Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Bespre-
    chung dieses berühmten Geschlechtes führen.

    2. Die Grafen von Ruppin

    Die Särge seiner Ahnen
    Standen die Hall' entlang.
    Es stand an kühler Stätte
    Ein Sarg noch ungefüllt,
    Den nahm er zum Ruhebette,
    Zum Pfühle nahm er den Schild.
    Uhland

    Friedrich Wilhelm III., wenn er im Auslande reiste,
    liebte es, unter dem Namen eines »Grafen von Rup-
    pin« sein Inkognito zu wahren. Auch andere königli-
    che Hohenzollern haben ein Gleiches getan, Friedrich
    der Große zum Beispiel, als er kurz nach seiner
    Thronbesteigung eine Reise nach Bayreuth und in die
    westfälischen Landesteile machte. Diese Tatsache
    mag es rechtfertigen, wenn wir uns auch heute noch, wo der Letzte jenes alten Grafengeschlechtes längst
    zu seinen Vätern versammelt wurde, die Frage vor-
    legen: Wer waren die Grafen von Ruppin ?

    86
    Mit den erobernden Anhaltinern kamen auch die thü-
    ringisch-mansfeldischen Grafen von Arnstein in die
    Marken und wurden früher oder später mit Lindow1)
    und Ruppin belehnt. Bis ins dreizehnte Jahrhundert
    hinein nannten sich die so neubelehnten Grafen im-
    mer nur bei ihrem alten Geschlechtsnamen: Grafen
    von Arnstein, und nahmen später erst den Titel der
    »Grafen zu Lindow« an. Grafen zu Rup pin wurden sie jederzeit nur irrtümlich und ausnahmsweise genannt,
    da das Ruppiner Land eine Herrschaft und keine
    Grafschaft war. Wir aber, ohne historisch-
    genealogische Skrupel, folgen der später allgemein
    gewordenen Sitte und sprechen in nachstehendem
    von den »Grafen zu Ruppin«.
    Die Grafen zu Ruppin waren die mächtigsten Vasal-
    len der brandenburgischen Markgrafen und auch die
    treusten wohl. In einem Zeitraume von drei Jahr-
    hunderten schwankten sie nur einmal, und zwar in
    der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts, als
    die Verwirrungen der bayrisch-luxemburgischen Pe-
    riode durch das Auftreten des Falschen Waldemar
    ihren Gipfelpunkt erreicht hatten.
    Die Ruppiner Grafen waren anders wie andere im
    Lande. War es nun der Umstand, daß sie, als mäch-
    tigste Lehnsträger, ebensooft fast neben den Markgrafen als unter ihnen standen, oder waren es in Kraft erhaltene Traditionen aus dem alten Kulturlan-de Thüringen her, gleichviel, ihr Auftreten hatte we-
    nig gemein mit der Haltung des halb rauflustigen,
    halb bäurischen Landadels um sie her, und die Küns-
    te des Friedens standen ihnen höher als jenes Waf-

    87
    fenhandwerk, das sich selber Zweck ist oder gar ei-
    nem fremden Interesse dient.
    »Streitbare Grafen«, comites bellicosissimi, werden
    sie zwar gelegentlich in alten Urkunden genannt, und
    die Geschichte, wie nicht verschwiegen werden soll,
    erzählt sogar von einzelnen, die südlich im Mailändi-
    schen und nördlich auf der Heide von Schleswig als
    Krieger geglänzt, aber das Glück war ihnen selten
    hold und schien sie durch Nichterfolge belehren zu
    wollen, daß ihr Schlachtfeld ein anderes sei. Sie wa-
    ren mit am Kremmer Damm (1331) und wurden ge-
    schlagen, sie zogen in ihren vielfachen Fehden mit
    den Pommerherzögen regelmäßig den kürzeren, und
    Graf Otto – der tapferste, der bei Falköping an der
    Seite des Schwedenkönigs Albrecht gegen die
    »schwarze Margarete« stritt – teilte das Schicksal
    seines königlichen Freundes und wurde mit ihm ge-
    schlagen und gefangen. Und wie die Schicksale des
    Hauses, so schien auch die Natur selber die Ruppiner
    Grafen auf ein anderes Feld als das des Krieges ver-
    weisen zu wollen, denn während es von den Grafen
    zu Pappenheim heißt, daß sich auf ihrer Stirn zwei
    blutrote Schwerter gekreuzt hätten, erzählt der
    Chronist von den Ruppiner Grafen nur, »daß sie mit
    einem Loch im Ohrläppchen geboren worden seien«.
    Welch entschiedener Hinweis auf das zartere Ge-
    schlecht!

    Sie waren nicht comites bellicosissimi, aber sie wa-
    ren sicherlich, wie sie in anderen Urkunden genannt

    88
    werden, viri nobiles et generosi. Feine Sitte und
    wahre Frömmigkeit zeichneten sie aus; sie standen
    fest zur Kirche, und »Mitleid und Guttätigkeit« waren
    erbliche Züge. Graf Ulrichs Sprüchwort hieß:
    Hew ick Geld, so mütt ick gewen,
    Andre Stände mütten ock lewen;
    und als vorher oder nachher ein anderer Graf Ulrich
    hinausgetragen wurde, sang man im ganzen Lande
    Ruppin:
    Ulrich, det was en gode Herr;
    Schade, dat he lewt nich mehr.
    Aber die Ruppiner Grafen begnügten sich nicht mit
    »Frömmigkeit und Guttätigkeit«, sondern verfügten
    auch über apartere Züge. Graf Waldemar war ein
    passionierter

Weitere Kostenlose Bücher