Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Fru.«
Der alte Bauer hatte die Wahrheit gesprochen. Wa-
ren doch Viktoria und Friedrich immer zu treuem
Bunde vereint gewesen. Die Hohenzollern aber, mö-
gen sie nie aufhören, in gleicher Art dem Siege vermählt zu sein.
Tamsel
Verschnittene Hecken,
Sich zu verstecken,
Und auf blühendem Raine
Liebesgötter, groß' und kleine –
Aber ihre Stunden
Sind hingeschwunden.
II
Über die schöne Lage Tamsels habe ich schon
Seite 340 gesprochen. In früheren Zeiten hieß es die
»Oase in der Wüste«, und noch jetzt hat es Anspruch
auf jene rühmende Bezeichnung, wenn auch freilich
die ringsumher liegenden, dem üppigsten Wiese-
1402
wachs gewonnenen Bruchgegenden die Bezeichnung
»Wüste« nicht länger zulässig erscheinen lassen.
Das Terrain, auf dem Tamsel liegt, hat viel Ähnlich-
keit mit den Oderbruch-Partien zwischen Falkenberg
und Freienwalde. Im Rücken eine Bergwand, mehr
oder weniger steil und gelegentlich durch eine
Schlucht unterbrochen; am Fuße dieser Bergwand
ein Dorf und zu Füßen des Dorfs ein Wiesengrund,
oft überschwemmt und immer von Flußarmen durch-
zogen. So das Freienwalder Terrain und so auch die
Landschaft um Tamsel her.
Dorf Tamsel zieht sich unmittelbar am Hügel hin, und
zwar in Form eines Quersacks: oben und unten breit
und in der Mitte schmal und eng. Hier schiebt sich
der Park ein und teilt das Dorf in eine östliche und
westliche Hälfte, was indessen wenig bemerkt wird,
da der Dorfverkehr unbehindert am Park entlang
oder auch durch diesen hindurch geht. Ein solches
Zusammengewachsensein von Dorf und Schloß tut
immer wohl, und jeder Teil, auch nur malerisch ge-
nommen, hat Vorteil davon. Der Park gibt Schönheit
und empfängt Leben und Heiterkeit zurück.
Der Park
Der Tamseler Park zerfällt in einen Außen- und In-
nenpark.
Der Außenpark ist eine Waldpartie, die vom Fuß des Hügels an bis zur Kuppe desselben aufsteigt und,
1403
vom Bruch aus gesehen, die Schlußcoulisse des gan-
zen Bildes bildet. Auf der Höhe des Hügels erhebt
sich einer jener griechischen Tempel, wie sie die Ro-
kokozeit zu bauen liebte, während weiter abwärts
eine Schlucht die Hügelwand durchbricht, eine Tal-
rinne, durch welche der Weg nach Zorndorf führt. In
dieser Schlucht war es, wo in den Achtziger Jahren
dem Prinzen Heinrich zu Ehren die Forcierung des
Passes von Gabel, die letzte Kriegstat des Prinzen,
noch einmal in Szene gesetzt wurde. Natürlich bei
bengalischem Feuer. Die Schlucht wurde zu diesem
Behuf überbrückt; Minerva, die schöne zwanzigjähri-
ge Gräfin Dönhoff, führte die Sturmkolonne mit be-
geisterter Anrede über die Brücke, an deren ande-
rem Ende der Prinz von drei Johanniterrittern: von
Schack, Graf Dönhoff und Graf Tauentzien, in voller
Ordenstracht begrüßt und mit den schon an anderer
Stelle (Band I; in den Rheinsberger Kapiteln) mitge-
teilten Worten empfangen wurde:
Henry parait! il fait se rendre!
Vous frémissez fiers Autrichiens!
Si vous pouviez le voir, si vous pouviez l'entendre,
Vous béniriez le sort qui vous met dans ses mains.
Also etwa:
Heinrich erscheint. Vor seinem Begegnen
Zittert Östreich und unterliegt; –
Kenntet ihr ihn, ihr würdet es segnen,
Stolze Feinde, daß er euch besiegt.
1404
Zur Erinnerung wieder an diesen Erinnerungstag
wurde gleich nach der Festlichkeit ein Obelisk an
jener Stelle errichtet, wo die drei Johanniterritter den Prinzen begrüßt hatten, und diesem Obelisken die
Inschrift gegeben: »En mémoire du passage de
Gàbel en Bohême par le prince Henri de Prusse, le
31. Juillet 1778.« Darunter:
Ce marbre véridique aux siècles à venir
Du héros de notre siècle attestera la gloire,
Mais tout ce qu'il peut contenir
N'est qu'un feuillet de son histoire.
Dieser Obelisk steht noch.
Der Innenpark ist sehr reich an Statuen und Gedenk-steinen und soll, vor nicht allzu langer Zeit, noch um
vieles reicher daran gewesen sein. In einer seiner
Ecken erhebt sich ein Altar mit den Büsten des
»prince Henri« und des Großen Kurfürsten, und fran-
zösische und deutsche Verse wetteifern, teils in un-
mittelbarer Huldigung gegen den Prinzen, teils in
Vergleichen, die sie zwischen dem Ahnherrn und sei-
nem Enkel ziehn. »Il a tout fait pour l'état«, heißt es an erster Stelle. Aber diesem einfachen Ausspruche
folgen Verse des Chevaliers de Boufflers auf dem
Fuß:
Dans cette image auguste et chère
1405
Tout héros verra son rival.
Tout sage
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