Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
vor, worin sie sich
    auch nicht getäuscht sahen. Eine nicht unbeträchtli-
    che Summe floß ihnen aus der Realisierung des ü-
    berreich ausgestatteten Inventars zu, welcher Inven-
    tar-Realisierung im Juli 1882, also nach kaum zehn-
    monatlichem Besitz, der Wiederverkauf von Gentzro-
    de selbst folgte. Die Kaufsumme war auf
    270 000 Mark gestiegen. Der diesmalige Käufer des
    Gutes war der zu Halle a. S. lebende Herr
    A. Wernicke, Fabrikant für Maschinen landwirtschaft-
    lichen Betriebs, insonderheit für Zuckerfabriken. Es
    ist wahrscheinlich, daß sein Plan dahin ging, Gentz-
    rode ganz auf Zuckerfabrikation hin umzugestalten.
    Er mußte sich aber bald von der Unmöglichkeit über-
    zeugen – die Maschinen standen ihm zur Verfügung,
    aber der alte Dünensand der Kahlenberge, wieviel
    man auch aus ihm gemacht hatte, war doch kein
    Rübenland geworden. A. Wernicke hielt im übrigen
    das Gut in gutem Stande, war aber schließlich doch
    froh, es nach fünfjährigem Besitz, gegen Austausch,

    839
    wieder veräußern zu können. Er übernahm das in der
    Provinz Posen gelegene Gut Konooko und trat dafür
    Gentzrode an den Besitzer obengenannten polni-
    schen Gutes, Herrn Paul Hoepffner, ab. Konooko war
    bei diesem Tausch auf 500 000 Mark, Gentzrode auf
    300 000 Mark berechnet worden, so daß Herr Paul
    Hoepffner noch einen Zuschlag von 200 000 Mark
    empfing.
    Dies war im Januar 1887. Schon im Juni 1888 ent-
    äußerte sich Herr Paul Hoepffner seines Gentzroder
    Besitzes wieder und verkaufte denselben, und zwar
    für die Summe von 300 000 Mark, an den früheren
    bremensischen Konsul in Argentinien, Herrn
    F. W. Nordenholz. Dieser gedenkt das Gut zu halten
    und in dem Geiste weiterzuführen, der es vor grad
    einem Menschenalter ins Leben rief. Es soll aufhören,
    ein Spekulationsobjekt zu sein, sondern umgekehrt
    wieder ein Gegenstand des Pflanzens, der Passion,
    des landwirtschaftlichen Versuchs werden. Alles wie dereinst unter den Begründern, Gentz Vater und
    Sohn. Konsul Nordenholz will hier leben, nicht er-
    werben, er will entstehn sehn und sich des Entste-
    henden freun.

    Und nun noch ein Schlußwort.
    Der Reiz, den diese Gentzroder Schöpfung von An-
    fang hatte, wird ihr noch auf lange hin verbleiben,
    der Reiz, daß hier alles erst im Werden ist. Unsre Teilnahme haftet am Unfertigen . »Was wird sich be-840
    währen, was nicht?«, »wie wird sich's entwickeln?«
    Das sind die Fragen, die, von alters her, uns an Men-
    schen und Dingen am meisten interessiert haben.
    Die ganze landwirtschaftliche Welt unsrer Provinz
    verkehrt in Gentzrode oder fährt hier vor, um den in
    einen Eichwald umgewandelten Dünensand nach Art
    eines »interessanten Falls« zu studieren. Und vieles
    in der Tat ist hier zu lernen, auch seitens derer, die
    hier anderen Fragen nachsinnen als denen der Agri-
    kultur. Eine neue Macht hat sich hier etabliert: das
    intelligente, dem Mittelalterlichen ab-, dem Fort-
    schrittlichen zugewandte Bürgertum, das, aus Über-
    lieferung und Vorurteil gelöst um dieser Welt willen lebt und das Glück im Besitz und in der Verklärung
    des Diesseitigen sucht.
    Ob es erreicht werden wird? Es wird bejaht und
    bestritten. Aber wie immer auch die Antwort auf die-
    se Frage lauten möge, wir haben uns zunächst einer
    natürlich fortschreitenden Entwicklung alles Leben-
    den um uns her zu freun, ungetrübt durch die Be-
    trachtung, ob diese Fortentwicklung ein Schritt auf-
    wärts zu höherem Dasein oder ein Schritt abwärts zu
    Tod und Auflösung ist. Das Wachsende, gut oder
    nicht gut, tritt an die Stelle des Fallenden, um über
    kurz oder lang selber ein Fallendes zu sein. Das ist
    ewiges Gesetz.

    841

    Zweiter Teil:
    Das Oderland
    Vorwort zur dritten Auflage
    Die neue (dritte) Auflage von »Oderland« hat mir
    erwünschte Gelegenheit geboten, auch diesem Ban-
    de, wie Band I, eine seinem Titel in größerer Genau-
    igkeit entsprechende Gestalt zu geben. Es wurden
    alle Kapitel – bis auf eines: »Schloß Kossenblatt«1) –, die sich aus benachbarten Landesteilen hier eingedrängt hatten, ausgeschieden und durch andre, die
    dem Oderlande beziehungsweise dem Lande Barnim-
    Lebus ihrem Stoffe nach angehören, ersetzt. Es sind
    dies namentlich die Kapitel: »Gusow«, »Küstrin«,
    »Prenden«.
    Und auch diesmal wieder hat diese strenger durchge-
    führte lokale Begrenzung einige Vorteile mit sich ge-
    bracht oder wenigstens nicht ausgeschlossen, und
    wie Band I es mir gestattete, die Tage des

Weitere Kostenlose Bücher