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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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verhin-
    dert, unmittelbaren Gebrauch davon zu machen, weil
    ein Sattel, in dem er Geld und Wertsachen zu ver-
    bergen vorhatte, leider noch nicht fertig war. So ver-
    ging Zeit. Diese wandte er an, um alle Papiere zu
    verbrennen. Das war gut. Und nun endlich kam das
    Pferd, der Sattel war da, und er wollt es eben bestei-
    gen, als der Feldmarschall von Natzmer (in Wahrheit
    war es der vorgenannte Oberst von Pannewitz) er-
    schien, um ihn im Namen des Königs zu verhaften.
    Katte übergab ihm, ohne die Farbe zu wechseln, den
    Degen und wurde sogleich auf die Wache des Re-
    giments abgeführt. Man legte all seine Sachen in
    Gegenwart des Feldmarschalls – der betretener als
    sein Gefangener schien – unter Siegel. Der alte Herr
    hatte länger als drei Stunden mit Ausführung des

    1287
    königlichen Befehls gezögert und war sehr böse, Kat-
    ten noch vorzufinden.«
    So die Markgräfin in einer durch die ganzen Memoi-
    ren sich hinziehenden Mischung von Falschem und
    Richtigem. Übrigens wird, von Namensverwechse-
    lungen und ähnlichen kleinen Irrtümern ganz abge-
    sehen, auch das , was Katte den rechten Augenblick zur Flucht versäumen ließ, von verschiedenen Personen sehr verschieden angegeben. Friedrich II. selbst
    soll später zu dem englischen Gesandten Sir Andrew
    Mitchell von einem »Liebesverhältnis« gesprochen
    und dieses als Grund der Versäumnis bezeichnet haben. Mir, offen gestanden, noch unwahrscheinlicher
    als der »verspätete Sattel«. Nach dem Bilde, das ich
    aus der Lektüre der zeitgenössischen Aufzeichnun-
    gen gewonnen habe, liegen die Dinge viel natürlicher
    und namentlich viel ehrenvoller für Katte. Er war
    einfach mit Aufträgen und Verpflichtungen überbür-
    det, indem er, wie schon angedeutet, nicht bloß an
    sich , sondern vor allem auch an den Kronprinzen, an die Königin und die Prinzessin Wilhelmine zu denken
    hatte. Und so glaube ich ihm nur gerecht zu werden,
    wenn ich ihn als ein Opfer seiner ritterlichen Gesinnung hinstelle , der er denn auch – was im übrigen immer seine Fehler gewesen sein mögen – bis zum
    letzten Atemzuge treu geblieben ist.
    Aber kehren wir zu den Ereignissen selbst zurück.
    Am 27. war der König von Wesel her in Berlin einge-
    troffen und hatte schon zwei Stunden später den
    Arrestanten von Katte vorfordern lassen. Es war ein

    1288
    schwerer Gang. Die Prinzessin Wilhelmine stand an
    einem der hohen Fenster und sah den Unglücklichen
    über den Schloßplatz führen. »Er war bleich und ent-
    stellt«, so schreibt sie, »nahm aber doch den Hut ab,
    um mich zu grüßen. Hinter ihm trug man die Koffer
    meines Bruders und die seinen, welche man wegge-
    nommen und versiegelt hatte. Gleich darauf erfuhr
    der König, dessen Empörung bis dahin sich gegen
    uns gerichtet hatte, daß Katte da sei. Und er verließ uns nun, um den Ausbrüchen seines Zorns ein neues
    Ziel zu geben.«
    Als Katte den Gefürchteten eintreten sah, warf er
    sich vor ihm nieder. Der König aber riß ihm das Jo-
    hanniterkreuz vom Halse, mißhandelte ihn mit dem
    Stock und trat ihn mit Füßen. Alsdann befahl er dem
    schon vorher herbeigerufenen Generalauditeur Myli-
    us, unverzüglich mit dem Verhör zu beginnen. Katte
    bewies eine Standhaftigkeit, die den König in Ver-
    wunderung setzte, und gestand nur ein, von der
    Flucht des Kronprinzen gewußt und die Absicht, ihm
    zu folgen, gehabt zu haben. Auf die Frage jedoch,
    »an welchen Hof der Prinz sich habe begeben wol-
    len«, antwortete er, »das wisse er nicht«. Und da-
    nach wurde er in die Gensdarmenwache zurückge-
    bracht.
    Während der Septemberwochen – auch noch bis in
    den Oktober hinein – folgte nunmehr Verhör auf
    Verhör, und als endlich mit Hülfe derselben ein aus-
    giebiges Material zur Anstrengung eines prozessuali-
    schen Verfahrens gesammelt war, wurde die Vorun-
    tersuchung geschlossen und ein Kriegsgericht , das 1289
    über fünf Angeklagte, in erster Reihe aber über den
    Kronprinzen Fritz und den Lieutenant von Katte, zu
    befinden hatte, zusammenberufen.

    1. Die Köpenicker Kriegsgerichtsakten erzählen
    diesen Hergang anders. Danach schickte der
    Lieutenant von Katte seinen an den Kronprin-
    zen gerichteten Brief nicht direkt an diesen ,
    sondern an seinen Vetter, ebenden im Text
    genannten, auf Werbung in Erlangen liegen-
    den Rittmeister von Katte, mit der Bitte, den
    Brief, seiner Adresse gemäß, weiter nach
    Ansbach an den Kronprinzen gelangen zu las-
    sen. Der Rittmeister aber, der den Brief

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