Wanderungen durch die Mark Brandenburg
gelassen wird. Nur in dem kleinen Bezirke
von Cottbus durft er sich sehen lassen und spazie-
rengehen.«
So gingen die Dinge bis 1713. Unmittelbar nach der
Thronbesteigung Friedrich Wilhelms I. wurde Dan-
ckelmann freigegeben und durch den König nach
Berlin berufen. Dieser benutzte vielfach seinen Rat,
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gab ihm aber sein Vermögen nicht zurück. Danckelmann starb 1722 im achtzigsten Lebensjahre.
Erscheinung und Charakter Danckelmanns finden wir
in der bei Peter Marteau erschienenen Broschüre wie
folgt beschrieben: »Danckelmann war von einer gro-
ßen Taille, etwas korpulent, aber allezeit von gutem
Ansehen. Sein Geist hatte den Stempel des Bedeu-
tenden; er war gediegen, zuverlässig, scharfsinnig,
mit einem guten Judicio begabt, dabei durch gute
Studia sowie durch vieljährige Erfahrung bei Hofe,
große Affairen und unermüdlichen Fleiß ausgebildet.
Hervorragend wie seine Klugheit war seine Redlich-
keit, die ihn jederzeit nur auf das allgemeine Beste
und das Interesse seines Herrn bedacht machte. Er
trennte das eine nicht von dem andern. Solche allzu
aufrichtige Sitten, ein etwas allzu ernsthafter Hu-
meur (er soll nie gelacht haben) und allzu strenge
Formen waren nicht bequem, einen guten Hofmann
zu machen. Er wollte lieber dem Fürsten Instruktion
geben, indem er ihm die Wahrheit sagte, als ihm
schmeicheln, indem er ihm die Wahrheit verhehlte;
er wollte lieber den Kalumnien seiner Neider sich
unterwerfen und dabei seine Schuldigkeit tun, als
dem Fürsten gefallen und ihn danach verraten.«
So die P. Marteausche Broschüre. Damit stimmen
durchaus die von Besserschen Verse:
Was fordert man von dir? Verlanget man Geblüte?
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Du hast ein alt Geblüt; verlanget man Gestalt?
Du hast sie, und noch mehr, du hast auch ein Gemüte,
Das mehr zu schätzen ist als Ansehn und Gewalt.
Verlangt man Wissenschaft? In dir sind alle Künste;
Verlangt man Tugenden? Wer kennt nicht deine Treu,
Wer nicht dein edles Herz, entfernet vom Gewinste,
Wie groß, wie unverzagt, wie standhaft solches sei?2)
Nach diesem Versuch einer kurzen Charakteristik
erübrigt uns nur noch, unter Hinzufügung einiger
Züge, zu rekapitulieren, inwieweit Danckelmann in
Beziehung zu Neustadt trat.
Es ergibt sich dabei das Folgende:
1694 wurde Neustadt wie weiter oben erzählt seitens
des Kurfürsten erworben und Danckelmann zum
Amtshauptmann bestellt. Es scheint daß der Ankauf
überhaupt nur geschah, um eine neue, einträgliche
Stellung für ihn zu kreieren. Wir finden nämlich in
der dieser Skizze vorzugsweise zugrunde gelegten
Schrift von 1712 die nachstehende Stelle: »Den An-
kauf der Grafschaft Spiegelberg, womit der Kurfürst ihn begnadigen wollte, suchte D. zu hintertreiben.«
Da es eine »Grafschaft« Spiegelberg nirgends gibt,
so ist hier selbstverständlich jene Neustädter Fabrik-
und Spiegelmanufaktur-Vorstadt gemeint, die bis
diesen Tag den Namen »Spiegelberg« führt.
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Daß Danckelmann, solang ihn die Fülle seiner Ämter
– er war auch Erbpostmeister geworden – in Berlin
festhielt, oft und andauernd in Neustadt verweilt ha-
be, läßt sich nicht annehmen; andererseits ist es
unzweifelhaft, daß er mit der ihm eigenen Umsicht
alle dortigen Unternehmungen, die seit dem Aus-
scheiden des Prinzen von Hessen-Homburg (1678)
ins Stocken geraten waren, wieder in Gang brachte.
Die reichen Mittel, über die teils sein Vermögen, teils seine hohe Stellung ihm Verfügung gab, erleichterten
ihm dies. Besonders scheint er sich auch an Vollen-
dung und Ausschmückung der, wie wir wissen,
1673 begonnenen und 1686 eingeweihten Kirche
beteiligt zu haben. So find ich unter andern im Brat-
ring: »Erst 1696 wurde der innere Ausbau der Kirche
durch den Amtshauptmann von Danckelmann been-
digt.«
Schon damals mochte der Wunsch in ihm lebendig
sein, sich je eher, je lieber aus den Kabalen des Ho-
fes heraus- und an diese stille Stelle zurückzuziehen,
deren weiter Wiesengrund ihn auch landschaftlich an
die Tage seiner Jugend, an Lingen und Kleve erin-
nern durfte, und so werden wir kaum irregehen,
wenn wir ihn, in jenem letzten kurzen Zeitabschnitte,
der dem Einreichen beziehungsweise der Annahme
seiner Demission unmittelbar vorausging, bereits
innerhalb seiner Amtshauptmannschaft vermuten.
Jedenfalls erfolgte, wie schon hervorgehoben, am
10. Dezember 1697 seine Verhaftung in Neustadt.
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Von jenem 10. Dezember an, wo man Danckelmann
in Haft nahm und nach
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