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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Große die
    Nacht vorher geschlafen hat?«
    »Nein, der steht in der Neudammschen Mühle.«
    »Sonst nichts?«
    »Nicht daß ich wüßte.«
    »Danke schön. Guten Abend, Herr Nonnenprediger.
    – Fahr zu!«
    Und so ging es weiter, an der hübschen neuen Kirche
    vorbei, hinaus ins Freie.
    Unmittelbar hinter Zorndorf beginnt das Schlachtfeld.
    Es ist ein Viereck, das von der Neumühlschen Forst
    und dem Zicher Bach im Westen und Osten und von
    der Mietzel und einem Höhenzug im Norden und Sü-
    den gebildet wird. An dem Höhenzuge liegen Wil-
    kersdorf und Zorndorf. Auf diesem Stückchen Erde
    wurde die Schlacht geschlagen. Der Boden ist wel-
    lenförmig, aber die Einschnitte ziehen sich nicht hori-
    zontal von West nach Ost, sondern senkrecht von
    Nord nach Süd, so daß das ganze Terrain mit seinen
    Höhen und Tiefen einer Tischplatte gleicht, auf der

    1426
    eine Riesenhand mit gespreizten Fingern liegt. Das
    an jenem Tage den Mittelpunkt der russischen Stel-
    lung bildende Dorf Quartschen entspricht dem Hand-
    gelenk. Hier trafen alle Höhen und Tiefen in einem
    Punkte fächerförmig zusammen.
    Auf einem zwischen zwei dieser Vertiefungen, dem
    Zaber- und dem Galgengrunde, gelegenen Hügelrü-
    cken entschied sich die Schlacht. Richtiger: von hier aus wurde sie entschieden. Von Zorndorf her den Zabergrund hinaufrückend, begleitete Seydlitz am
    äußersten linken Flügel der preußischen Aufstellung
    den Auf- und Vormarsch der Angriffskolonnen. Sel-
    ber ungesehen, sah er seinerseits alles. Auf die Auf-
    forderung des Königs, »anzugreifen, bei Gefahr sei-
    nes Kopfes«, gab er die bekannte Antwort: » Nach
    der Schlacht stehe dem Könige sein Kopf zu Befehl;
    während derselben mög er ihm noch erlauben, davon in seinem Dienste Gebrauch zu machen.« Der Zeitpunkt war eben noch nicht da. Im Moment aber, als
    die bereits siegreichen Russen ihre Reiterei vor-
    schickten, um in die fliehenden preußischen Bataillo-
    ne einzuhauen, schwenkte Seydlitz plötzlich rechts,
    passierte den Bach und stieg aus der Tiefe herauf.
    Und nun wie Sturm über das Plateau zwischen dem
    Zaber- und Galgengrund hinfegend, führte er jene
    weltberühmte Attacke aus, die mit der Niederwer-
    fung des zunächststehenden russischen Hügels en-
    digte und, sechs Stunden später gegen den andern
    Flügel wiederholt, den Tag zugunsten des Königs
    abschloß.

    1427
    »Seydlitz, auch diesen Sieg verdank ich Ihm.« –
    »Nicht mir, Majestät. Hier diesem Löwen, dem Ritt-
    meister von Wakenitz.« Es war überhaupt, wie ein
    Tag glänzender Attacken, so auch ein Tag glänzender
    Impromptus und Repliken. »Keine Schlacht ist verlo-
    ren, solange das Regiment Garde du Corps nicht an-
    gegriffen hat« etc.

    Die Chaussee von Zorndorf nach Quartschen läuft
    auf der Höhe des flachen Hügelrückens zwischen
    dem Zaber- und Galgengrunde hin und durchschnei-
    det also genau denjenigen Teil des Schlachtfeldes,
    auf dem die Würfel fielen.
    Wir machen den Weg bei Sonnenuntergang. Der gol-
    dene Ball hängt verschleiert am Horizont, die Luft ist
    still, und nur hoch im Blauen singt es und klingt es
    noch. So geht es zwischen dem wogenden Korn da-
    hin.
    Etwa 1000 Schritt hinter Zorndorf passieren wir ei-
    nen altmodischen Bauerhof mit Plankenzaun und
    Strohdach. Wieder 500 Schritte weiter fällt uns,
    rechts am Weg, ein auf verschiedenen Stufen errich-
    tetes und das Kornfeld weithin überragendes Stein-
    monument auf, das am 25. August 1826 von Män-
    nern des Kreises an ebendem Punkte aufgebaut wur-
    de, wo, alter Überlieferung zufolge, der König hielt
    und den Gang der Schlacht ordnete und überblickte.
    Diesem Punkte gilt unser Besuch.

    1428
    Wir lassen halten und suchen nach einem Feldweg.
    Aber nichts der Art ist zu finden. Besucher auf dem
    Schlachtfelde von Zorndorf sind so selten, daß es
    sich nicht verlohnt, einen Weg nach dem Denkmale
    hin offenzuhalten. Lauter Ackerland. Oder wie es in
    dem Chamissoschen Liede heißt: »Der Pflug geht
    drüber hin.« Nach langem Suchen entdecken wir
    endlich eine Furche, die uns in gerader Linie, wenn
    auch von schräg liegenden Halmen völlig verdeckt,
    dem Denkmal entgegenführt. Wir stehen nun vor
    einem Sand- und Lehmhügel von der Form eines
    Backofens, auf dem sich das Monument erhebt. Der
    Aufgang ist steil, und man kann deutlich erkennen,
    daß die früher sich allmählich abflachenden Wände
    von dem Bauer, dem jetzt das Feld gehört, ab- und
    niedergepflügt wurden, um dadurch ein paar

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