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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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ragte
    mutmaßlich um Haupteslänge über den »Magistrat«
    hinaus. Um einen Kopf größer sein ist aber an und
    für sich schon ein Verbrechen, und es zeigen , ein doppeltes. Seine von ihm selbst verfaßte Grabschrift

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    gibt uns, ungewollt, zugleich ein Lebens- und Cha-
    rakterbild:
    Memoria
    Ernesti Germershausen, Gransoviensium praesulis,
    Cui Magdeburgum vitam, Hamburgum fortunam,
    Maria Germanicum, Atlanticum, Gaditanum, Ligusti-
    cum,
    Tyrrhenum experientiam,
    Urbes Olysippum, Gades, Malaga, Alicante, Genua,
    Livorno, Pisa, Florentia et ipsa
    Roma prudentiam,
    Lichterfelda et Gransoviense territorium
    Honores conciliaverunt.
    Quibus cum (33) annos et quod excurrit praefuisset,
    Placide obiit die (6 Decembris Anni MDCCXXXII).
    Cujus anima requiescat in pace.
    Zum Gedächtnis
    von Ernst Germershausen, Inspektor zu Gransee,
    Dem Magdeburg das Dasein, Hamburg Vermögen,
    Das Deutsche, Atlantische, Spanische Meer,
    Das Tyrrhenische und auch das Ligurische Erfahrung,
    Die Städte Lissabon, Cádiz, Malaga, Alicante, Genua,
    Livorno, Pisa, Florenz und selbst
    Rom Weisheit,
    Die Bezirke von Lichterfelde und Gransee aber
    Amt und Würde gaben,
    Starb, nachdem er sie 33 Jahre und darüber verwal-
    tet, sanft
    Den 6. Dezember 1732.
    In Frieden ruhe seine Seele.

    773
    Von der Marienkirche fort wenden wir uns jetzt der
    andern Sehenswürdigkeit der Stadt zu. Es ist:

    Das Luisen-Denkmal

    O welche Reise!
    Wie traurig leise
    Durchzogen wir der schwarzen Fichten Nacht.
    Es fielen unsre Tränen in den Sand;
    Sie gab einst Schönheit diesem Land.
    Achim von Arnim

    Eh ich das Denkmal selbst beschreibe, geh ich die
    Situation .
    Am 19. Juli 1810, neun Uhr früh, war die Königin zu
    Hohenzieritz gestorben. Die Leiche verblieb daselbst
    noch sechs Tage. Am 24. wurde sie in Silberstoff
    gekleidet und in einem schwarz drapierten Zimmer in
    Parade ausgestellt. Am 25., in glühender Sonnenhit-
    ze, begann die Überführung; Gransee sollte an die-
    sem Tage noch erreicht werden. So war der Zug:
    Oberstallmeister von Jagow und Schloßhauptmann
    von Buch;

    774
    herzoglich mecklenburgisches Forstpersonal;
    Détachement erneut mecklenburgischer Kavallerie;
    mecklenburgischer Hofstaat samt den strelitzischen
    Ministern;
    der Herzog Karl von Mecklenburg (jüngster Bruder
    der Königin) und der Oberhofmeister Baron von
    Schilden;
    der auf Federn ruhende, an den inneren Seiten mit
    Polstern versehene Leichenwagen;
    die Oberhofmeisterin Gräfin von Voß;
    zwei preußische Kammerherren;
    die Kammerfrauen der Königin;
    Détachement mecklenburgischer Kavallerie.
    An der preußischen Grenze, bei Fischerwall, dort, wo
    jetzt am Rande des Waldes ein einfacher Deckstein
    steht, wurde der Trauerzug von der Leib-Eskadron
    des Regiments Garde du Corps, von dem Landrat des
    Ruppiner Kreises, späterem Grafen von Zieten, und
    einer Deputation der Ritterschaft erwartet. In allen
    Ortschaften, welche von dem Zuge berührt wurden,
    wie auch in allen denen, welche bis auf eine Meile
    von der Landstraße entfernt lagen, wurde mit allen
    Glocken geläutet. So schritt man auf Gransee zu.

    775
    Hier war bereits vorher, von Berlin aus, ein gotisch
    verziertes, mit schwarzem Tuch bekleidetes Langzelt
    eingetroffen, das man mit Hülfe von Vorhängen in
    drei Abteilungen geteilt hatte. In der vordersten
    standen die Wachtposten der Garde du Corps, in der
    zweiten der Leichenwagen; in der dritten befanden
    sich die Personen des Hofes.
    An der Stadtgrenze von Gransee, bei der sogenann-
    ten Baumbrücke, wurde der Zug von den städtischen
    Behörden empfangen und auf jenen oblongen Platz
    geleitet, der jetzt den Namen » Luisen-Platz « führt.
    Die Stelle, wo der Leichenwagen inmitten des Zeltes
    stand, ist bis heute durch ein paar eiserne Fackelhal-
    ter (hart links neben der Straße) markiert. Am
    26. Juli früh setzte sich der Kondukt, auf Oranien-
    burg zu, wieder in Bewegung; am 27. traf er in Ber-
    lin ein.
    Zur Erinnerung an die Nacht vom 25. auf den 26.
    wurde, seitens der Stadt Gransee wie des Ruppiner
    Kreises, das » Luisen-Denkmal « errichtet. Es ist von Eisen; einzelnes vergoldet. Schinkel entwarf die
    Zeichnung; die Berliner Königliche Eisengießerei
    führte sie aus.
    Dies Denkmal nun, dessen Beschreibung wir uns in
    nachstehendem zuwenden, besteht aus einem Fun-
    dament und einem sockelartigen Aufbau von Stein,
    auf dem ein Sarg ruht. Über diesem Sarg, in Form eines Tabernakels, erhebt sich ein säulengetragener
    Baldachin. Die Verhältnisse

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