Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ragte
mutmaßlich um Haupteslänge über den »Magistrat«
hinaus. Um einen Kopf größer sein ist aber an und
für sich schon ein Verbrechen, und es zeigen , ein doppeltes. Seine von ihm selbst verfaßte Grabschrift
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gibt uns, ungewollt, zugleich ein Lebens- und Cha-
rakterbild:
Memoria
Ernesti Germershausen, Gransoviensium praesulis,
Cui Magdeburgum vitam, Hamburgum fortunam,
Maria Germanicum, Atlanticum, Gaditanum, Ligusti-
cum,
Tyrrhenum experientiam,
Urbes Olysippum, Gades, Malaga, Alicante, Genua,
Livorno, Pisa, Florentia et ipsa
Roma prudentiam,
Lichterfelda et Gransoviense territorium
Honores conciliaverunt.
Quibus cum (33) annos et quod excurrit praefuisset,
Placide obiit die (6 Decembris Anni MDCCXXXII).
Cujus anima requiescat in pace.
Zum Gedächtnis
von Ernst Germershausen, Inspektor zu Gransee,
Dem Magdeburg das Dasein, Hamburg Vermögen,
Das Deutsche, Atlantische, Spanische Meer,
Das Tyrrhenische und auch das Ligurische Erfahrung,
Die Städte Lissabon, Cádiz, Malaga, Alicante, Genua,
Livorno, Pisa, Florenz und selbst
Rom Weisheit,
Die Bezirke von Lichterfelde und Gransee aber
Amt und Würde gaben,
Starb, nachdem er sie 33 Jahre und darüber verwal-
tet, sanft
Den 6. Dezember 1732.
In Frieden ruhe seine Seele.
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Von der Marienkirche fort wenden wir uns jetzt der
andern Sehenswürdigkeit der Stadt zu. Es ist:
Das Luisen-Denkmal
O welche Reise!
Wie traurig leise
Durchzogen wir der schwarzen Fichten Nacht.
Es fielen unsre Tränen in den Sand;
Sie gab einst Schönheit diesem Land.
Achim von Arnim
Eh ich das Denkmal selbst beschreibe, geh ich die
Situation .
Am 19. Juli 1810, neun Uhr früh, war die Königin zu
Hohenzieritz gestorben. Die Leiche verblieb daselbst
noch sechs Tage. Am 24. wurde sie in Silberstoff
gekleidet und in einem schwarz drapierten Zimmer in
Parade ausgestellt. Am 25., in glühender Sonnenhit-
ze, begann die Überführung; Gransee sollte an die-
sem Tage noch erreicht werden. So war der Zug:
Oberstallmeister von Jagow und Schloßhauptmann
von Buch;
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herzoglich mecklenburgisches Forstpersonal;
Détachement erneut mecklenburgischer Kavallerie;
mecklenburgischer Hofstaat samt den strelitzischen
Ministern;
der Herzog Karl von Mecklenburg (jüngster Bruder
der Königin) und der Oberhofmeister Baron von
Schilden;
der auf Federn ruhende, an den inneren Seiten mit
Polstern versehene Leichenwagen;
die Oberhofmeisterin Gräfin von Voß;
zwei preußische Kammerherren;
die Kammerfrauen der Königin;
Détachement mecklenburgischer Kavallerie.
An der preußischen Grenze, bei Fischerwall, dort, wo
jetzt am Rande des Waldes ein einfacher Deckstein
steht, wurde der Trauerzug von der Leib-Eskadron
des Regiments Garde du Corps, von dem Landrat des
Ruppiner Kreises, späterem Grafen von Zieten, und
einer Deputation der Ritterschaft erwartet. In allen
Ortschaften, welche von dem Zuge berührt wurden,
wie auch in allen denen, welche bis auf eine Meile
von der Landstraße entfernt lagen, wurde mit allen
Glocken geläutet. So schritt man auf Gransee zu.
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Hier war bereits vorher, von Berlin aus, ein gotisch
verziertes, mit schwarzem Tuch bekleidetes Langzelt
eingetroffen, das man mit Hülfe von Vorhängen in
drei Abteilungen geteilt hatte. In der vordersten
standen die Wachtposten der Garde du Corps, in der
zweiten der Leichenwagen; in der dritten befanden
sich die Personen des Hofes.
An der Stadtgrenze von Gransee, bei der sogenann-
ten Baumbrücke, wurde der Zug von den städtischen
Behörden empfangen und auf jenen oblongen Platz
geleitet, der jetzt den Namen » Luisen-Platz « führt.
Die Stelle, wo der Leichenwagen inmitten des Zeltes
stand, ist bis heute durch ein paar eiserne Fackelhal-
ter (hart links neben der Straße) markiert. Am
26. Juli früh setzte sich der Kondukt, auf Oranien-
burg zu, wieder in Bewegung; am 27. traf er in Ber-
lin ein.
Zur Erinnerung an die Nacht vom 25. auf den 26.
wurde, seitens der Stadt Gransee wie des Ruppiner
Kreises, das » Luisen-Denkmal « errichtet. Es ist von Eisen; einzelnes vergoldet. Schinkel entwarf die
Zeichnung; die Berliner Königliche Eisengießerei
führte sie aus.
Dies Denkmal nun, dessen Beschreibung wir uns in
nachstehendem zuwenden, besteht aus einem Fun-
dament und einem sockelartigen Aufbau von Stein,
auf dem ein Sarg ruht. Über diesem Sarg, in Form eines Tabernakels, erhebt sich ein säulengetragener
Baldachin. Die Verhältnisse
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