Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Freders-
501
dorffs Bild in der Zernikower Kirche die Angabe:
»geboren am 6. Juni 1708« (wonach er nicht am
3. Juni getauft sein kann), diese Angabe ist aber
entweder einer jener Irrtümer, wie sie auf derartigen
Bildern sehr häufig vorkommen, oder es hat sich
umgekehrt bei Eintragung ins Kirchenbuch ein Fehler
eingeschlichen. Vielleicht muß es heißen: am
13. Juni.
Fredersdorff war achtzehn Jahre lang, von 1740 bis
1758, im Besitz von Zernikow, an welche Tatsache
wir die Frage knüpfen, ob er dem Dorf und seinen
Bewohnern ein Segen war oder nicht. Die Beantwor-
tung der Frage fällt durchaus zu seinen Gunsten aus.
Wie er, trotz Ehrgeiz und einem unverkennbaren
Verlangen nach Ansehn und Reichtum, doch über-
wiegend eine liebenswürdige und gutgeartete Natur
gewesen zu sein scheint, so erwies er sich auch als
Gutsherr mild, nachsichtig, hülfebereit. Seine Bauern
und Tagelöhner hatten gute Zeit. Und wie den dama-
ligen Bewohnern, so war er dem Dorfe selbst ein
Glück. Die meisten Neuerungen, soweit sie nicht bloß
der Verschönerung dienen, lassen sich auf ihn zu-
rückführen. Er fand eine vernachlässigte Sandscholle
vor und hinterließ ein wohlkultiviertes Gut, dem er
teils durch Anlagen aller Art, teils durch Ankauf von
Wiesen und Wald das gegeben hatte, dessen es zumeist benötigt war. Die Tätigkeit, die er entwickelte,
war groß. Kolonisten und Handwerker wurden he-
rangezogen und Weberei und Strohflechterei von
fleißigen Händen betrieben. Zu gleicher Zeit und mit
Vorliebe nahm er sich des Seidenbaus an. Gärten und Wege wurden mit Maulbeerbäumen bepflanzt
502
(schon 1747 standen deren 8000), und das Jahr dar-
auf hatte er zum ersten Male einen Reinertrag aus
der gehaspelten Seide. Kaum daß er ein Stück guten
Lehmboden auf seiner Feldmark gefunden, entstand
auch schon eine Ziegelei, so daß er 1746, und zwar
aus selbstgebrannten Steinen, das noch jetzt existie-
rende Wohnhaus erbauen konnte. Noch im selben
Jahre führte er, ebenso wie in Spandau und Köpe-
nick, große Brauereigebäude auf, in denen das so
beliebt gewordene und nach ihm genannte »Freders-
dorffer Bier« gebraut wurde. In allem erwies er sich
als der gelehrige Schüler seines königlichen Herrn,
und an der ganzen Art und Weise, wie er die Dinge in
Angriff nahm, ließ sich erkennen, daß er den organi-
satorischen Plänen des Königs mit Verständnis zu
folgen und sie als Vorbild zu verwerten verstand. Er
mocht es dabei, besonders was die Mittel zur Ausfüh-
rung anging, leichter haben als mancher andere, da
ein König, der ihm schreiben konnte: »Wenn ein Mit-
tel in der Welt wäre, Dir in zwei Minuten zu helfen,
so wollte ich es kaufen, es möchte auch so teuer
sein, wie es immer wolle«, sehr wahrscheinlich auch
bereit war, durch Geschenke und Vorschüsse aller
Art zu helfen. Es scheint indessen, daß diese Hülfen
immer nur innerhalb beschränkter Grenzen blieben
und daß die Meliorationen erst von 1750 ab einen
größeren Maßstab annahmen, wo sich Fredersdorff
mit Karoline Marie Elisabeth Daum, der reichen Erb-
tochter des schon 1743 verstorbenen Banquier
Daum, vermählt hatte. Wenigstens beginnen von da
ab erst jene Güterkäufe, deren ich schon oben er-
wähnt habe. Fredersdorff lebte mit seiner jungen
Frau in einer sehr glücklichen, aber kinderlosen Ehe.
503
Daß er andauernd in Zernikow gewesen sei, ist nicht
anzunehmen, doch scheint es, daß er von 1750 ab
(also nach seiner Vermählung) wenigstens sooft wie
möglich auf seinem Gute war und namentlich die
Sommermonate gern daselbst verbrachte. Ob er sei-
ne alchimistischen Künste und Goldmacheversuche
auch in ländlicher Zurückgezogenheit geübt habe, ist
nicht zu ermitteln gewesen, übrigens nicht wahr-
scheinlich. Er starb zu Potsdam in demselben Jah-
re (1758), das seinem königlichen Herrn so viele
schwere Verluste brachte, und seine Leiche wurde
nach Zernikow übergeführt. Michael Gabriel Freders-
dorff war am 12. Januar 1758 gestorben.
1760 vermählte sich seine Witwe zum zweiten Male,
mit dem aus Pommern stammenden Geheimen
Stiftsrat zu Quedlinburg, Hans Freiherrn von Labes,
der, ursprünglich bürgerlich, erst später vom Kaiser
in den Adelsstand erhoben worden war.
Auch Freiherr von Labes tat viel zur Verschönerung
des Guts; eine Lindenallee wurde gepflanzt, ein eng-
lischer Park angelegt und der frühere Fasanengarten
in einen Tiergarten mit Fischteichen,
Weitere Kostenlose Bücher