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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den Kronprinzen
    Fritz Bezug nimmt, nur das Unerläßliche zu geben,
    nur soviel, wie zum Verständnis des Ganzen über-
    haupt erforderlich ist. Das ist zunächst, als Grundla-
    ge der ganzen Tragödie:

    Der Fluchtversuch des Kronprinzen
    Schon im November 1729 hatte der Kronprinz vor-
    gehabt, »weil Dero Herr Vater immer ungnädiger auf
    ihn geworden«, außer Landes zu gehen, und seitens
    des ins Vertrauen gezogenen Lieutenants von Keith,
    der damals Pagendienste beim Könige tat, waren
    einleitende Schritte geschehen, um die Flucht ins
    Werk zu setzen. Aber man stand schließlich von der
    Ausführung ab und nahm den Plan erst, nachdem
    auch ein Entweichen aus dem sächsischen Lager bei
    Mühlberg im Mai 1730 gescheitert war, im Juli letzt-
    genannten Jahres wieder auf.

    1281
    Um diese Zeit hatte der König eine Reise nach dem
    Ansbachschen hin angetreten, die bis an den Ober-
    und Unterrhein ausgedehnt werden sollte. In seiner
    Begleitung befand sich wie gewöhnlich der Kronprinz,
    dem noch im Momente der Abreise, seitens des in-
    zwischen als Günstling an die Stelle des von Keith
    getretenen Lieutenants von Katte, aufs dringendste
    angeraten worden war: seine Flucht nicht von Süddeutschland, sondern lieber erst von Wesel aus zu
    bewerkstelligen, von welcher Grenzfestung aus er
    am leichtesten und schnellsten über Holland nach
    England gelangen könne. Diese Mahnung wurde spä-
    ter schriftlich wiederholt, und zwar in einem Briefe,
    den der in Berlin zurückgebliebene von Katte nach
    Ansbach hin richtete. Aber dem Kronprinzen brannte
    bereits der Boden unter den Füßen, und er antworte-
    te: »daß er so lange nicht zu warten, vielmehr von Sinsheim aus (bei Mannheim) fortzugehen gedenke.
    Katte solle nachkommen und ihn, den Kronprinzen,
    im Haag unter dem Namen Comte d'Alberville erfra-
    gen. Mißlänge die Flucht, so wolle er in einem Kloster
    Zuflucht suchen, wo man unter Skapulier und Kutte
    den argen Ketzer nicht entdecken werde.« Dieser der
    Post anvertraute Brief wurde verhängnisvoll. Auf sei-
    ner Adresse, die »An den Lieutenant von Katte, über
    Erlangen, Berlin « hätte lauten sollen, vergaß der in begreiflicher Hast und Erregung schreibende Kronprinz die Hinzufügung des Wortes » Berlin «, und so gelangte das Schreiben nur bis Erlangen, wo der
    Postmeister in Verlegenheit geriet, was damit anzu-
    fangen sei. Da sich zufällig ein Rittmeister von Katte, ein Vetter des Lieutenants, als Werbeoffizier am Orte
    befand, so hielt er es für das Geratenste, diesem den 1282
    Brief einzuhändigen. Der Rittmeister von Katte aber,
    als er von dem Inhalte Kenntnis genommen, konnte
    sich seinerseits nicht der Pflicht entziehen, den Brief durch einen Courier an den König zu schicken.1)
    Dieser war mittlerweile (am 31.) von Ansbach auf-
    gebrochen und ging über Öttingen, Ludwigsburg und
    Heilbronn auf Sinsheim zu. Da letzterer Ort, sehr
    gegen den Wunsch und Willen des Königs, am
    4. August nicht mehr erreicht werden konnte, so
    bequemte man sich, in dem zwei Stunden vorher
    gelegenen Dorfe Steinsfurth die Nacht in einer
    Scheune zuzubringen. Für die Pläne des Kronprinzen
    indes machte Steinsfurth oder Sinsheim keinen Un-
    terschied, und so beschloß er, in selbiger Nacht noch
    seine Flucht von diesem Dorf aus ins Werk zu setzen.
    Um zwei Uhr erhob er sich, kleidete sich in einen
    roten Roquelaure, der zu diesem Behuf eigens ange-
    fertigt war, und ging auf die Dorfstraße hinaus, wo-
    hin er den Pagen Keith (einen jüngeren Bruder des
    früher genannten) mit Pferden bestellt hatte.
    Alles dieses war aber von dem Kammerdiener Gum-
    mersbach bemerkt worden, der nicht säumte, den
    mit der Beobachtung des Kronprinzen speziell
    betrauten Oberstlieutenant von Rochow zu wecken.
    Dieser sowie Generalmajor von Buddenbrock und die
    Obersten von Waldow und von Derschau folgten dem
    Kronprinzen auf die Dorfgasse und fanden ihn hier
    an eine Wagendeichsel gelehnt, immer noch auf
    Keith2) und die Pferde wartend. Die Obersten, über
    seine Kleidung erstaunt, baten ihn, die Uniform wie-
    der anzulegen, ehe ihn der König in diesem Aufzuge

    1283
    sähe. Aber eben jetzt brachte Keith die Pferde, und
    Friedrich schickte sich ohne weiteres an, sich in den
    Sattel zu werfen und davonzureiten. Nur mit Mühe
    gelang es den Obersten, ihn in die Scheune zurück-
    zunötigen.
    Derschau hinterbrachte das Vorgefallene dem Köni-
    ge, der sich zunächst – weil es noch an eigentlichen
    Schuldbeweisen fehlte – gegen den

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