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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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seiner das
    Kommando zur Verfolgung Horns erhalten
    hatte, und General Beauvais d'Espagne nahm
    1687 den Abschied, »weil er es nicht ertragen
    konnte, daß man dem General Schöning, der
    nach dem ungarischen Feldzug ein Liebling
    des Großen Kurfürsten geworden war, den
    Vorzug einräumte«.

    1380
    Kronprinz Friedrich
    und Frau von Wreech

    In edlem Zorn erhebe dich, blick auf,
    Beschäme, strafe den unwürd'gen Zweifel.
    Schiller

    Nach des Feldmarschalls Tode fiel Tamsel an den
    einzigen Sohn desselben, der mutmaßlich schon bei
    Lebzeiten des Vaters die Verwaltung der Familiengü-
    ter übernommen hatte. Aber das schöne Schloß, das
    die Hand griechischer Künstler geschmückt hatte,
    schien kein Glück und keine Fülle des Lebens für alle
    diejenigen beherbergen zu sollen, die den Namen
    Schöning führten, und kaum anderthalb Jahrzehnte
    nach dem Tode des berühmten Vaters folgte ihm der
    unberühmte Sohn in die Gruft.
    Dieser Sohn war der letzte Schöning der Linie Tam-
    sel. Er hinterließ nur eine einzige Tochter, Luise Ele-
    onore, die, damals ein Kind noch, unter Vormund-
    schaft ihrer Mutter die reiche Erbschaft antrat. Luise
    Eleonore war mit vier Jahren die Erbin von Tamsel
    und mit sechzehn Jahren die Gemahlin des Obersten
    Adam Friedrich von Wreech. Sie war acht Jahre mit
    diesem vermählt, also vierundzwanzig Jahre alt, als
    der damals neunzehnjährige Kronprinz Friedrich, 1381
    mutmaßlich in den letzten Tagen des August 1731
    (bis dahin hatte er die Festung Küstrin nicht verlas-
    sen dürfen), seinen ersten Besuch in Tamsel machte.
    Es ist bekannt, daß der Prinz diesem ersten Besuche
    andere folgen ließ und alsbald in Beziehungen zu der
    schönen Frau von Wreech trat, die bis in die letzten
    Tage seines Küstriner Aufenthaltes hinein, also bis
    Ende Februar 1732, fortgesetzt wurden.
    Die Frage drängt sich auf: Welcher Art waren diese
    Beziehungen? War es ein intimes Freundschaftsver-
    hältnis, oder war es mehr? Die darüber herrschenden
    Anschauungen sind dem Rufe der Dame nicht allzu
    günstig gewesen; verschiedene Briefe jedoch, die
    der Kronprinz eben damals an Frau von Wreech rich-
    tete und deren Inhalt erst in neuester Zeit bekannt
    geworden ist, werden vielleicht imstande sein, die
    gäng und gäben Ansichten über diesen Punkt zu mo-
    difizieren. Diese Briefe, die sich jetzt im Besitz einer Urenkelin befinden, wurden von der letzteren in einem auf sie vererbten Berliner Hause zufällig aufge-
    funden, als ihr beim Ordnen von Papieren ein schon
    ziemlich vergilbtes Paket mit der kurzen Bezeich-
    nung: »Papiers concernant la famille de Wreich« in
    die Hände fiel. Ein zweiter Umschlag führte die Auf-
    schrift: »Lettres et vers de certain grand prince«,
    woran sich, wie zu bestimmterer Bezeichnung des
    Inhalts, die Worte reihten: »Lettres de Frédéric II.
    (comme prince royal) à Mad. de Schoening et à sa
    fille, Mad. de Wreich«.

    1382
    Diese Briefe sind auf gewöhnlichem groben Schreib-
    papier und oft bis an den untersten Rand hin vollge-
    schrieben; die Linien sind krumm, die Orthographie
    höchst mangelhaft, Zeit und Ortsangabe fehlen. Nur
    einer trägt das völlige Datum, und zwar den
    5. September 1731. Doch ergibt sich aus dem Inhalt
    der Briefe mit Bestimmtheit, daß sie zwischen Ende
    August 1731 und Ende Februar 1732 geschrieben
    sein müssen.
    Ihre Bedeutung ist in mehr als einer Beziehung nicht
    gering zu veranschlagen. Sie werfen zunächst ein
    ganz bestimmtes und sehr vorteilhaftes Licht auf die
    Art des Verhältnisses. So wenigstens erscheint es
    mir. Sollten aber auch die traditionell gewordenen
    Anschauungen über diesen Punkt nicht erschüttert werden, so geben uns diese Briefe doch immerhin
    einen Reichtum von Details und dadurch ein minutiö-
    ses Bild jener Tage.
    Denn die »Frau-von-Wreech-Literatur«, wenn man
    uns diesen Ausdruck gestatten will, war bisher ziem-
    lich knapp bemessen und beschränkte sich auf zwei
    Briefzitate, von denen das eine einem Briefe des
    Grafen Schulenburg, an Grumbkow, wenn ich nicht
    irre, das andere einem Briefe Grumbkows an Se-
    ckendorff entnommen war. Beide sehr aphoristisch,
    und während Schulenburg einfach meldete: »Frau
    von Wreech sei sehr schön und habe einen Rosen-
    und Lilienteint«, sprach Grumbkow von einer »star-
    ken amour«, in die der Prinz verfallen sei, und fügte
    noch einige derbe Worte hinzu, die der König, gewis-
    sermaßen in Billigung und Gutheißung des Verhält-

    1383
    nisses, geäußert

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