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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gefangen, der,
    im bloßen Hemd aus dem Bett gesprungen, kaum
    Zeit gefunden hatte, einen Schlafrock überzuwerfen.
    So, mit bloßen Füßen, setzte man ihn in eine Kale-
    sche, der Offizier und zwei Mann mit ihm, und fuhr
    im schnellsten Galopp der Festung Prag zu. Der Ad-
    jutant des Feldmarschalls, Major von Droste, jagte
    sofort dem Wagen nach und griff die schwache Be-
    deckung an. Als aber einer der Soldaten das Gewehr
    auf Schöning anlegte und diesen zu erschießen droh-
    te, überließ Droste den Feldmarschall den Händen
    seiner Überwinder. Von Prag aus brachte man ihn

    1374
    nach dem Spielberg bei Brünn und führte dort sein
    Verhör. Man wollte einen zweiten Wallenstein aus
    ihm machen und hielt die Meinung aufrecht, daß er
    nicht ohne Absichten nach dem Reichskommando
    gestrebt habe. Aber alle Bemühungen, ihn zu einem
    Hochverräter, zu einem »Verbrecher gegen die Inte-
    ressen des Reichs« zu stempeln, waren vergeblich.
    Sachsen war durch dieses eigenmächtige Vorgehen
    aufs schwerste beleidigt und zog zunächst die
    3000 Mann zurück, die es als Reichskontingent ge-
    stellt hatte. Alle Schritte aber, die Freilassung Schö-
    nings zu erwirken, blieben fruchtlos, bis endlich,
    nach zwei Jahren schmählicher Gefangenschaft, der
    Regierungsantritt Kurfürst Friedrich Augusts und die
    energischen Proteste desselben Schöning die Freiheit
    wiedergaben. Um die Aussöhnung vollständiger zu
    machen, erschien der bis dahin Gefangengehaltene
    vor Kaiser und Kaiserin und ward, um seines Po-
    dagras willen, in einem Sessel vor die beiden Majes-täten getragen , ein Umstand, der nicht ermangelte, in ganz Europa die größte Sensation hervorzurufen.
    Es war das viel Auszeichnung, auch namentlich wohl
    in den Augen Schönings, der besonders empfänglich
    war für Huldigungen wie diese. Die Süßigkeit solcher
    Stunden indes konnte seinem Herzen nicht wieder-
    geben, was jahrelange Verbitterung ihm genommen
    hatte. Gefeiert, aber im Innersten gebrochen, zog er
    in Dresden ein, und die Gnadenbezeugungen Fried-
    rich Augusts begleiteten nur noch einen Hinschei-
    denden. Er erkrankte; Podagra und Steinschmerzen
    zehrten an seinem Leben, Karlsbad versagte den

    1375
    Dienst, und am 28. August 1696 schied er, matt und
    müde, aus dieser Welt der Zeitlichkeit. Seine Leiche
    ward einbalsamiert und in der Kreuzkirche zu Dres-
    den ausgestellt, dann aber am 25. November nach
    der Neumark übergeführt, um in der Kirche zu Tam-
    sel beigesetzt zu werden. Dort ruht er noch jetzt in
    einem kupfernen Sarge, mit Gold reich verziert und
    ein Kruzifix auf dem Deckel.

    Wir versuchen zum Schluß noch eine Schilderung
    Schönings, sowohl seiner äußern Erscheinung wie
    seines Charakters. Er war, namentlich dem Brustbil-
    de nach zu schließen, dessen Original sich auf der
    Festung Königstein und in Kopie in Händen der
    Schöningschen Familie befindet, ein schöner Mann,
    in dessen Zügen sich Soldatisches und Hofmänni-
    sches, Strenge und Glätte, Selbstbewußtsein und
    Lächeln über die Eitelkeiten dieser Welt in interes-
    santer Weise mischten. In andern Portraits, so zum
    Beispiel auf einer Denkmünze, die gleich nach sei-
    nem Tode geprägt wurde, tritt das streng Militärische
    beinah ausschließlich hervor; doch ist es fraglich, ob
    diesen letzteren Bildnissen irgendeine Portraitbedeu-
    tung beigemessen werden darf oder ob sie nicht
    vielmehr jenen bloßen Ruhmes- und Ehrenmedaillen
    zuzurechnen sind, wie sie damals nach dem Ableben
    eines berühmten Mannes auf gut Glück hin angefer-
    tigt wurden, mehr in der Absicht, ihn durch bildliche
    Darstellung überhaupt zu feiern, als durch korrekte
    Wiedergabe seiner Züge seinem äußern Menschen
    gerecht zu werden.

    1376
    Uns von Schönings Charakter ein Bild zu entwerfen
    ist nicht eben schwer, wenn wir den Berichten über
    ihn, die in ziemlicher Anzahl auf uns gekommen sind,
    ohne weiteres Glauben schenken wollen. Es bleibt
    aber doch fraglich, ob diesen Schilderungen, trotz
    des Übereinstimmenden, das sie haben, in allen Stü-
    cken unbedingt zu trauen ist. Alle Mitteilungen über
    ihn rühren nämlich von Gegnern her, und man würde
    die Pflicht haben, schon aus diesem Grunde die
    höchste Vorsicht walten zu lassen, wenn nicht der
    Umstand, daß er überhaupt nur Gegner gehabt zu
    haben scheint, allerdings auf etwas entschieden Un-
    liebenswürdiges in seiner Natur hin verwiese. Barfus,
    die Schombergs, Danckelmann, der ältere Grumb-
    kow, Otto von Schwerin, Graf

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