Wanderungen durch die Mark Brandenburg
mache. Barfus
mit 6000 Brandenburgern ward auf diese Nachricht
hin von Bonn nach Mainz detachiert. Als er am
30. August vor dem Kurfürsten Friedrich III., späte-
rem König Friedrich I., erschien, um sich zu verab-
schieden, kam es im Vorzimmer zu folgender Sze-
ne.3)
Barfus fand den Schöning auf einem Stuhle sitzend
vor und trat mit der Meldung an ihn heran: »daß er
1365
mit dem detachierten Corps nach Mainz marschiere,
was er hiermit dem Herrn Feldmarschall-Lieutenant
zu wissen tue«. Hierauf gab Schöning eine »cho-
quante Antwort«, etwa dahin gehend: »wie es ihn
wundernähme, daß ihm der Barfus endlich einmal die
Zivilität täte und ihm die gebührende Meldung mache«. Barfus, dieser choquanten Sprache begreifli-
cherweise choquant begegnend, antwortete schnell,
»daß er die Meldung nur auf Befehl des Kurfürsten
gemacht und sie sicher unterlassen haben würde,
wenn er gewußt hätte, daß er einer solchen Antwort zu begegnen habe«. Darauf Schöning: »Auch ohne
Befehl des Kurfürsten wäre die Meldung seine Schul-
digkeit gewesen.« Worauf man sich trennte.
Aber diese Szene im Vorzimmer war nur Vorspiel.
Barfus, als er eben das Haus verlassen hatte, hörte
sich von dem hinter ihm hereilenden Schöning ange-
rufen, der ihn jetzt aufforderte, mit ihm auf die Seite zu treten. Barfus war dazu bereit; Schöning aber,
statt beiseite zu treten, stellte sich etwa 100 Schritte vor der Hauptwache auf und rief Barfus zu, er solle
den Degen ziehen. Barfus durchschaute das Spiel,
das offenbar darauf aus war, ihn angesichts von
Zeugen zu einer Insubordination hinzureißen, und
ließ bedächtig den Degen in der Scheide. Schöning
aber wiederholte sein: »Zieht, Herr Generallieute-
nant!« und rief ihm endlich zu: »Der Teufel soll mich
holen, wenn dieser Barfus das Herz hat, den Degen
zu ziehen!« Dabei schlug er zu gleicher Zeit dem
Barfus den Stock aus der Hand, auf den sich dieser
in vorgebogener Stellung während des ganzen Zwie-
gesprächs gestützt hatte. Barfus bückte sich, um den
1366
Stock wieder aufzuheben, und stieß dann mit dem
spanischen Rohre nach Schöning, was dieser durch
einen Stoß gegen des Gegners Hals erwiderte. Das
war zuviel. Barfus fluchte: »Ei Sacrement!« und zog
seinen Degen. Schöning sah ihm lächelnd zu, und
seine beiden Arme ineinandergeschlagen, rief er
jetzt: »Haha, Monsieur zieht seinen Degen zuerst !«
und zog dann auch. Es sprangen aber andere Militärs
dazwischen, und die Streitenden wurden getrennt.
Arrest folgte.
1. Der Herzog von Vecha wurde in vollem Ornat,
angetan mit dem Orden des Goldenen Vlieses,
vor dem Zelte des Obergenerals, des Herzogs
Karl von Lothringen, zur Schau gestellt. Wind-
lichter umstanden den Sarg, und alles dräng-
te sich herbei, den Gefallenen zu sehen. –
Karl von Derfflinger war derselbe, bei dessen
Todesnachricht der alte Feldmarschall die be-
kannten Worte: »Warum hat sich der Narr
nicht besser in acht genommen!« gesprochen
haben soll . Wilhelm von Oranien sagte nach
der Schlacht an der Boyne, als ihm der Tod
des Bischofs von Derry gemeldet wurde:
»Ganz recht, warum war er auch, wo er nicht
hin gehörte!« Es ist sehr wahrscheinlich, daß
diese Wendung, etwas verändert und um vie-
les weniger passend, auf Derfflinger übertra-
gen worden ist.
1367
2. Wie Fatime in Polen und Sachsen, so spielte
eine andere Türkin, Emmetah Uellah, fünfzig
Jahre später in Preußen eine Rolle. Im
Jahr 1766 kam der bekannte Lord Marshall,
der letzte »Freund« des Königs, nach Pots-
dam und lebte in dem nach ihm genannten
Hause in Sanssouci. Ihn begleitete seine Pfle-
getochter Emmetah Uellah, die Tochter eines
Janitscharenhauptmanns, welche sein Bruder,
der Feldmarschall Keith, im Jahre 1737, bei
der Erstürmung der Festung Oczakow, vor si-
cherem Tode gerettet hatte. Emmetah Uellah
(»die Barmherzigkeit Gottes«) war eine auf-
fallende Schönheit und in hohem Grade lie-
benswürdig. Schon 1747, als sie mit dem da-
mals noch kaiserlich-russischen Feldmarschall
zum ersten Male nach Berlin kam, hatte sie
allgemeines Aufsehen erregt und auf den Ge-
sandtschaftsreisen ihres Pflegevaters sich so
vorteilhaft ausgebildet, daß sie mit unge-
zwungenstem Anstand die Honneurs des Hau-
ses machen konnte. D'Alembert erzählt von
ihr, Lord Marshall, obgleich schon im Greisen-
alter, habe eine leidenschaftliche Neigung für
sie gefaßt, sei aber nicht erhört worden.
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