Wanderungen durch die Mark Brandenburg
freilich nirgends erwähnt.
Die Gelegenheit zu solcher Auszeichnung bot erst der nächste Feldzug , der nicht demselben Gegner, den Polen, sondern umgekehrt dem bisherigen Verbündeten, den Schweden , galt. Zur Beleuchtung der Situation nur wenige Worte. Brandenburg war durch den
Vertrag von Labiau (1656) allerdings »für ewige
Zeit« an Schweden gekettet, die Fortschritte dieses
damals auf seiner Höhe stehenden Staates aber er-
weckten ihm überall in Europa so viele Neider und so
mächtige Feinde, daß es der Kurfürst als durch die
»Staatsraison« geboten erachtete, Schweden auf-
zugeben, um nicht mit ihm oder, was wahrscheinlicher war, statt seiner zugrunde zu gehn. Die Staatsraison präponderierte damals in allen solchen Fragen. Eine große antischwedische Liga, ein Fünf-
Mächte-Bund kam zustande, der darauf aus war, den
ehrgeizigen Plänen des Schwedenkönigs Karl Gustav
577
(der die Gustav-Adolf-Idee eines großen »baltischen
Reiches« verwirklichen wollte) ein Ziel zu setzen.
Jeder einzelne Staat verfolgte dabei seine Sonderin-
teressen. Die fünf verbündeten Mächte waren:
Östreich, Polen, Dänemark, Holland, Brandenburg.
Der Kriegsschauplatz war ein doppelter: ein östlicher
(Preußen und Polen) und ein westlicher (Pommern
und Holstein). Nur das holsteinsche Kriegstheater
interessiert uns an dieser Stelle.
Karl Gustav, im Vertrauen auf sein Geschick und sei-
ne Armee, die damals als die kriegstüchtigste in Eu-
ropa galt, wartete die Vereinigung so vieler Gegner
nicht erst ab, sondern ging rasch zum Angriff über,
vielleicht in der Hoffnung, sie einzeln zu schlagen.
Der Anfang sprach auch dafür, daß es ihm glücken
werde. Von der Unterelbe her in Holstein und
Schleswig eindringend, besetzte er Alsen und Jütland
und ging dann in dem bitterkalten Winter von 1657
auf 1658 über die gefrornen Belte. So bracht er Fü-
nen und Seeland in seine Gewalt. Der Dänenkönig
hatte nichts mehr als seine Hauptstadt. Auch diese
(das sei vorweg bemerkt) hoffte Karl Gustav in fol-
gendem Winter durch Überrumpelung in seine Ge-
walt zu bringen. Er ließ einzelne seiner besten Re-
gimenter weiße Hemden über die Uniformen ziehen,
um auf der weißen Schneefläche weniger bemerkt zu
werden, und ging nun zum Sturme gegen die Fes-
tungswerke vor. Die Dänen aber waren wachsam,
und, wie ein alter Geschichtsschreiber sagt, »die
weißen Hemden wurden manchen zum Leichen-
hemd«.
578
Das war im Winter von 1658 auf 1659. Aber schon
im Sommer vorher waren die Truppen des »Fünf-
Mächte-Bundes« in die Kimbrische Halbinsel einge-
rückt und hatten die Schweden, die nur 6000 Mann
stark waren, vor sich her gejagt. An der Spitze der
»Alliierten« stand der Kurfürst selbst.3) Rendsburg
und Schloß Gottorp wurden besetzt, Alsen und Fre-
dericia dem Feinde wieder entrissen. Die Schweden
hatten nur noch Fünen und Seeland inne. So kam
der Winter.
Vielleicht hatte sich der Kurfürst der Hoffnung hinge-
geben, die Belte würden wieder zufrieren wie im vorigen Jahr, wo der Winter, wie wir gesehen haben,
dem siegreich vordringenden Karl Gustav die Brücke
zu den Inseln hinüber baute. Aber die Belte blieben
offen, und die Verbündeten sahen sich gezwungen,
in Schleswig und Jütland Winterquartiere zu beziehn.
Erst mit dem beginnenden Frühjahr (1659) wurde
der Kampf wieder aufgenommen. Es galt nach wie
vor die Eroberung der Inseln , zunächst Fünens, das inzwischen von seiten der Schweden in den besten
Verteidigungszustand gesetzt worden war. Die hol-
ländische Flotte, auf deren Dienst man bei Passie-
rung des Kleinen Belts gerechnet hatte, erwies sich
indessen als saumselig, so saumselig, daß dem Führer der Flotte von seiten der Alliierten Schuld gege-
ben ward, »er hab auf die schwedischen Fahrzeuge
nur blinde Schüsse abfeuern lassen«. Politische
Rücksichten, der alten Eifersucht gegen die dänische
Seemacht zu geschweigen, schrieben der holländi-
schen Flotte eine solche laue Haltung vor.
579
Unter so schwierigen Verhältnissen mußte man nach
und nach und gleichsam ratenweise zu gewinnen
suchen, was sich auf einen Schlag nicht erreichen ließ. Man nahm also zunächst die kleine, zwischen
Jütland und Fünen gelegene Insel Fanö und schickte
sich nunmehr erst an, von diesem vorgeschobenen
Posten aus, das eigentliche Streitobjekt (Fünen) zu
erobern. Drei Angriffe wurden versucht, aber sie
scheiterten alle drei. An der dritten Attacke,
Weitere Kostenlose Bücher