Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Em-
metah erwiderte auf den Antrag des Lords:
»Ich bin deine Sklavin, und du kannst mit mir
schalten, wie du willst; aber du würdest mich
sehr unglücklich machen, wenn du von dei-
nem Rechte Gebrauch machen wolltest. Ich
liebe dich, wie eine zärtliche Tochter ihren Va-
ter nur lieben kann, mehr aber verlange nicht
von mir!« Lord Marshall dachte viel zu edel,
1368
um der Unterwürfigkeit seiner Sklavin zu ver-
danken, was die Liebe des Mädchens ihm ver-
sagte, und selbst die giftigste Zunge unter
den Tischgenossen Friedrichs hat es nicht ge-
wagt, das Verhältnis zwischen beiden zu ver-
dächtigen. Der König, welcher nicht liebte,
Frauenzimmern in Sanssouci zu begegnen,
sah sie nur bei seinen Besuchen in Lord Mars-
halls Hause, wo sie in den ersten Jahren die
liebenswürdigste Wirtin zu machen wußte.
Emmetah war wohl vorzüglich die Veranlas-
sung, daß Lord Marshall sich von jungen Offi-
zieren der Potsdamer Garnison gesucht und
umgeben sah, die er dann für die spanische
und englische Literatur, namentlich für den
damals in Deutschland noch wenig bekannten
Shakespeare, zu interessieren suchte.
3. Ähnliche Eifersüchteleien und ein entspre-
chender Grad von Verbitterung herrschte da-
mals überhaupt in der brandenburgischen
Armee, und Schöning, was neben manchem
andern ihn entschuldigen mag, war all die
Zeit über gereizt worden. Vielfach wurden ihm
die Honneurs versagt, besonders seitdem
Feldmarschall Schomberg bei der Armee war.
Graf Dohna zum Beispiel, der – ein Anhänger
Schombergs und ein Gegner Schönings – als
Obristlieutenant bei den Grands Mousquetai-
res stand, rief den Offizieren zu, als Schöning
ihre Reihen passierte: Meine Herren, daß Sie
nicht grüßen ! Ich verbiete es Ihnen.«
1369
Dieser Vorfall machte größeres Aufsehen als die gan-
ze Belagerung von Bonn, die beiläufig am 2. Oktober
mit Übergabe der Festung endete, und führte neun
Monate lang zu einem halb juristischen, halb diplo-
matischen Kampf, in dem sich die gegenüberstehen-
den Parteien, die Schöningsche und die Barfussche,
in unzähligen Briefen, Eingaben, Gutachten etc. be-
fehdeten. Aber die Partei Barfus war stärker. Die
einflußreichsten Leute des Hofes: Danckelmann,
Spanheim, Otto von Schwerin, alle nahmen, entwe-
der weil die Sache selbst oder aber der hochfahrende
Charakter Schönings zugunsten Barfus' sprach, die
Partei des letzteren, und am 17. Juni 1690 erschien
endlich folgendes kurfürstliches Reskript, das den
Feldmarschall-Lieutenant von Schöning, ohne einem
Rechtsspruch vorgreifen zu wollen, in ziemlich un-gnädigen Worten aus dem brandenburgischen Dienst
entließ: »Se. kurfürstliche Durchlaucht haben Sich
unterthänigst referiren und in Dero Geheimen Rath
vortragen lassen: was Dero würklich Geheimer
Kriegsrath und General-Feldmarschall-Lieutenant,
der von Schöningen, sub dato Weißen-See bei Berlin
den 11. Juni gehorsamst supplicirt und gebeten. Wo-
hin denn S. K. Durchlaucht Sich dahin nochmalen in
Gnaden erklären: daß Sie nicht unterlassen werden,
in den zwischen gemeldetem Feldmarschall-
Lieutenant und dem General-Lieutenant von Barfus
entstandenen Mißhelligkeiten gebührende Justiz ad-
ministriren und solche rechtlich untersuchen, erör-
tern und decidiren zu lassen. Daß aber
S. K. Durchlaucht Dero General-Lieutenant des von
Barfusen Person zu Dero Diensten bei Ihrer Armee
indessen zu employiren resolviret, dessen haben
1370
Se. kurfürstliche Durchlaucht sowohl wegen deren
hohen Interesse und Diensten, als auch in Conside-
ration seiner, des von Barfusen, bisher observirten
unterthänigsten Conduite und sonsten bewegende
Ursachen gehabt und lassen es auch darbei nochma-
len gnädigst bewenden, können Sich auch darunter
von Niemanden Zeit noch Maaß setzen oder vor-
schreiben lassen. Sie wollen aber auch dem Feldmar-
schall von Schöning nicht wehren, sondern ihm viel-
mehr auch gnädigst erlauben, in einiger auswärtiger
alliirter Potentaten Dienste, welche Deroselben und
der guten Sache nicht zuwider sein, interimsweise zu treten, wenn er vorher dieselbe wird namhaft gema-chet haben. – Indessen wiederholen Sr. kurfürstliche
Durchlaucht Dero früher ergangene gnädigste Ver-
ordnung hiemit und befehlen dem General-
Feldmarschall-Lieutenant von Schöning nochmalen
gnädigst und ernstlichst: sich nicht allein dero hiesi-
gen Residenzstädte zu enthalten, sondern auch aus
bewegenden Ursachen,
Weitere Kostenlose Bücher