Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Spiegel,
Drin, wer den Spiegel schleift, sein eigen Bildnis sieht.
1665 erfolgte seine Ernennung zum Titular-, 1669
zum halberstädtischen, 1676 zum kleveschen Ge-
heimen Regierungsrat, Stellungen, die ihn wenigs-
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tens zeitweilig vom Berliner Hofe entfernen mußten.
Aber nicht auf lange. 1679, inzwischen zum Gehei-
men Kammer- und Lehnsrat aufgestiegen, sehen wir
ihn bereits wieder an der Seite des späteren Kurprin-
zen, dem er, um ebendiese Zeit, einen Beweis be-
sonderer Anhänglichkeit und Treue zu geben in der
Lage war. Er rettete nämlich den Prinzen aus einer
tödlichen Krankheit, welche den letzteren im Winter-
feldzuge 1679 in Preußen befiel. In einem interes-
santen Flugblatte, das den Titel führt: »Fall und Un-
gnade zweier Ersten-Staatsminister des königlich
preußischen Hofes (Danckelmann und Wartenberg),
Köln, bei Peter Marteau, 1712«, finde ich darüber
folgendes: »Als des Kurprinzen Leben, wegen eines
schweren Stickflusses, in höchster Gefahr war und
während die Leibmedici sich nicht vergleichen konn-
ten über die Arzenei, die dem Patienten gegeben
werden sollte, hat Danckelmann ihm dasselbe durch
ein gewagtes Aderlassen erhalten, wie schon alle
Sinne verloren waren, und hat sich also, aus Liebe
für seinen Prinzen, in eine große Verantwortung ge-
setzt.« So jenes Flugblatt. Danckelmann bewährte
sich auch anderweitig: er opferte dem Kurprinzen
sein Vermögen, und zwar »zu solcher Zeit, da sein Herr noch nicht auf dem kurfürstlichen Throne war,
vielmehr, durch allerhand Intrigues von dem Hofe
ferngehalten, eines solchen Vorschubes höchst benö-
tigt war«.
1688, als der Kurprinz seinem Vater, dem Großen
Kurfürsten, in der Regierung folgte, wurde Danckel-
mann zum Geheimen Staats- und Kriegsrat ernannt
und ihm fast unumschränkt das Steuer der Regie-
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rung überlassen. Er schlug eine kluge, feste, von
Erfolg gekrönte Politik ein, und wenigstens zu Leb-
zeiten Friedrichs I. ist seine Stelle nicht wieder aus-
gefüllt worden. Daß er dem Kurfürsten abgeraten
habe, sich zum Könige zu erheben, ist längst wider-
legt; er arbeitete vielmehr mit aller Kraft zu diesem
Ziele hin.
1695 zum Premierminister und Oberpräsidenten er-
nannt stand er auf seiner Höhe. Mehr und mehr je-
doch begann sein Leben jener Schilderung zu glei-
chen, die von Besser, in seinem mehrerwähnten
Lobgedicht, schon das Jahr zuvor davon entworfen
hatte:
Es liegt die ganze Last und aller Ämter Bürde
Nach deinem Herrn auf dir, der dich damit beschwert;
Man neide nicht zu sehr die dir vertraute Würde,
Du bist, wer es bedenkt, mehr des Bedauerns wert.
Ihn selbst begleitete dies Gefühl beständig. Allezeit
bemüht, durch Zurückweisung erneuter Ehren, sich
dem Haß der Höflinge zu entziehen, geschah schließ-
lich doch, was ihm eine Vorahnung von Anfang an
gesagt hatte: Neid und Intrigue gewannen die Ober-
hand. Dem drohenden Sturze wenigstens nach Mög-
lichkeit auszuweichen, bat er selbst um seinen Ab-
schied, der ihm auch unterm 22. November 1697
gegeben wurde.
Er zog sich nach Neustadt a. D., zu dessen Amts-
hauptmann er 1694 oder nach anderen Angaben
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erst 1696 ernannt worden war, zurück, woselbst er
nunmehr Tage der Ruhe zu finden hoffte. Die Bosheit
seiner Feinde jedoch war nicht erschöpft. In Sorge,
daß er aus seiner selbstgewählten Verbannung jeden
Augenblick wieder in ihrer Mitte erscheinen könne,
gab man ihm schuld, mit fremden Potentaten eine
nicht zulässige Korrespondenz geführt zu haben, und
auf diese Beschuldigung hin ward er am
10. Dezember 1697 in Neustadt festgenommen . Die später gegen ihn ausgearbeitete Prozeßschrift bestand aus 109, nach anderer Angabe sogar aus
290 Anklagepunkten. Man führte den Beklagten von
Neustadt nach Spandau, dann zwei Monate später
nach Peitz. »Dabei« – so heißt es in unserem mehr-
zitierten Flugblatte – »blieb es übrigens nicht, man
nahm ihm auch alle seine Güter. Endlich, gegen Aus-
gang des Jahres 1707, als dem Kronprinzen Friedrich
Wilhelm der erste Sohn geboren worden war, ward
er in Freiheit gesetzet, mit der Ehre oder vielmehr
mit der Schande, unter den Delinquenten, denen die
Solennität dieser Geburt (eines Prinzen) die Gefäng-
nisse geöffnet hatte, voranzustehen. Dabei war seine
Freiheit so eingeschränket, daß er weniger einem
freien Menschen als einem Gefangenen glich, der
seine Ketten mit sich schleppet und nicht aus dem
Gesicht
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