    Die Marquise, und damit schließen wir, war eine stol-
    ze, selbstbewußte Frau. Sie repräsentierte die Vor-
    nehmheit einer nun zu Grabe getragenen Zeit, eine
    Vornehmheit, die von der Gesinnung unter Umstän-
    den abstrahieren und ihr Wesen in eine meisterhafte
    Behandlung der Formen setzen konnte. Diese For-
    men waren bei der Marquise von der gewinnendsten
    Art, und ihr Auftreten entsprach dem Urteile, das ich
    einst über sie fällen hörte: »frei, taktvoll und originell zugleich«. Herrschen und ein großes Haus machen
    waren ihre zwei Leidenschaften. Je mehr Kutschen
    im Hofe hielten, desto wohler wurd ihr ums Herz,
    und je mehr Lichter im Hause brannten, desto helle-
    re Funken sprühten ihr Geist und ihre gute Laune.
    Sparsam sonst und eine Frau, bei der die Rech-
    nungsbücher stimmen mußten, erschrak sie dann vor
    keinem Opfer, ja der Gedanke berührte sie kaum,
    daß es ein Opfer sei. Nach Sitte der Zeit, in der sie
    jung gewesen, sah es um sie her aus wie in einer
    Arche Noäh, und vom Kakadu an bis herunter zu
    Kanarienvogel und Eichhörnchen fand sich in ihren
    Zimmern so ziemlich alles beisammen. Katzen und
    Hunde waren natürlich ihre Lieblinge und

Weitere Kostenlose Bücher