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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Ruppin, wie
    die Mehrzahl der märkischen Städte, seine Fehden
    mit dem umwohnenden Adel, Fehden, zu denen sich
    von Zeit zu Zeit auch innere städtische Streitigkeiten
    und sogar Volksausbrüche gegen das Gebaren der
    niederen Geistlichkeit gesellten.

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    In den Kämpfen zwischen der Stadt und dem Land-
    adel spielte die sogenannte »Kuhburg«1) eine Rolle.
    Sie stand auf den Kahlenbergen, eine Meile nördlich
    von der Stadt, auf dem Wege nach Rheinsberg, und
    diente zunächst als »Luginsland«. Rückten die Feinde
    an, so gab der Wächter sein Zeichen, und die Bür-
    ger, die gemeinhin als Besatzung in diesem Turme
    lagen, brachen nun mit ihren Knechten und Reisigen
    hervor, teils um das Vieh zu retten, teils um dem
    Angriff zu begegnen. Zu nachhaltigen Unternehmun-
    gen kam es selten, besonders nachdem beide Partei-
    en die Nutzlosigkeit einer ernsteren Kriegführung
    erprobt hatten. Die Adligen, nach vielfach gescheiter-
    ten Versuchen, waren ebenso abgeneigt, die wohl-
    verwahrte Stadt2) anzugreifen, als die Bürger eine
    Scheu hatten, sich an der Einnahme unzugänglicher
    »Sumpfburgen« zu versuchen. Die immer bedrohte
    Sicherheit hatte auf beiden Seiten zu einem ausge-
    bildeten Defensiv system geführt, und während jetzt der Grundsatz gilt: »daß der Angriff stärker sei als
    die Verteidigung«, galt damals das Umgekehrte. So
    begnügte man sich mit Überfällen, bei denen die
    Bürger insoweit den kürzeren zogen, als ihr Handel
    und Wandel ein größeres und bequemeres Angriffs-
    objekt bot. 1365 und 1386 werden in einem Ruppi-
    ner Schloßregister die gefürchtetsten Feinde aus der
    Umgegend genannt. Es sind: Tacke de Wontz, Rein-
    ecke von Garz, Wedego von Walsleben, Lüdecke von
    Winterfeldt, Claus von Winterfeldt und Hans von Lü-
    deritz. Die drei erstgenannten Familien sind ausge-
    storben.

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    Es kamen selbstverständlich auch »stillere Zeiten«.
    Aber wenn in diesen die Fehde ruhte, so ruhte doch
    selten der Groll im Herzen, und allerorten, wo Adel
    und Bürger bei Wein und Bier, bei Spiel und Festlich-
    keit zusammenkamen, war immer Gefahr vorhan-
    den, die alte Fehde neu ausbrechen zu sehen. Die
    bitterste der Art, die lange nachwirkte, fiel in die
    zweite Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Es ver-
    hielt sich damit wie folgt.
    In einem Wirtshause Ruppins saßen Adlige und Bür-
    ger beieinander; man trank, man schwatzte, aus
    dem Schwatzen wurde Streit, ein Adliger zog seine
    Waffe und stach einen der Bürger nieder. Die Tat
    wurde ruchbar auf der Stelle, und die Stadt, die da-
    mals noch ihre eigene Gerichtsbarkeit hatte, ließ den
    Übeltäter greifen, gefangensetzen und verurteilte ihn
    zum Tode durch das Schwert. Als das Urteil und die
    zur Vollziehung festgesetzte Zeit unter dem Adel der
    Umgegend bekannt wurde, versammelten sich die
    Edelleute dicht vor dem Tore in der Nähe der Richt-
    stätte, um ihren Standesgenossen zu befreien. Der
    Rat jedoch, der davon Kunde erhielt, traf seine Maß-
    regeln. Er hielt das Außentor verschlossen und ließ
    dem Verurteilten zwischen dem Außen- und Innento-
    re (»nahe bei dem ersteren, damit die Ritter es hö-
    ren könnten«) den Kopf abschlagen. Dann wurde das
    Außentor geöffnet, und die Edelleute durften den
    Leichnam ihres gerichteten Standesgenossen zur
    Bestattung mit sich nehmen. Der Adel klagte bei
    dem Markgrafen, wahrscheinlich bei Albrecht Achill,
    und der Stadt, der in diesem Falle trotz ihrer eigenen
    Gerichtsbarkeit die Pflicht obgelegen hätte, eine hö-

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    here Instanz anzurufen – wurde als Strafe auferlegt:
    hinfort keinen freien Adler mehr im Wappen zu führen, sondern einen verkappten . Noch bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts deutete ein eisernes Kreuz
    zwischen Außen- und Innentor die Stelle an, wo die
    Stadt, über ihr Recht hinaus, einen ihrem Gericht
    nicht unterstellten Adligen vom Leben zum Tode ge-
    bracht hatte.
    Ob der »verkappte Adler« den Ruppinern ein beson-
    deres Herzeleid angetan, stehe dahin, jedenfalls aber
    sahen sie sich von härteren und fühlbareren Folgen
    betroffen, als sie, bei anderer Gelegenheit, ebenfalls
    ihren Rechtseifer nicht gezügelt und an einem Geist-
    lichen, an dem Diakonus Jakob Schildicke, eine »ra-
    sche Justiz« geübt hatten. Die Sache war die:
    In der Stadt Ruppin, wie in der Umgegend, waren
    seit einiger Zeit Diebstähle aller Art verübt worden;
    Geld, Tuch, goldene und silberne Geräte wurden so-
    wohl aus Privathäusern wie aus Kirchen entwendet.
    Verdacht

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