Wanderungen durch die Mark Brandenburg
scheidet sich in zwei gewölbte Räume. In der ältern, mehr zurück gelegenen Gruftkammer
befinden sich die Särge der alten Familie von Schön-
beck, die schon um 1510 Tamsel und Warnick von
dem Johanniterorden zu Lehn trug. In dem andern
Gewölbe stehen elf zum Teil sehr prachtvolle Särge,
darunter der der schönen Frau von Wreech (Luise
Eleonore)1), der beiden letzten Wreechs und des
1412
Feldmarschalls Hans Adam von Schöning. Der Sarg
der schönen Frau von Wreech hat keine Inschrift, wohl aber befinden sich solche auf den Särgen ihrer
beiden Söhne, der »letzten Wreechs oder Wreichs«.
Beide Schreibarten gelten.
Diese Inschriften lauten:
1. »Friedrich Wilhelm Feodor Freiherr von Wreich,
Seiner Königlichen Majestät von Preußen Wirklicher
Kammerherr und Hofmarschall bei Seiner Königlichen
Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen, sind gebo-
ren zu Berlin den 29. Januar 1733 und gestorben zu
Berlin den 23. Mai 1785.«
2. »Ludwig Graf von Wreich, der letzte seines Stam-
mes, königlich preußischer Kammerherr und Hofka-
valier Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich
von Preußen, Erb- und Gerichtsherr auf Tamsel etc.,
Ritter des Johanniterordens und Domherr des Stifts
zu Magdeburg, ward geboren im Jahre 1734 zu Ky-
ritz in der Altmark und starb den 20. Juni 1795 zu
Rathenow im 61. Jahre seines ruhmwürdigen Le-
bens.«
Der Sarg des Feldmarschalls Hans Adam von Schö-
ning ist sehr groß und prächtig und ganz von Kupfer.
Ein goldenes (oder silbernes) Kruzifix liegt obenauf;
das Wappen befindet sich oberhalb, der Namenszug
unterhalb dieses Kruzifixes. Die Seitenwände basre-
liefartig mit Fahnen geschmückt; dazwischen folgen-
de Inschrift: »Der hochwohlgeborene Herr, Herr
Hans Adam von Schöning auf Tamsel, Warnick, Birk-
1413
holz, kurfürstlich sächsischer wohlbestallt gewesener
Generalfeldmarschall, Wirklich Geheimer und Gehei-
mer Kriegsrat, Obrister der Leibgarde zu Fuß wie
auch über ein Regiment Kürassiers und ein Regiment
Dragoners, ward geboren zu Tamsel den
1. Oktober 1641, starb selig zu Dresden den
28. August 1696.«
Die Rückseite dieses Sarges enthält die Bibelstelle:
Psalm 18, Vers 32 bis 36. – Der Deckel ist aufgelötet
und macht ein Öffnen sehr schwierig. Zu Lebzeiten
des Generals und Historiographen der Armee Kurd
von Schöning, der alljährlich am Geburtstage seines
berühmten Ahnherrn in Tamsel zu erscheinen und in
der Gruft daselbst zu verweilen liebte, war öfters von
Öffnen des Sarges die Rede, aber es unterblieb je-
desmal, einmal, weil die Sache große Schwierigkeit
hatte, und andrerseits, weil man sich scheuen moch-
te, die so wohlverwahrte Ruhe des Toten zu stören.
Handelte es sich dabei doch ohnehin nur um Befrie-
digung einer Neugier. Freilich einer verzeihlichen.
Man wollte nämlich in Erfahrung bringen, ob er mit
dem mit Diamanten besetzten Degen, den ihm Kai-
ser Leopold nach der Einnahme von Ofen zum Ge-
schenk gemacht hatte, begraben sei oder nicht. Die-
ser Degen war bis jetzt nirgends zu finden.
1. Da über verschiedene Daten aus dem Leben
dieser Frau, namentlich über das Jahr ihrer
Geburt und ihrer Verheiratung, abweichende
Angaben vorkommen, so lasse ich hier nach-
1414
stehendes folgen. Luisa Eleonora von Schö-
ning wurde, dem Küstriner Kirchenbuche zu-
folge, durch den Küstriner Hofprediger am
6. Juli 1721 in Tamsel zum heiligen Abend-
mahl admittiert, ihres Alters vierzehn Jahre ,
sowie durch denselben am 25. Mai 1723 mit
dem Obersten Adam Friedrich von Wreech
(gestorben 1746) kopuliert. Sie war also bei
ihrer Verheiratung sechzehn Jahr alt und
vierundzwanzig Jahr bei dem ersten Besuch
des Kronprinzen in Tamsel. Aus ihrer Ehe mit
dem Obersten von Wreech hatte sie sieben
Kinder. Das Küstriner Kirchenbuch nennt fol-
gende fünf:
1. Eleonore Charlotte Amalie, geboren den
21. Dezember 1724.
2. Juliane Luise, geboren den 22. März 1726.
3. Friedrich Ludwig, geboren den 31. Juli
1727. Getauft den 7. August; zählt unter sei-
nen Paten den König, den Kronprinzen und
den Fürsten von Anhalt-Dessau.
4. Karl Albrecht Adam, geboren den 27. No-
vember 1728.
5. Sophie Friederike, geboren den 28. Mai
1730. Zählte unter ihren Paten die Prinzessin
von Anhalt-Zerbst, die Feldmarschälle Graf
von Wartensleben und von Natzmer. Sie war
es, die sich am 7. September 1752 mit dem
1415
Grafen Stanislaus Gerhard von Dönhoff (spä-
ter, in zweiter Ehe, mit dem Baron
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