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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ringmauer. In der Kirche
    zu Abensberg existiert noch das Bild , das das
    Erscheinen des alten Grafen mit seinen zwei-
    unddreißig Söhnen vor dem Kaiser darstellt.
    Von diesem interessanten Gemälde befinden
    sich zwei Kopien in der Mark, die eine im
    Schloß Meyenburg (Prignitz) bei dem Senior
    der Familie von Rohr, die andere in Wolletz
    (Uckermark) bei dem Landschaftsrat Theo-
    bald von Rohr. (Letzterer besitzt auch eine
    Kopie des Altarbildes im Kloster Rohr, von
    dem ich weiter oben im Text erzähle.)

    2. Im Schloßpark zu Brunn, unter dunklen Tan-
    nen und fast am Rande eines stillen Weihers,
    erhebt sich ein schönes, von Drakes Hand
    herrührendes Monument das dem Obersten
    von Romberg und seinem sechzehnjährigen

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    Sohne errichtet wurde. Sandsteinstufen tra-
    gen einen Granitwürfel; auf diesem ruht ein
    halbkreisförmiger Marmor mit den Hautrelief-
    figuren der Hingeschiedenen. Der dargestellte
    Moment ist der des Wiedersehns ; beide rei-
    chen sich die Hand, und eine hohe Freude
    verklärt ihre Züge. Die Inschrift am Granit-
    würfel lautet:
    Vater und Sohn
    und
    von Romberg
    Conrad
    Anton
    geboren zu Hamm den
    geboren zu Brunn
    25. April 1783.

    den 23. Juni 1819.
    Als preußischer Oberst In seiner Blüte ge-
    gestorben zu
    storben zu Dresden
    Groß-Kamin den 20.
    den 8. Mai 1835.
    April 1833.
    3. Getreu bis in den Tod und reinen Herzens
    sind sie eingegangen und heißen sich will-
    kommen, wo die Treue ihre Kronen empfängt
    und die Reinheit Gott von Angesicht schaut. –
    Dem Gedächtnis der Verklärten gewidmet von
    der Witwe und Mutter: Amalie von Romberg,
    geborne Gräfin von Dönhoff, 1844.

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    »Der Hauptmann von Kapernaum«
    Georg Moritz von Rohr war 1713 geboren. Selbstver-
    ständlich trat er in die Armee – in welches Regiment,
    hab ich nicht erfahren können –, war bei Ausbruch
    des Siebenjährigen Krieges Hauptmann, wurd in ei-
    ner der ersten Schlachten schwer verwundet und zog
    sich, zu fernerm Kriegsdienste untauglich, auf sein
    väterliches Gut Trieplatz zurück.
    Er war ein echter Rohr, einfach von Sitten, ein
    frommer Christ, dabei von jenem verqueren Zuge,
    der auch aus den schlichtesten Naturen Originale
    schafft. Georg Moritz von Rohr war ein solches Origi-
    nal. Er gab es schon dadurch zu verstehen, daß er
    sich selber den »Hauptmann von Kapernaum« nann-
    te. Die Worte, die, der Schrift nach, der wirkliche
    Hauptmann von Kapernaum an Christum richtete:
    »Herr, ich bin nicht wert daß du unter mein Dach
    gehest«, entsprachen ganz seinem eignen demütigen
    Herzen, aber über all dies hinaus reizte ihn, seiner
    ganzen Natur nach, auch wohl das Scherzhafte, das
    in der selbstgewählten Bezeichnung eines »Haupt-
    manns von Kapernaum« lag.
    Kein Zweifel, seine Popularität zog Nahrung aus die-
    sem Namen, was ihn indes in der ganzen Gegend am
    populärsten machte, das waren doch seine vielen
    Brautwerbungen, die nicht abrissen und ihn befähig-
    ten, es bis auf vier Frauen zu bringen.1) Dies allein
    schon würde genügt haben, alle Zungen der Graf-
    schaft über ihn in Bewegung zu setzen, unser
    Hauptmann von Kapernaum aber wußte nebenher

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    noch dem immer wiederkehrenden Begräbnis- und
    Freiwerbungszeremoniell so viel eigentümlichen Bei-
    satz zu geben, daß auch die jedem Klatschbasentum
    abgeneigtesten Kreise notwendig Notiz davon neh-
    men mußten. An dem jedesmaligen Begräbnistage
    ließ er singen: » Lobe den Herrn, meine Seele«, hielt in Promptheit und Treue das Trauerjahr und sprach
    dann mit einem gewissen humoristischen Trotze:
    »Nimmt Gott, so nehm ich wieder.« War aber dies
    Wort erst mal gesprochen, so begannen auch, vom
    nächsten Tag an, seine Freiwerbungen aufs neue, bei
    denen er ebenso konsequent und systematisch ver-
    fuhr wie bei dem vorgeschilderten Funeralzeremo-
    niell.
    Und auch bei diesen Freiwerbungen ist näher zu
    verweilen. Georg Moritz von Rohr hatte nämlich drei
    nicht mehr junge Cousinen, die zu Tornow lebten
    und die Namen führten: Henriette, Jeannette und
    Babette von Bruhn. Im Trieplatzer Herrenhause, wo
    sie bloß als eine dreigegliederte Einheit galten, lief
    ihr Unterschied auf einen einzigen Buchstaben hin-
    aus: Jettchen, Nettchen und Bettchen. Namentlich
    die beiden letzteren von anheimelndem Klang.
    Es war jedoch nicht dieser anheimelnde Klang, son-
    dern lediglich eine donquixotisch-ritterliche Vorstel-
    lung von pflichtschuldiger Cousingalanterie, was un-
    sern Hauptmann immer wieder veranlaßte, nach

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