Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Glocke tut es jetzt statt
seiner, und sooft sie am Sonntagmorgen erklingt,
heißt es im Dorfe: Markgraf Karl ruft.
1. Diese Verordnungen waren gewiß um so nöti-
ger, aber freilich auch um so schwieriger
durchzuführen, als alle solche Klöster, die wie Kloster Friedland nur eine lokale Bedeutung
hatten, wie von selber aus einem kirchlichen
zugleich auch zu einem gesellschaftlichen Mit-
telpunkte des Kreises wurden. Die Pfuels und
die Ilows, die Eyckendorps und die Höndorps,
die Stranze, Barfuse und Wulffens, wie sie ih-
re Güter in nächster Nähe um Kloster Fried-
land herum hatten, so hatten sie auch ihre
Töchter in demselben. Die einfache Folge da-
von war, daß das Kloster in gutem und oft
auch wohl in nicht gutem Sinne des Worts zu
einem Rendezvousplatze wurde, wohin die
adeligen Insassen des Kreises ihre Neuigkei-
ten trugen, um sie gegen andere auszutau-
schen. Die Weit innerhalb und außerhalb der
Klostermauern war dieselbe. Alles war ver-
sippt, verschwägert, und die Kordialität, die
1086
Familienzugehörigkeit mußte natürlich die
Aufrechterhaltung der Disziplin erschweren.
2. Die größte unter den Filialkirchen des Klosters
war die zu Ringenwalde, eine alte, im romani-
schen Stile aufgeführte Feldsteinkirche, die
sich bis diesen Tag trefflich erhalten hat und
uns veranschaulicht, wie vor 600 Jahren von
den Christentum und Kultur bringenden Zis-
terziensern märkische Dorfkirchen gebaut
wurden. Alles zeigt noch durchaus den Cha-
rakter der »geistlichen Burg«: hoch hinaufge-
hende Feldsteinmauern, dann, ziemlich dicht
unterm Dach, kleine rundgewölbte Fenster
mit Öffnungen wie Schießscharten.
Kunersdorf
Und welchen Gott so reich bedacht
Daß er ein Held ist in der Schlacht
Und hat dazu ein gläubig Herz,
Dem kann man trauen allerwärts.
Otto Roquette
Kunersdorf ist Nachbargut von Kloster Friedland und
gehört, wie dieses, der Itzenplitzischen Familie an.
Es ist zunächst, ohne seinem eignen Ruhme zu nahe
treten zu wollen, nicht zu verwechseln mit dem be-
rühmteren Schlachten-Kunersdorf (zum Unterschied 1087
gewöhnlich mit einem K geschrieben*), das, weiter
östlich, eine halbe Meile jenseits Frankfurt gelegen
ist, während unser Kunersdorf diesseits der Oder, zwischen Wriezen und Seelow liegt.
Um über Kunersdorf zu schreiben, ist es nötig, noch
einmal auf Kloster Friedland und das Jahr 1763 zu-
rückzugehen, in welchem Jahre – wie schon früher
hervorgehoben – die bis dahin Markgraf Karlschen
Güter Quilitz und Friedland an die Krone zurückfie-
len. Sie blieben aber, um auch das zu wiederholen,
nicht lange bei der Krone, indem der König, im sel-
ben Jahre noch, beide Güter als Dotationsgüter an
zwei seiner Lieblingsoffiziere verlieh. Quilitz schenkte er an den damaligen Obristlieutenant von Prittwitz;
Friedland erhielt der Major (oder Obristlieutenant) von Lestwitz . Und noch einmal sei hier das Wort zitiert: » Prittwitz a sauvé le roi, Lestwitz a sauvé
l'état .«
Lestwitz besaß nun Friedland. Wie aber kam er zu
Kunersdorf? Das geschah so.
Lestwitz war in Zweifel darüber, ob er Friedland als
Lehn oder als Allod erhalten habe, und scheute sich
doch, bei dem Könige deshalb anzufragen. War es
Lehn, so fiel es, da er keinen Sohn hatte, nach sei-
nem Tode an die Krone zurück. In dieser Verlegen-
heit – einerseits von dem lebhaften Wunsche erfüllt,
seiner einzigen Tochter ein Gut als Erbe zu hinterlas-
sen, und andererseits von der berechtigten Vorstel-
lung ausgehend, daß es mißlich sei, ohne ausdrückli-
che Erklärung des Königs, Friedland als Allodium und
1088
freien Besitz anzusehen – entschied er sich dafür,
das benachbarte, vormals von Barfussche Gut Ku-
nersdorf anzukaufen und sich dadurch in die Lage zu
bringen, seiner Tochter, wie immer späterhin auch
die Ansicht des Königs sich herausstellen möge, je-
denfalls einen Landbesitz hinterlassen zu können. Er kaufte also Kunersdorf .
Bald darauf sah Lestwitz die Notwendigkeit ein, sich
auf einem seiner Güter standesgemäß einzurichten,
daß heißt ein Schloß zu bauen. Da ihm der dauernde
Besitz Friedlands, dauernd über seine eigene Le-
benszeit hinaus, immer noch zweifelhaft war, so ent-
schied er sich selbstverständlich dafür, das Schloß in
dem neu erworbenen Kunersdorf1) aufführen zu las-
sen. Als der Bau halb fertig war, kam der König auf
einer seiner Inspektionsreisen des Weges. » Lestwitz, warum baut Er
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