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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Freders-

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    dorffs Bild in der Zernikower Kirche die Angabe:
    »geboren am 6. Juni 1708« (wonach er nicht am
    3. Juni getauft sein kann), diese Angabe ist aber
    entweder einer jener Irrtümer, wie sie auf derartigen
    Bildern sehr häufig vorkommen, oder es hat sich
    umgekehrt bei Eintragung ins Kirchenbuch ein Fehler
    eingeschlichen. Vielleicht muß es heißen: am
    13. Juni.
    Fredersdorff war achtzehn Jahre lang, von 1740 bis
    1758, im Besitz von Zernikow, an welche Tatsache
    wir die Frage knüpfen, ob er dem Dorf und seinen
    Bewohnern ein Segen war oder nicht. Die Beantwor-
    tung der Frage fällt durchaus zu seinen Gunsten aus.
    Wie er, trotz Ehrgeiz und einem unverkennbaren
    Verlangen nach Ansehn und Reichtum, doch über-
    wiegend eine liebenswürdige und gutgeartete Natur
    gewesen zu sein scheint, so erwies er sich auch als
    Gutsherr mild, nachsichtig, hülfebereit. Seine Bauern
    und Tagelöhner hatten gute Zeit. Und wie den dama-
    ligen Bewohnern, so war er dem Dorfe selbst ein
    Glück. Die meisten Neuerungen, soweit sie nicht bloß
    der Verschönerung dienen, lassen sich auf ihn zu-
    rückführen. Er fand eine vernachlässigte Sandscholle
    vor und hinterließ ein wohlkultiviertes Gut, dem er
    teils durch Anlagen aller Art, teils durch Ankauf von
    Wiesen und Wald das gegeben hatte, dessen es zumeist benötigt war. Die Tätigkeit, die er entwickelte,
    war groß. Kolonisten und Handwerker wurden he-
    rangezogen und Weberei und Strohflechterei von
    fleißigen Händen betrieben. Zu gleicher Zeit und mit
    Vorliebe nahm er sich des Seidenbaus an. Gärten und Wege wurden mit Maulbeerbäumen bepflanzt

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    (schon 1747 standen deren 8000), und das Jahr dar-
    auf hatte er zum ersten Male einen Reinertrag aus
    der gehaspelten Seide. Kaum daß er ein Stück guten
    Lehmboden auf seiner Feldmark gefunden, entstand
    auch schon eine Ziegelei, so daß er 1746, und zwar
    aus selbstgebrannten Steinen, das noch jetzt existie-
    rende Wohnhaus erbauen konnte. Noch im selben
    Jahre führte er, ebenso wie in Spandau und Köpe-
    nick, große Brauereigebäude auf, in denen das so
    beliebt gewordene und nach ihm genannte »Freders-
    dorffer Bier« gebraut wurde. In allem erwies er sich
    als der gelehrige Schüler seines königlichen Herrn,
    und an der ganzen Art und Weise, wie er die Dinge in
    Angriff nahm, ließ sich erkennen, daß er den organi-
    satorischen Plänen des Königs mit Verständnis zu
    folgen und sie als Vorbild zu verwerten verstand. Er
    mocht es dabei, besonders was die Mittel zur Ausfüh-
    rung anging, leichter haben als mancher andere, da
    ein König, der ihm schreiben konnte: »Wenn ein Mit-
    tel in der Welt wäre, Dir in zwei Minuten zu helfen,
    so wollte ich es kaufen, es möchte auch so teuer
    sein, wie es immer wolle«, sehr wahrscheinlich auch
    bereit war, durch Geschenke und Vorschüsse aller
    Art zu helfen. Es scheint indessen, daß diese Hülfen
    immer nur innerhalb beschränkter Grenzen blieben
    und daß die Meliorationen erst von 1750 ab einen
    größeren Maßstab annahmen, wo sich Fredersdorff
    mit Karoline Marie Elisabeth Daum, der reichen Erb-
    tochter des schon 1743 verstorbenen Banquier
    Daum, vermählt hatte. Wenigstens beginnen von da
    ab erst jene Güterkäufe, deren ich schon oben er-
    wähnt habe. Fredersdorff lebte mit seiner jungen
    Frau in einer sehr glücklichen, aber kinderlosen Ehe.

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    Daß er andauernd in Zernikow gewesen sei, ist nicht
    anzunehmen, doch scheint es, daß er von 1750 ab
    (also nach seiner Vermählung) wenigstens sooft wie
    möglich auf seinem Gute war und namentlich die
    Sommermonate gern daselbst verbrachte. Ob er sei-
    ne alchimistischen Künste und Goldmacheversuche
    auch in ländlicher Zurückgezogenheit geübt habe, ist
    nicht zu ermitteln gewesen, übrigens nicht wahr-
    scheinlich. Er starb zu Potsdam in demselben Jah-
    re (1758), das seinem königlichen Herrn so viele
    schwere Verluste brachte, und seine Leiche wurde
    nach Zernikow übergeführt. Michael Gabriel Freders-
    dorff war am 12. Januar 1758 gestorben.
    1760 vermählte sich seine Witwe zum zweiten Male,
    mit dem aus Pommern stammenden Geheimen
    Stiftsrat zu Quedlinburg, Hans Freiherrn von Labes,
    der, ursprünglich bürgerlich, erst später vom Kaiser
    in den Adelsstand erhoben worden war.
    Auch Freiherr von Labes tat viel zur Verschönerung
    des Guts; eine Lindenallee wurde gepflanzt, ein eng-
    lischer Park angelegt und der frühere Fasanengarten
    in einen Tiergarten mit Fischteichen,

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