Wanderungen durch die Mark Brandenburg
und nannte sich danach A-
dalbert von Rohr. Er war ein tapferer Kriegsmann,
gegen Ende seines Lebens aber verließ er Haus und
Hof und Weib und Kind und baute das Kloster Rohr, in das er nun selber eintrat. Dies war 1133. Die Kirche des damals gestifteten Klosters, zum Teil aus
Salzburger Marmor aufgeführt ist noch sehr wohler-
halten; über dem Altar befindet sich ein zweigeteiltes
Gemälde, dessen eine Hälfte den Adalbert von Rohr
darstellt, wie er im Ritterkleide das Gelübde ablegt,
die andere Hälfte, wie er, im geistlichen Ornate be-
reits, vom Bischofe die Weihen empfängt.
Die Nachkommen dieses Adalbert von Rohr waren
es, die zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts im
Brandenburgischen erschienen, nach einigen im Ge-
folge Markgraf Ludwigs von Bayern, der 1323 die
Mark in Besitz nahm, nach anderen schon um beina-
he zwanzig Jahre früher. Gleichviel, um die Mitte des
Jahrhunderts sehen wir die Familie von Rohr in der
Prignitz, und zwar in Freyenstein, Holzhausen und
Meyenburg, angesessen und etwa zur Reformations-
zeit auch im Ruppinschen. Sie besaßen hier ganz
oder teilweis: Leddin, Brunn, Trieplatz, Tramnitz,
Ganzer. Leddin war, soweit die ruppinschen Güter in
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Betracht kommen, am frühesten erworben worden,
etwa um 1400.
Eine Geschichte der Rohrs schreiben wollen hieße,
mittelbar eine Geschichte Brandenburg-Preußens
schreiben.
Bei Leuthen, Lipa, Leipzig,
An der Katzbach und an der Schlei,
Von Fehrbellin bis Sedan –
Ein Rohr war immer dabei.
Sie sind eiserner Bestand in den Ranglisten unserer
Armee, zu allen Zeiten mit einem Dutzend Lieute-
nants und Capitains vertreten. Aber auch darüber
hinaus bewährt und treu befunden, finden wir sie als Generallieutenants und Generalmajors in nicht geringer Zahl. Und wie im Heer, so in Staat und Kirche.
Um 1400 Otto von Rohr, Bischof von Havelberg;
seitdem, in langer Reihenfolge, Präsidenten und
Pröpste, Amtshauptleute und Ritterschaftsräte, ver-
schieden an Gaben und Verdienst, aber in drei Ei-
genschaften einig: gütig, tapfer, loyal.
Nicht von dem Ruhm der Familie will ich in nachstehendem erzählen, nicht von denen, die bei Prag mit-
stürmten und bei Hochkirch unter Tod und Flammen
aushielten; es entspricht dem einfach-demütigen,
alles Anspruchsvolle zurückweisenden Sinne der Fa-
milie mehr und besser, wenn ich bei Genrebildern
verweile, wie sie das Leben dreier aufeinanderfol-
gender Generationen bot. Ich wähle diese drei Gene-
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rationen aus den Trieplatzer Rohrs. Begleite mich der Leser zunächst nach Trieplatz selbst.
Trieplatz liegt eine Meile nördlich von Wusterhausen
an der Dosse. Der Weg geht über Brunn, das, wie
schon angeführt, früher ebenfalls den Rohrs zuge-
hörte, seit Ende vorigen Jahrhunderts aber in den
Besitz der Rombergs übergegangen ist.2)
Die ganze Gegend am Dosse-Ufer hin, von dem wir
uns übrigens mehr und mehr entfernen, ist wie so
viele Punkte der Mark, witwenhaft traurig und mit
keinem andern Reize ausgestattet als dem einen , den ihr ebendies Witwenkleid leiht. Wohl ist dies Kleid unter den Händen der Kultur, die hier und dort,
wie eine heitere Enkelin, ein buntes Band eingefloch-
ten hat, um seinen vollen Trauergehalt gekommen,
aber das, was vorherrscht und nach wie vor den
Charakter gibt, ist doch immer noch das monotone Grau, das selbst der Ackerscholle nicht fehlt, die daliegt, als ob Asche über ihr frisches Braun ausge-
streut worden wäre. Kein See, kein Weiher, kein
Fluß; von Zeit zu Zeit eine Gruppe graugrüner Bäu-
me, meist Pappeln und Weiden, die die Stelle andeu-
ten, wo hinter Wipfeln ein Dorf vergraben liegt.
So hinter Wipfeln vergraben liegt auch Trieplatz. Im
Näherkommen bemerken wir eine prächtige Linden-
und Kastanienallee, deren Linien sich kreuzen und
dann avenueartig auf den alten und neuen Hof des Gutes zuführen. Der alte Hof, jetzt eine bloße Meie-676
rei, war der Rittersitz des vorigen Jahrhunderts. Dort
stand das Herrenhaus, ein einfacher Fachwerkbau,
den Georg Moritz von Rohr bewohnte. Von ihm er-
zähl ich zuerst.
1. Die Stadt Abensberg, nach der sich die Grafen von Abensberg nannten, liegt in Niederbayern
und zeigt auf ihrer efeuumrankten Ringmauer
noch einige jener vierzig Türme, von denen,
der Sage nach, acht viereckige Türme zur Er-
innerung an die acht Töchter und zweiund-
dreißig Rundtürme zur Erinnerung an die
zweiunddreißig Söhne des Grafen erbaut wur-
den. Soviel über die
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