Wanderungen durch die Mark Brandenburg
ein fünftes ruht auf ihrem Schoß.
Das älteste der Kinder, ein junges Mädchen, ist im
Dianakostüm, ein Windspiel ihr zur Seite; ein andres
Kind trägt ein Füllhorn, ein drittes spielt mit einem
Lamm; dazwischen Windspiele und Bologneserhünd-
chen. Links in der Ecke des Bildes Genien mit Krän-
zen und Palmen. Im Hintergrunde Schloß Tamsel
vor 1686.
3., 4., 5. Drei Bilder des Generals von Wreech , des Gemahls der schönen Luise Eleonore.
6. und 7. Die Bilder des Ministers von Brandt (wahrscheinlich des bekannten Eusebius von Brandt) und
seiner Gemahlin.
1419
8. Frau von Wreech (Luise Eleonore). Kniestück. Sie ist hier achtundzwanzig bis dreißig Jahr alt, also ein
Bild, das noch zu Lebzeiten ihres Gemahls gemalt
wurde. Sehr hübsch, frisch, üppig, die Augen voll
Leben und Klugheit. Sie trägt ein weißes Brokatkleid,
mit natürlichen Blumen aufgesteckt, dazu eine hell-
blaue, silber- oder weißgestickte Überjacke; Granat-
blumen im weißgepuderten, natürlichen Haar und
Perlenohrgehänge.
9. Frau von Wreech als Witwe; achtunddreißig bis vierzig Jahr alt; halbe Figur. Sie trägt ein schwarzes
Kleid und über dem schönen Nacken einen weißen,
durchsichtigen Tüllkragen, mit einer kleinen Hals-
krause daran. Die schwarze Schnebbe der Witwen-
haube geht bis tief in die Stirn; an der Haube hängt
der schwarze Witwenschleier.
10. Frau von Wreech (drittes Portrait). Brustbild, lebensgroß. Sie ist hier etwa vierzig bis einundvierzig Jahr alt. Es scheint um die Zeit gemalt zu sein, wo
sie die Witwentrauer ablegte. Sie trägt ein ausge-
schnittenes weißes Atlaskleid, kurze Ärmel, breite
Fall-Unterärmel, eine Halskrause (trotz des tief aus-
geschnittnen Kleides) und eine schwarze Samtjacke
mit buntem Futter über die Schulter geworfen. In der
Hand hält sie eine Tabatière. Das Ganze macht einen
sehr angenehmen Eindruck: eine vornehme, zugleich
anspruchslos-hausmütterliche Dame, noch hübsch,
aber ohne besondere Schönheit. – An Kunstwert ist
ihr zweites Portrait, im Witwenkleide, das beste.
Auch tritt sie einem hier am meisten als »schöne
Frau« entgegen.1)
1420
11. Generalfeldmarschall Graf Kurt von Schwerin .
Derselbe, der bei Prag fiel. Kniestück. Sehr gutes
Bild, lebensvoll. Der Gesichtsausdruck freundlich,
klug, fest und schlicht. Er ist in voller Rüstung, mehr Ritter als Kürassier, und trägt über der linken Schulter, als bloße Drapierung, einen Purpur-
Sammetüberwurf, auf dem der Schwarze Adlerorden
sichtbar ist.
Dieses Bild, das sich früher im Besitze des Generals
Kurd von Schöning in Potsdam befand, kam auf fol-
gende Weise nach Tamsel.
General Kurd von Schöning hatte bei seinen gele-
gentlichen Besuchen in Tamsel nie versäumt, seines
Ahnherrn Hans Adam von Schönings Bild (den Reiter
mit den blutroten Gamaschen) mit lebhaftestem In-
teresse zu betrachten, und Graf Hermann Schwerin
nahm deshalb Veranlassung, eine Kopie des großen
Bildes anfertigen und diese dem General von Schö-
ning überreichen zu lassen. Ein Schwerin also hatte einem Schöning das Bildnis seines berühmten Ahnherrn zum Geschenk gemacht. Jahre vergingen, und
General von Schöning starb. Bei Öffnung seines Tes-
taments fand man in demselben folgendes: Ȥ 12.
Das Bild vom Generalfeldmarschall Grafen Schwerin
erhält der liebenswürdige, edle Herr Graf Schwerin
auf Tamsel. Nur wenn derselbe eher als ich das Zeit-
liche segnen sollte, erhält es das Schloß von Tamsel in Anerkennung der treubewahrten Alt-Schöningschen Erinnerungen über und unter der Er-
de.«
1421
So kam das Bild nach Tamsel. Ein Schöning hatte nunmehr einem Schwerin das Bildnis des berühmtesten Schwerinschen Ahnherrn als Gegengeschenk ü-
berreicht.
Ich habe geglaubt, bei Aufzählung alles dessen, was
Tamsel einerseits an Erinnerungen, andrerseits an
Kunstschätzen bietet, ausführlicher verweilen zu sol-
len, weil diesem schönen Landsitze, durch länger als
ein Jahrhundert hin, die Rolle zufiel, nicht nur ein
historischer Schauplatz, sondern auch eine Pflege-
stätte für die Künste zu sein. Wir haben Stätten in unsrer Provinz, die, wenn ich mich des Ausdrucks
bedienen darf, glänzender debütiert oder vorüberge-
hend ein intensiveres Leben geführt haben, aber was dem Ruhme Tamsels an Intensität abgehen mag, das
ersetzt er durch Dauer, durch ein konsequentes
Sich-auf-dem-Niveau-Halten. Es gibt märkische
Schlösser, aus denen berühmtere Feldherrn
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