Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
fort. Gleichzeitig
    kehrte sie nach Schloß Kunersdorf, in das elterliche
    Haus, zurück und lebte daselbst ausschließlich der
    Erziehung ihrer Tochter und der Ausbildung ihres
    eigenen Geistes. Nach dem Tode des Generals, ihres
    Vaters, übernahm sie sofort die Verwaltung der bei-
    den Güter, und da es ihrem scharfen Auge nicht ent-
    ging, daß die Bewirtschaftung, um zu größeren Erfol-
    gen zu gelangen, vor allem eines größeren Betriebs-
    kapitals als bisher bedürfe, so verkaufte sie ihren
    Schmuck und ihre Juwelen, um sich in den Besitz
    eines solchen Kapitals zu bringen.
    Dieser erste Schritt, mit dem sie die Verwaltung ihrer
    Güter begann, zeigt am besten, welcher raschen und
    energischen Entschlüsse sie fähig war. Es war eine
    seltene und ganz eminente Frau; ein Charakter
    durch und durch. General von der Marwitz auf Frie-
    dersdorf, der ihr Gutsnachbar war, hat uns in seinen
    Memoiren eine Schilderung dieser ausgezeichneten
    Frau hinterlassen. Er schreibt: »Das meiste in der
    Landwirtschaft – ungefähr alles, was ich nicht schon
    aus der Kindheit wußte und nachher aus der Erfah-
    rung erwarb – habe ich von einer sehr merkwürdigen

    1096
    Frau in unserer Nachbarschaft gelernt, von einer
    Frau von Friedland. Als ich sie kennenlernte (1802),
    war sie ungefähr zwölf Jahre im Besitz der Güter und
    führte alles mit beispielloser Ausdauer und Umsicht.
    Es waren sechs große Wirtschaften, die sie selbst
    leitete; Unterbeamte hatte sie keine andern als Bau-
    ern, die sie selbst dazu gebildet hatte. Nicht nur war
    der Ackerbau im blühendsten Zustande, sondern sie
    hatte ihre Wälder aus sumpfigen Niederungen auf
    bisher öde Berge versetzt, diese Niederungen aber in
    Wiesen verwandelt, und so in allen Stücken. Ein sol-
    ches Phänomen war natürlicherweise weit und breit
    verschrien. Man sagte, sie ritte auf den Feldern um-
    her (das war wahr) und hätte beständig die Peitsche
    in der Hand, womit sie die Bauern zur Arbeit treibe –
    das war erlogen. Ich fand im Gegenteil eine wahre
    Mutter ihrer Untergebenen in ihr. Wo sie sich sehen
    ließ, und das war den ganzen Tag bald hier, bald
    dort, redete sie freundlich mit ihnen, und den Leuten
    leuchtete die Freude aus den Augen. Aber gehorchen
    mußte alles. Sie war aber nicht bloß eine Landwirtin,
    sondern eine höchst geistreiche und in allen Dingen
    unterrichtete Frau. Ich schulde ihr sehr viel; sie hat-
    te mir, als ich Friedersdorf übernahm, die nötigen
    Wirtschaftsbeamten verschafft und die Rechnungs-
    bücher einrichten lassen.«
    Soweit Marwitz über Frau von Friedland. Sehr ähn-
    lich, aber noch lebhafter, wärmer, begeisterter äu-
    ßert sich Thaer über dieselbe, der sie im Som-
    mer 1801, nachdem er schon 1799 ihre erste Be-
    kanntschaft gemacht hatte, bei seinem zweiten Be-
    such in der Mark näher kennenlernte. Er schreibt:

    1097
    »Auf der Grenze ihrer Herrschaft kam uns Frau von
    Friedland, eine der merkwürdigsten Frauen, die je
    existiert haben, in vollem Trabe entgegen, sprang
    vom Pferde und setzte sich zu uns in den Wagen.
    Nun ging es in vollem Galopp über Dämme und Grä-
    ben weg. Wir fuhren vier volle Stunden von einem
    Ort zum andern. Fünf bis sechs Verwalter, Schreiber
    usw. waren immer neben und hinter dem Wagen und
    mußten bald eine Herde Kühe, bald eine Herde Scha-
    fe oder Schweine herbeiholen. Da indessen einige
    der Gesellschaft nicht länger verhehlen konnten, daß
    ihnen nach einem Imbiß verlange, sagte Frau von
    Friedland: ›Wir sind sehr bald zu Hause; wollen Sie
    aber im Freien essen, kann ich Ihnen sogleich etwas
    schaffen.‹ Als wir letzteres versicherten, ging es so-
    fort in einen prächtigen Wald hinein, einen steilen
    Berg hinauf, wo wir erst ein Feuer und bald darauf
    eine gedeckte Tafel erblickten, auf einem Platze, wo
    wir im Vordergrunde dichte Waldung, zur Seite einen
    großen See und in der Ferne eine weite Aussicht in
    das herrliche Oderbruch hatten. Eine Menge von
    Schüsseln, die schönsten Weine und ein Dessert von
    Ananas, Weintrauben usw. ward aufgetragen. Aber
    sie ließ uns zum Essen und Trinken nicht eben viel
    Zeit. Es ging bald wieder fort, von einer Feldflur zur
    andern, und so waren wir gewiß funfzehn Meilen die
    Kreuz und Quer gefahren, ehe wir auf ihrem ge-
    wöhnlichen Wohnsitze, auf Schloß Kunersdorf, an-
    kamen. Sie hat außerdem noch sieben bis acht völlig
    eingerichtete Wohnungen, wo sie, wie es ihr einfällt,
    Mittag oder nachts bleibt. Ihre Leute wissen es

Weitere Kostenlose Bücher