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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Eh-
    renmännern in Untätigkeit gebannt, bring ich den
    Sommer bei dem Herrn von Itzenplitz auf seinen
    Gütern zu, in Kunersdorf bei Wriezen, und beschäfti-
    ge mich allein mit Botanik, wozu ich die herrlichsten
    Hülfen habe. Ich helfe hier übrigens auch den
    Landsturm exerzieren , und kommt es zu einem Bau-ernkrieg, so kann ich mich wohl darein mischen –

    1113
    pro aris et focis. – Mit euch unterzugehen, will ich nicht verneinen .«1)

    An Hitzig, Kunersdorf, Juni 1813:
    »Ich arbeite immer an meinen Pflanzen, gehe mit
    meinem Gärtner botanisieren, vergleiche meine Ka-
    taloge, korrigiere die französischen Aufsätze der jun-
    gen Leute, unterweise sie etwas in der Botanik... Das
    war ein schwerer Mai (Lützen und Bautzen). Wie
    klingt doch so seltsam mit einem Male in mir das
    Wort Fouqués:
    Im Mai, im Mai, im jüngsten Mai,
    Wo alles Leben sonst geht auf,
    Da ist des jungen Helden Lauf
    Ganz wider Blumenart vorbei.
    O Gott, möchte er es nicht von sich selber gesungen
    haben! Grüß mir die Bekannten und Freunde, die Dir
    in den Wurf kommen. Gott verzeihe mir meine Sün-
    den; aber es ist wahr:
    Das ist die schwere Zeit der Not,
    Das ist die Not der schweren Zeit,
    Das ist die schwere Not der Zeit,
    Das ist die Zeit der schweren Not.

    1114
    Da hast Du ein Thema.«

    An Hitzig (Kunersdorf; wahrscheinlich im Septem-
    ber):
    »... Du hast nichts weniger von mir erwartet als ein
    Buch! Lies das Deiner Frau vor, heute abend, wenn
    Du Zeit hast. Wenn sie neugierig wird zu erfahren,
    wie es Schlemihl weiter ergangen, und besonders,
    wer der Mann im grauen Kleide war, so schick mir
    gleich morgen das Heft wieder, auf daß ich daran
    schreibe – wo nicht, so weiß ich schon, was die Glo-
    cke geschlagen hat. Vom dritten Kapitel ist das erst
    der Anfang; dies und das folgende sind mir sehr be-
    schwerlich – es stehen die Ochsen am Berge.«

    An Hitzig (Kunersdorf, Spätherbst 1813):
    »Dieses zur Erinnerung, daß Du einen Freund in Ku-
    nersdorf hast, dem Du eben nicht sehr oft schreibst.
    Es ist eine ganz fatale Empfindung, wenn alle Tage
    der Postbote einläuft und die Austeilung der Briefe
    im Salon geschieht und für einen jeden etwas da ist
    und für den Herrn von Chamisso – nischt niche!
    ... Ich kratze immer an meinem ›Schlagschatten‹,
    und, wenn ich's Dir gestehen muß, lache und fürchte
    ich mich manchmal darüber, sowie ich daran schrei-

    1115
    be – wenn die andern nur für mich nicht darüber
    gähnen. Mein viel gefürchtetes viertes Kapitel habe
    ich mir, nach vielem Kauen, gestern aus einem Stü-
    cke, wie eine Offenbarung, aus der Seele geschnitten
    und heute abgeschrieben. Es ist auch schon eher
    Morgen als Nacht, darum ade. Das Blitz-Prosa-
    Schreiben wird mir ungeheuer sauer, mein Brouillon
    sieht toller aus als alle Verse, die ich je gemacht.«

    Bald nach diesem Briefe scheint Chamisso nach Ber-
    lin zurückgekehrt zu sein. Es wird zwar in Kunersdorf
    erzählt, er habe sich zunächst nach Nennhausen hin,
    zu Fouqué, auf den Weg gemacht, um diesem seinen
    »Schlemihl« vorzulesen; es liegen aber doch wohl
    Monate dazwischen, da, wie wir aus dem letztzitier-
    ten Briefe ersehen, bis etwa Mitte Oktober erst vier Kapitel von elf beendigt waren. Übrigens stand Fouqué damals auch wohl im Felde.

    So waren die Erlebnisse von Schloß Kunersdorf, so
    waren die Personen, die, während eines halben Jahr-
    hunderts und darüber, dort kamen und gingen.
    Wir durchschreiten jetzt zunächst die Zimmer und
    Säle des Erdgeschosses und verweilen vor älteren
    und neueren Familienportraits von zum Teil künstle-
    rischem Interesse. Die Aufzeichnung dieser Bilder
    aber für eine andere Gelegenheit vertagend, wenden
    wir uns nunmehr dem im obern Stockwerk gelege-

    1116
    nen Bibliothekzimmer zu, wo wir zunächst den Bild-
    nissen derer begegnen, die einst Freunde des Ku-
    nersdorfer Hauses waren: Thaer, Wildenow, Alexan-
    der von Humboldt, Reil etc. Was aber unser Interes-
    se lebhafter in Anspruch nimmt, das ist ein großer
    pultartiger Schrank, der in seinen verschiedenen
    Kästen und Fächern alles das umschließt, was sich
    auf den Generalmajor von Lestwitz bezieht. Das gan-
    ze Arrangement erinnert mehr oder weniger an die
    großen Glaskästen, in denen man in England (im
    Britischen Museum, im Greenwich-Hospital, in Ab-
    botsford etc.) allerhand Erinnerungsstücke an histo-
    rische Persönlichkeiten, zum Beispiel an Nelson, Wal-
    ter Scott oder Sir John Franklin, auszustellen pflegt.
    Auch

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