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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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die so nahe daran gelegenen
    Örter zu meiden und sich daselbst nicht ferner auf-
    halten oder finden zu lassen.
    Cölln a. d. Spree, den 17. Juni 1690.
    Friedrich .
    gegengez. Eberhard v. Danckelmann.«

    Aus diesem Reskript (das wir dem nur als Manuskript
    existierenden Werke: »Geschichtliche Nachrichten
    über die Familie von Schöning«, verdanken) geht

    1371
    unverkennbar hervor, daß, abgesehen von der
    schwebenden Frage: »Wer hat recht?«, General Bar-
    fus in allem, was folgte, klug genug gewesen war,
    sich nachgiebig gegen die kurfürstliche Autorität zu
    zeigen, während der bedeutendere, aber rechthabe-
    rische und überall anstoßende Schöning den Kurfürs-
    ten und seine Umgebung durch die Art seiner
    Rechtsforderung verletzt hatte. Während der Streit
    schwebte, hatte er – mutmaßlich bedeutet, die Resi-
    denz unter allen Umständen zu meiden – abwech-
    selnd in Tamsel und Weißensee gelebt. Jetzt, nach-
    dem das oben mitgeteilte Reskript die Streitfrage
    praktisch zum Abschluß gebracht hatte, verließ er die
    Heimat, die seinem Wirken und seinem Ehrgeiz kei-
    nen Schauplatz mehr bot, und trat am 9. April 1691
    als Feldmarschall in kursächsischen Dienst.

    Wir begleiten Hans Adam, der vom Herbst 1689 an
    bis zu seiner Übersiedelung nach Dresden fast aus-
    schließlich in Tamsel lebte, nunmehr durch seine
    letzten Lebensjahre. Mit wachsenden äußeren Ehren
    gingen immer wachsende Kränkungen Hand in Hand.
    Schöning war nicht allein in sächsische Dienste ge-
    treten; dreißig brandenburgische Offiziere waren ihm
    gefolgt, und innerhalb der sächsischen Armee wur-
    den jetzt ähnliche Empfindungen rege wie vier Jahre
    zuvor im Brandenburgischen, als Feldmarschall
    Schomberg, gefolgt von seinen Söhnen und anderen
    französischen Refugiés, über die Köpfe der alten
    brandenburgischen Generale (zum Beispiel Derfflin-
    gers) hinweg, in die brandenburgische Armee einge-

    1372
    treten war. Hier wie dort glaubte man Eindringlinge
    vor sich zu haben, und bittere Empfindungen griffen
    Platz. Neuerungen, die Schöning einzuführen Miene
    machte, machten ihn vollends nicht beliebt, und er
    mochte von Glück sagen, daß ein Feldzug am Rhein,
    zu dem auch sächsische Truppen beordert wurden,
    die Gedanken der Unzufriedenen in andere Bahnen
    lenkte.
    Aber von anderer Seite her kam größere und ernste-
    re Gefahr. Die sächsischen Truppen im kaiserlichen
    Heere waren während der Rheincampagne 1691
    herzlich schlecht gehalten, ja bei Gelegenheit der
    Winterquartiere in einer Weise behandelt worden,
    daß es einer Beleidigung oder Mißachtung des Kur-
    fürsten von seiten des Wiener Hofes ziemlich nahe-
    kam. Hiergegen lehnte sich Schöning, der seinem
    neuen Herrn in Ernst und Treue diente, energisch auf
    und drang in ihn, bei der kaiserlichen Armee nur das
    Reichskontingent (3000 Mann) zu belassen. »Schö-
    ning« – so erzählt Paul von Gundling in einem der
    Berliner Bibliothek angehörigen Manuskript – »han-
    delte sehr sicher und war in seinen Reden wider des
    Kaisers Majestät sehr frei. Dadurch wurde indessen
    seine Stellung sehr gefährlich, und zwar um so ge-
    fährlicher, als eben jetzt ein französischer Abgesand-
    ter, namens Bidal, in Dresden eingetroffen war, der
    häufig mit dem Kurfürsten und Schöning verhandel-
    te. Der österreichische Gesandte Clary ermangelte
    nicht, über alles dies sehr übertriebene Berichte nach
    Wien hin zu erstatten.«

    1373
    Kurz, man glaubte alsbald in Wien an ein sächsisch-
    französisches Bündnis oder gab sich wenigstens das
    Ansehen, an ein solches zu glauben, um, gestützt
    darauf, einen Coup ausführen und die unbequeme
    Gestalt Schönings vom sächsischen Hofe entfernen
    zu können. Schöning selbst hatte keine Ahnung von
    dem, was ihm drohte. Er reiste, seit längerer Zeit
    ernstlich am Podagra leidend, in die Bäder von
    Teplitz. Hier ward er, auf den eben geschilderten
    Verdacht hin, von den Österreichern aufgehoben,
    ganz unter ähnlichen Umständen, wie sechzig Jahre
    früher Hans Georg von Arnim, ebenfalls ein Bran-
    denburger und sächsischer Feldmarschall, von den
    Schweden aufgehoben und nach Stockholm hin
    transportiert worden war.
    Über die Art der Aufhebung Schönings liegt uns fol-
    gender Bericht vor. In der Nacht zum 23. Juni mar-
    schierte ein Offizier mit 200 Mann von Prag aus nach
    Teplitz, umstellte Schönings Wohnung, ließ ohne
    weiteres eine Salve geben, brach mit Gewalt ins
    Haus ein und nahm den Feldmarschall

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