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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ruppinschen sah, unterließ er nie, sich nach
    Tante Fiekchen zu erkundigen.
    Das Tramnitzer Haus umschließt manche alte Erzäh-
    lung, manche anekdotische Überlieferung.
    Unter den Familienbildern, die dichtgedrängt an den
    Wänden hängen, ist eines, das aus den sechziger
    Jahren des vorigen Jahrhunderts stammt und der
    Tradition nach von Philipp Hackert herrührt. Es heißt:
    ausnahmsweise (was auch zutreffen würde) hab er hier ein Portrait gemalt. Das Bild stellt ein Fräulein
    von Rohr als junges, kaum erwachsenes Mädchen in
    dem Rokokokostüm jener Tage dar. Hackert soll sie geliebt haben. Wer will es heute noch feststellen!
    Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt übrigens eine
    Verwechselung der beiden Brüder Philipp und Wil-
    helm Hackert vor. Philipp, der weitaus berühmtere,
    war Landschafter, Wilhelm Portraitmaler. Woraus
    sich auch das Vorhandensein eines Hackertschen
    Portraits an diesem Ort, aber von dem unberühmteren Bruder herrührend, am einfachsten erklären
    würde.
    Der interessanteste Punkt, den Tramnitz aufzuweisen
    hat, ist der »alte Kirchhof«. Er liegt mitten im Dorfe, von der sich hier teilenden Straße rechts und links
    umfaßt und macht außen und innen den Eindruck

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    eines verwilderten Parks. Eichen, Linden, Akazien
    wachsen hoch auf, dazwischen Fliederbüsche, halb
    Strauchwerk, halb Unterholz, alles umschlungen und
    durchdrungen von Blumen und Unkraut, von Efeu
    und Hagebuttengestrüpp. Eine vollkommene Wildnis.
    Die Stelle, wo die alte Kirche stand, ist kaum noch
    wahrzunehmen, seitdem Moos und Farnkräuter über
    die Fundamente hinweggewachsen sind. Nur zwei
    Denkmäler, freilich auch sie halb versteckt, mahnen noch daran, daß hier einst begraben wurde. Das eine
    – ein Obelisk , der »dem teuren Andenken der besten Gattin und Tochter, Frau Margarete von Rohr, gebornen Freiin zu Putlitz«, errichtet wurde – trägt folgen-
    de Inschrift:
    Sie ließ der Welt vergänglich Glück,
    Ließ Schmerz und Elend hier zurück,
    Drang, ewig frei von aller Not,
    Ins Freudenleben durch den Tod.
    Wann einst von uns, in Gott vereint,
    Der letzte auch hat ausgeweint,
    Dann wird ein frohes Wiedersehn
    Auf ewig unser Glück erhöhn.
    Das andere Denkmal, um zehn Jahre älter, stellt den
    bekannten trauernden Knaben dar, der sich an eine
    Aschenurne lehnt. »Kindliche Ehrfurcht widmet dies
    Andenken.« Einer Inschrift am Sockel entnehmen
    wir, wem und wann es errichtet wurde: Hans Alb-
    recht Friedrich von Rohr, königlich preußischer O-
    berst, geboren den 3. August 1703, gestorben den
    6. Dezember 1784.

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    Dieser Hans Albrecht Friedrich von B. stand in Mag-
    deburg, machte sämtliche Campagnen unter Fried-
    rich II. mit und nahm 1760 den Abschied. Während
    seiner Garnisontage zu Magdeburg, unmittelbar vor
    Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, trat er – so-
    weit die Verhältnisse dies gestatteten – in Beziehun-
    gen zum Freiherrn von der Trenck, der ihm eine in
    seiner Gefangenschaft selbst gefertigte Tabaksdose
    von Kokosnuß und Perlmutter zum Geschenk mach-
    te. Die Seitenwände zeigen Cupido mit Pfeil und Kö-

cher, der nach einem Herzen schießt, dazu die Um-
    schrift:
    Du hast mich nicht getroffen,
    Was hat mein Herz von dir zu hoffen?
    (Etwas dunkel.) Oben auf dem Deckel ein Adler, der
    mit der Klaue das Rohrsche Wappen hält. All dies
    hatte Trenck mit einem eisernen Nagel gearbeitet,
    da er kein Handwerkszeug besaß. – Die Dose exis-
    tiert noch im Herrenhause zu Tramnitz.
    Der »alte Kirchhof«, umspielt von Kindern, über-
    wachsen von Gesträuch, ist, wie schon angedeutet,
    das Poetischste, was Tramnitz aufzuweisen hat. Der
    neue Friedhof, draußen am Rande des Dorfes, reicht an diesen alten nicht heran, und auch die hart
    daneben gelegene »neue Kirche« kann poetisch nicht retten und helfen. Hat sie doch selber keinen Überschuß davon. Sie stammt aus der »armen Zeit«, will
    sagen aus den zwischen 1806 und 1815 liegenden
    Jahren (auch die Jahre, die folgten, waren nicht viel

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    besser), und gleicht einer Fachwerkscheune, der
    man ein halbes Dutzend Fenster gegeben hat. Viel-
    leicht, daß ich gar nicht dazu gekommen wäre, sie zu
    sehn, wenn ich nicht in Erfahrung gebracht hätte,
    daß hier, hinterm Altar, eine Fahne aufbewahrt wür-
    de, die von irgendeinem Tramnitzer Rohr entweder
    den Schweden bei Fehrbellin oder den Österreichern
    bei Hohenfriedberg abgenommen worden sei. Und
    wirklich, da war sie, hinterm Altar, alles wie erzählt.
    Ich rollte denn

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