Wanderungen durch die Mark Brandenburg
des Ganzen sind: drei-
undzwanzig Fuß Höhe bei dreizehn Fuß Länge und
776
sechs Fuß Breite. Der Sarg, in Form einer Langkiste
mit zugeschrägtem Deckel, hat seine natürliche Grö-
ße; zu Häupten ruht eine vergoldete Krone; an den
vier Ecken wachsen vier Lotosblumen empor. Die
Inschriften am Kopf- und Fußende lauten wie folgt:
»Dem Andenken der Königin Luise Auguste Wilhel-
mine Amalie von Preußen.« – »Geboren den
10. März 1776, gestorben den 19. Julius 1810.
Nachts den 25. Julius stand ihre Leiche hier.« Die
Inschriften zu beiden Seiten des Sockels sind folgen-
de. Links: »An dieser Stelle sahen wir jauchzend ihr entgegen, wenn sie , die Herrliche, in milder Hoheit Glanz mit Engelfreudigkeit vorüberzog.« Rechts: »An dieser Stelle hier, ach, flossen unsre Tränen, als wir
dem stummen Zuge betäubt entgegensahen;
o Jammer, sie ist hin.«
Die weiteren Inschriften, die der Gesamtbau trägt,
befinden sich teils am Fundament , teils an der Innenseite jener großen Eisenplatten, die das Schrägdach des Baldachins bilden. Am Fundament steht:
»Von den Bewohnern der Stadt Gransee, der Graf-
schaft Ruppin und der Prignitz.« Die großen Eisen-
platten enthalten nur ein Namensverzeichnis, und
zwar die Namen derjenigen, die sich um die Errich-
tung dieses Denkmals besonders verdient gemacht
haben. Es sind: Joh. Friedrich Klagemann, Burge-
meister; Karl Heinrich Borstell, Kämmerer; Karl Wil-
helm Metzenthin, E. Gottfried Koch, Joh. Andreas
Werdermann, Johann Jakob Scheel, Ratsmänner;
Johann Jakob Gentz, Vorsteher der Stadtverordne-
ten; Friedrich Christian Ludwig Emil von Zieten auf
777
Wustrau, Landrat; Karl Friedrich Schinkel, Baumeis-
ter.
Am 19. Oktober 1811 wurde das Monument im Bei-
sein des damals zehnjährigen Prinzen Karl von Preu-
ßen enthüllt. Sooft der König später, bei Gelegenheit
seiner Besuchsreisen nach Neustrelitz, Gransee pas-
sierte, ließ er den Wagen an dieser Stelle halten. Am
Abend des 19. Juli 1860, also am funfzigjährigen
Todestage der Vollendeten, wurde, bei Fackelschein
und unter dem Geläut aller Glocken, eine liturgische
Andacht an ebendiesem Denkmal abgehalten. Nicht
nur Stadtbewohner, auch Angehörige des Kreises
waren in großer Zahl erschienen.
Und wie Gransee durch jenes Denkmal sich selber
ehrte, so glänzt auch sein Name seitdem in jenem
poetischen Schimmer, den alles empfängt, was frü-
her oder später in irgendeine Beziehung zu der
leuchtend-liebenswürdigen Erscheinung dieser Köni-
gin trat. Die moderne Historie weist kein ähnliches
Beispiel von Reinheit, Glanz und schuldlosem Dulden
auf, und wir müssen bis in die Tage des früheren
Mittelalters zurückgehn, um Erscheinungen von glei-
cher Lieblichkeit (und dann immer nur innerhalb der
Kirche ) zu begegnen. Königin Luise dagegen stand inmitten des Lebens , ohne daß das Leben einen
Schatten auf sie geworfen hätte. Wohl hat sich die
Verleumdung auch an ihr versucht, aber der böse Hauch vermochte den Spiegel nicht auf die Dauer zu
trüben. Mehr als von der Verleumdung ihrer Feinde hat sie von der Phrasenhaftigkeit ihrer Verherrlicher
zu leiden gehabt. Sie starb nicht am »Unglück ihres 778
Vaterlandes«, das sie freilich bitter genug empfand.
Übertreibungen, die dem einzelnen seine Gefühlswe-
ge vorschreiben wollen, reizen nur zum Widerspruch.
Das Luisen-Denkmal zu Gransee hält das rechte
Maß: es spricht nur für sich und die Stadt und ist
rein persönlich in dem Ausdruck seiner Trauer. Und
deshalb rührt es.
Gentzrode
Einst war eine Zeit, da war nur eines,
Da war nicht Steig, den Fuß zu stellen,
Da war nicht Haus, das Haupt zu ruhen;...
»Ist mein dies alles? Bin ich hier der Meister?«
So rief er, erwartend, ob's einer ihm wehrte.
1. Von der Gründung Gentzrodes
1855 bis zum Tode von Johann
Christian Gentz 1867
Im Winter 1888 auf 1889 war es, daß unsre Zeitun-
gen, bei Gelegenheit einer in Berlin stattfindenden
» Großen Weinausstellung «, eine kurze Notiz über ein den »Delegierten zur Ausstellung« gegebenes Fest
779
brachten, welches Fest mit einem Jagdausfluge nach
dem Rittergute Gentzrode, halben Wegs zwischen
Ruppin und Rheinsberg, abgeschlossen habe. Und in
der Tat, seitens des Herrn F. W. Nordenholz, ehema-
ligen bremensischen Konsuls in Argentinien, waren
die Weindelegierten, darunter eine große Zahl portu-
giesischer Gäste, nach dem oben genannten Ritter-
gute hin eingeladen worden, in der
Weitere Kostenlose Bücher