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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»su-
    spekt« finden mochte, scheint ihn entweder
    geöffnet und gelesen oder vielleicht auch un-
    eröffnet auf bloßen Argwohn hin, per Courier
    an den König geschickt zu haben. Die Diffe-
    renz ist erheblich. In dem einen Falle würde
    der kronprinzliche Brief an Katte, in dem an-
    deren der Kattesche Brief an den Kronprinzen
    die Katastrophe herbeigeführt haben.

    2. Zwei Brüder von Keith spielen in der Flucht-
    geschichte des Kronprinzen eine Rolle. Es ist
    nötig, dies gegenwärtig zu haben, wenn man
    sich nicht in Angaben, die mehr als einmal
    wie Widersprüche wirken, verwirren soll. Der
    eigentliche Freund des Kronprinzen war der
    ältere von Keith. In seiner Eigenschaft als Pa-
    ge des Königs erfuhr er vieles und konnte

    1290
    mehr als einmal den Kronprinzen vor ihn be-
    drohenden Gefahren warnen. Es geschah dies
    alles, wie durchaus hervorgehoben werden
    muß, nicht aus Hang zur Intrigue oder auch
    nur aus besonderer Eitelkeit, sondern aus
    wirklicher Liebe zum Prinzen, jedenfalls aus
    Mitgefühl. Endlich entdeckt, schickte ihn der
    König zur Strafe nach Wesel in das dort ste-
    hende von Dossowsche Infanterieregiment
    und ließ den jüngeren von Keith in die Pagen-
    stelle einrücken. Aber dieser jüngere Bruder
    erwies sich nicht viel anders als der ältere, bis
    er endlich, »gerührt von der ängstlichen Ge-
    mütsstimmung des Königs, diesem in Mann-
    heim alles reumütig bekannte«. Er scheint
    denn auch mit einer geringen Strafe davon-
    gekommen zu sein. Der ältere Bruder, als er
    von den Vorgängen in Steinsfurth hörte, floh
    klugerweise von Wesel nach England und
    konnte daselbst in den Zeitungen lesen, daß
    er nach kriegsrechtlichem Spruch » in effigie
    gehenkt worden sei «. Bald darauf nahm er
    portugiesische Dienste, aus denen er später
    (nach 1740), übrigens ohne sonderliche Kar-
    riere zu machen, in preußische Dienste zurück
    trat.

    Das Kriegsgericht zu Köpenick
    Über dies Kriegsgericht und das durch dasselbe ge-
    fällte Urteil finden sich infolge regelmäßiger und oft

    1291
    ausschließlicher Benutzung der als Quelle dienenden
    Memoiren des Freiherrn von Pöllnitz und der Mark-
    gräfin von Bayreuth1) immer noch Irrtümer verbrei-
    tet, die den Ergebnissen einer strengeren histori-
    schen Forschung bis diesen Tag getrotzt haben. Es
    wird nötig sein, die betreffenden irrtümlichen Stellen
    aus den Memoiren der beiden Vorgenannten zu-
    nächst zu zitieren. So schreibt die Markgräfin: »Dön-
    hoff und Linger stimmten für Pardon, aber die ande-
    ren, um dem Könige zu Willen zu sein, verurteilten
    den Kronprinzen und Katte zur Enthauptung .« Und in Übereinstimmung damit heißt es bei Pöllnitz: »Weder
    der Kronprinz noch Katte waren persönlich zugegen.
    Nichtsdestoweniger wurden sie von dem Kriegsge-
    richte gerichtet und verurteilt, den Kopf zu verlieren .« Diese beiden Stellen sind in unzählige volkstümliche Geschichts- und Nachschlagebücher über-
    gegangen, während umgekehrt das Wort »Tod« von
    seiten des Kriegsgerichts nicht gesprochen worden ist. Die dasselbe bildenden oder, richtiger, die innerhalb desselben den Ausschlag gebenden Männer fäll-
    ten vielmehr über den Kronprinzen, »weil er jenseits
    ihrer Kompetenz läge«, gar kein Urteil und verurteilten Katte zu lebenslänglicher Festungsstrafe. Dies ist
    kurz das Tatsächliche.
    Foerster und Preuß, unter Benutzung reicher und
    zuverlässigerer Quellen, haben in ihren epochema-
    chenden Werken die Dinge so gegeben, wie sie reali-
    ter liegen; aber auch ihnen scheint ein voller Einblick in die Details des Verfahrens gefehlt zu haben, und erst eine verhältnismäßig sehr neue Veröffentlichung (1861) ermöglicht einen solchen Einblick. Die-

    1292
    se Veröffentlichung führt den Titel: »Vollständige
    Protokolle des Köpenicker Kriegsgerichts« und wurde
    durch Professor Danneil, den Vorstand des in der
    Propstei zu Salzwedel befindlichen Schulenburgschen
    Familienarchivs, veranstaltet. In einem kurzen Vor-
    worte gibt der Herausgeber (Danneil) zunächst Aus-
    kunft darüber, wie dieser Protokollenschatz in das
    ihm unterstellte Familienarchiv gelangte. Einfach
    dadurch, daß ein Schulenburg, und zwar der Gene-
    rallieutenant Achaz von der Schulenburg, der Vorsit-
    zende des Köpenicker Kriegsgerichts war. »Alle diese
    Protokolle«, heißt es dann weiter, »finden sich in
    Abschrift vor. Die Originale wurden dem König überreicht. Sämtliche Abschriften sind sehr sorgfältig und
    sicherlich auf

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