Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Küstriner Verfas-
ser sympathisieren ließen, so wendet sich jetzt das
Blatt, und der König kommt zu seinem Recht .
Auch auf diese zweite Korrespondenz werfen wir
noch einen flüchtigen Blick. Sie besteht nur aus fünf Briefen, und diese wirken neben der Jugendkorres-pondenz wie die Billets eines sich mit Anstand zu-
rückziehenden Ehemanns neben dem Briefpäckchen,
das er als Bräutigam geschrieben. Aber sie verlieren
dadurch nichts von ihrem Wert. Im Gegenteil. Von
verschiedenen Punkten aus datiert, wohin der Krieg
den schwerbedrängten König gerade rief, von Dres-
den, Breslau, Leipzig aus, gereicht jeder einzelne
dem Schreiber zu hoher Ehre. Aus ihrem Inhalt er-
gibt sich, daß Frau von Wreech nicht müde wurde,
den König erst um Unterstützung für die verarmten
Bauern der Wreechschen Güter, dann um Darlehne
für sich selbst zu bitten. Diese Gesuche waren si-
cherlich dazu angetan, die Geduld des Königs zu er-
schöpfen, der zum Beispiel einen dieser Briefe kurz
nach dem schwer erkauften Siege von Torgau, will
also sagen in einem Augenblick empfing, wo die hal-
be Monarchie ziemlich ebenso verwüstet war wie die
Güter der Frau von Wreech; aber seine Antworten
zeigen nirgends Ungeduld oder jenen herben Ton,
durch den er so schwer verletzen konnte, und selbst
da, wo er auf das bestimmteste ablehnt, lehnt er nur
ab, weil er muß . Er schreibt eigenhändig von Breslau aus:
1399
»Madame, Sie stellen sich die Dinge sehr anders vor,
als sie sind. Bedenken Sie, daß ich seit einem Jahre
weder Gehalte noch Pensionen zahle; bedenken Sie,
daß mir Provinzen fehlen, daß andere verwüstet
sind; denken Sie an die enormen Anstrengungen, die
ich machen muß, und Sie werden einsehen, daß
meine Ablehnung nur in der völligen Unfähigkeit ih-
ren Grund hat, Ihnen zu helfen. Sobald die Dinge
sich ändern, soll geschehen, was möglich ist.«
Ja, er geht schließlich weiter und bewilligt wirklich
eine Summe zu einem Betrage, der nicht genannt
wird, dessen Unzureichendheit aber sich mutmaßen
läßt, denn die Anfangsworte des Begleitschreibens
lauten: »Es tut mir aufrichtig leid, Madame, weder so
viel tun zu können, wie ich möchte, noch so viel, wie
Sie wünschen. Aber ich habe Ordre gegeben« etc.
Dies sind die letzten Zeilen, die Friedrich nach Tam-
sel hin richtete. Sie zeigen, wie diese letzten Briefe
überhaupt, daß er auch unter den pressendsten Ver-
hältnissen nie vergaß, was er diesem Hause und die-
ser Frau an Dankbarkeit schuldig war. Er hätte sonst
einen ganz andern Ton angeschlagen. Frau von
Wreech indes scheint anders empfunden und bis zu-
letzt die Vorstellung unterhalten zu haben, daß des
Königs Benehmen hart überhaupt und speziell hart
gegen sie , die Genossin, die Freundin seiner Jugend, gewesen sei.
1400
Der Friede kam, das verwüstete Tamsel blühte wie-
der auf, der alte Feldmarschall mit seinen roten Ga-
maschen hing wieder an der boisierten Wand, und
der Park, schöner werdend von Jahr zu Jahr, füllte
sich mit Marmorstatuen. Dem Ruhme des Prinzen
Heinrich wurden Tafeln und Obelisken errichtet, je-
dem einzelnen aus dem Hause der Hohenzollern fiel
eine Huldigung zu. Nur dem Größten nicht. Kein
Stein, keine Tafel trug damals den Namen König
Friedrichs. Hier , wo er glücklich gewesen war und vielleicht auch glücklich gemacht hatte, sollte sein
Name vergessen sein.
Aber die Zeiten üben Gerechtigkeit. Im Sommer
1795 wurde der jüngste Sohn der schönen Frau von
Wreech, zugleich der letzte seines Stammes, in die
Kirchengruft hinabgesenkt, und andere Bewohner
zogen in Schloß Tamsel ein, andere, die lächeln
mochten über den Unmut, der sich unterfangen hat-
te, den Namen des großen Königs von dieser Stelle
ausschließen zu wollen.
Am 31. Mai 1840, am hundertjährigen Jahrestage
der Thronbesteigung Friedrichs II., fiel die Hülle von
dem Monumente, das Graf Hermann Schwerin dem
Andenken des Königs im Tamsler Parke hatte errich-
ten lassen. Es ist ein Denkstein von dreißig Fuß Hö-
he. Auf der Spitze desselben erhebt sich eine vergol-
dete Viktoria , während der Sockel die Inschrift trägt:
»Es ist ein köstlich Ding einem Manne, daß er das
Joch in seiner Jugend trage.«
1401
Unter Beteiligung vieler Tausende aus Dorf und Stadt
wurde die Enthüllungsfeier begangen. Ein alter Bau-
er, als er die Hüllen fallen sah, rief seinem Nachbar
zu: »Ick dacht, et süll de Olle Fritz sinn, un nu is et sine
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