Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Universitätsstädte eintrat, genoß vorüberge-
hend die Ehren eines literarischen Tribunals. Erst der
Dreißigjährige Krieg machte dem allem ein Ende.
Einzelnes aus jener Unglücksepoche geh ich später,
namentlich in dem Kapitel »Gottberg«.
1. Diese »Kuhburg« existierte noch im Anfange
des vorigen Jahrhunderts; später wurde sie
abgetragen und ihr Mauerwerk bei Aufführung
des Ruppiner Rathauses mit verwandt. Sol-
cher »Kuhburgen« (das heißt Burgen oder
Türme zum Schutz der Viehherden, besonders
der Kühe ) gab es damals viele in der Mark,
und noch heute lassen sich einzelne derselben
nachweisen. Sie sollten vor Gefahr schützen,
aber vor allem sie rechtzeitig erkennen las-
sen. Deshalb lagen diese Warten in der Regel
so hoch wie möglich; am vorteilhaftesten war
der »Luginsland« bei Gransee gelegen. (Die
zwei oder drei einzeln stehenden Türme, de-
nen man noch jetzt auf dem Wege nach
Rheinsberg begegnet und die gelegentlich
auch wohl als solche »Warten« angesehen
worden sind, sind aus verhältnismäßig neuer
Zeit und dienten als Fanaltürme, als nächtli-
che Wegweiser, wenn Kronprinz Friedrich in
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raschem Ritt von Ruppin nach Rheinsberg zu-
rückkehrte.)
2. Alle Städte der Grafschaft: Ruppin, Gransee,
Wusterhausen, Rheinsberg, waren außeror-
dentlich fest. Was Ruppin angeht, so zogen
sich dreifache Wälle – die an der Nordwestsei-
te bis diese Stunde wohlerhalten sind und ei-
ne besondere Zierde der Stadt bilden – um
die hohe Mauer herum, die von fünfundzwan-
zig Wachthäusern besetzt war. An Gewappne-
ten war kein Mangel. Die Stadt hatte acht
Hauptleute und neben einer Art Miliz auch
noch eine Anzahl berittener Knechte, die mit
Handbüchsen, Panzern, Kasketts und Seiten-
gewehren bewaffnet waren. Die Bürger waren
durchgängig zum Kriegsdienst verpflichtet
und mit Armbrüsten, Spießen und Lanzen
bewaffnet. Eigentliche Söldner oder
Lanzknechte kommen vor 1520 in den Käm-
mereiregistern nicht vor. Die Kriegsgerät-
schaften wurden ohne Ausnahme in Ruppin
verfertigt. Die Stadt hatte ihren Schwertfeger
oder » Armbostyrer « (auch Harnswischer oder
Harnsputzer genannt), ihren » Pulvermeker «,
der das Büssen-Krut und Büssen-Lodt (Pulver
und Blei) herzustellen hatte, endlich ihren
Büchsenmeister , der die »groten und kleinen
Büssen« (Kanonen und Gewehre) gießen und
instand halten mußte. Zu jedem der fünfund-
zwanzig Wachthäuser gehörte eine »Büsse«
oder auch zwei. Die Stadt konnte, nach einer
mäßigen Berechnung, 500 Gewappnete ins
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Feld stellen. Aber dennoch hören wir, histo-
risch verbürgt, von keiner einzigen einge-
nommenen Burg. Nur die Tradition erzählt
von einigen wenigen Fällen der Art (zum Bei-
spiel Kränzlin).
3. Andreas Fromm
Hispan'sche Mönche, öffnet mir die Tür!...
Laßt hier mich ruhn, bis Glockenton mich weckt.
Platen
In der Epoche des »gelehrten Ruppin« war es, daß
Andreas Fromm, nicht der gekannteste, aber
höchstwahrscheinlich der gelehrteste Mann, den die Ruppiner Lande hervorgebracht haben, um 1615
geboren wurde, nach einigen in der Stadt Ruppin
selbst, nach andern in dem benachbarten Dorfe Plä-
nitz. Ich lasse gleich eingangs folgen, was ich über
den Lebensgang dieses mit der Kirchengeschichte
der Mark in engem Zusammenhange stehenden
Mannes in Erfahrung bringen konnte. Dieser Lebens-
gang, wie fast immer bei Künstlern und Gelehrten,
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zeigt im großen und ganzen keine Verkettung äußer-
lich interessanter Lebensschicksale. Fromms hervorragende Teilnahme jedoch an den theologischen
Streitigkeiten der Paul-Gerhardt-Zeit, sein Übertritt
zum Katholizismus, um diesen Streitigkeiten zu ent-
gehen, endlich seine angebliche, wenn auch durch-
aus nicht erwiesene Verfasserschaft der »Lehnin-
schen Weissagung« machen sein Leben zu einem
Gegenstande, der Anspruch darauf hat, an dieser
Stelle beschrieben zu werden.
Andreas Fromm, nachdem er die lateinische Schule
in Ruppin und Perleberg, schließlich das »Graue Klos-
ter« in Berlin besucht hatte, studierte Theologie in
Frankfurt und Wittenberg, wurde Rektor in Alt-
Damm, bald darauf Professor der Philosophie am
Gymnasium zu Alt-Stettin und sah sich 1651 plötz-
lich und ohne vorgängige Schritte seinerseits von
Berlin aus als Propst an die Petri-Kirche berufen. Er
nahm auch an. Mitglieder des Berlin-Cöllner Magist-
rats hatten ihn wenige Monate früher, während eines
Besuches in
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