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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Quad-
    ratruten Ackerland zu gewinnen. Bauernegoismus ist
    sicherlich das einzige Motiv gewesen, aber der E-
    goismus ist hier zum Segen ausgeschlagen, und der
    Hügel mit seinen jetzt steil abfallenden Wänden, hier
    und dort von Liguster und Distelbüschen überwach-
    sen, nimmt sich vortrefflich aus als Postament für
    das auf seiner Höhe errichtete Denkmal. Dieses ist
    einfachster Art. Es besteht aus drei Granitstufen, auf
    deren oberster sich ein Oblong, ebenfalls aus Granit,
    erhebt. Das Ganze ein etwa mannshoher, höchst
    schlichter Steinbau, der früher an einer seiner Fron-
    ten eine Inschrift trug. Man liest noch jetzt: »Hier
    stand Friedrich... M.D.C.C.L.VIII.« Alles andere ist
    verlöscht.
    Das Monument ist schlicht genug. Aber der Blick ü-
    ber das Schlachtfeld hin, das jetzt schattenhaft-grau

    1429
    vor der dahinter gelagerten Abendröte liegt, ist ent-
    zückend. Der Abend schickt einen Luftzug; ein leises
    Rauschen und Knistern ist in den Halmen; die Ler-
    chen sind eben still geworden, und nur von rechts
    und links her rufen die Unken über das Feld hin. Die
    hausen noch im Zaber- und Galgengrund, wenn auch
    freilich nicht mehr wie sonst. Denn die beiden Grün-
    de haben längst aufgehört eigentliche Wasserrinnen
    zu sein; die Kultur hat sie trockengelegt, und nur wo
    hier und da noch ein Restchen Sumpfwasser in der
    Vertiefung steht, halten sich ihre alten Bewohner.
    Noch einmal, es ist ein schlichtes Monument, das an
    dieser Stelle das Gedächtnis an den Tag von Zorn-
    dorf zu wahren trachtet. Aber es ist gut, daß es
    schlicht ist. Prächtige Monumente gehören in die
    Stadt, in das Bereich der Kunst. Zu Wald und Feld
    stimmen Denkmäler, die sich einreihen in den Haus-
    rat der Natur. Übergang und Verschmelzung, nicht
    Gegensatz. Würfel und Obelisk werden auf Schlacht-
    feldern noch lange das beste bleiben.
    Mein Reisegefährte, zu dem ich in diesem Sinne ge-
    sprochen haben mochte, legte seine Hand auf meine
    Schulter und sagte lächelnd: »Sie haben recht. Die-
    ser Stein weiß davon zu erzählen. Es schleicht sich
    nämlich etwas von höherer Kunstexistenz in sein
    Leben ein. Aber es waren keine glücklichen Tage.«
    Auf meine Bitte fuhr der Sprecher fort: »Gern erzähl
    ich davon. Es soll Ihnen nichts verschwiegen bleiben.
    Aber ändern wir zuvor unsere Front und nehmen wir
    auf den Stufen der Rückseite Platz, damit wir nach

    1430
    Bauer Mertens' Gehöft hinübersehen können. Denn
    das Gehöft und seine Insassen spielen mit.«
    Ich tat wie geboten.
    »Sie haben im Tamseler Parke sicherlich das Monu-
    ment gesehen, das auf seiner Spitze die Rauchsche
    Viktoria trägt. Dies Monument hat Graf Hermann
    Schwerin errichten lassen, ein sehr liebenswürdiger
    und kunstsinniger Herr. Sie werden gleich sehen,
    warum ich mit ihm beginne.
    Es war um 1846, als ein benachbarter Freund bei
    dem Tamseler Grafen erschien und ihm von einem
    Küstriner Klempner erzählte, der in überpatrioti-
    schem Eifer auf die Idee gekommen war, den Alten
    Fritz in Weißblech zu treiben. Er hatte jahrelang sei-
    ne Feierabendstunden darangesetzt. Nun stand der
    große König endlich fix und fertig da, sieben Fuß
    hoch und blank wie ein Zinnlöffel. Aber niemand
    wollt ihn haben. Der Graf, der nicht nur ein kunstsin-
    niger, sondern vor allem auch ein sehr gütiger Herr
    war, überlegte sich's einen Augenblick, akzeptierte
    dann das angebotene Kunstwerk, zahlte den Preis
    und traf seine Dispositionen.
    Ein paar Tage später traf alles in Tamsel ein. Tamsel
    aber war nicht Bestimmungsort. Der Graf hatte be-
    reits anderweitig darüber verfügt, freilich mit einer
    an Vorahnung grenzenden Besorgnis.
    Es war Anfang November, und zu mitternächtiger
    Stunde hielt ein Leiterwagen vor dem Schloß. Jetzt

    1431
    mußte sich's entscheiden. Die Statue wurde rasch
    aufgeladen, und ehe zehn Minuten um waren, setzte
    sich der Zug unter Begleitung von einem Mauerpolier
    und drei Gesellen in Bewegung. Andere Dienstleute
    folgten. Es ging still durch Schlucht und Wald, noch
    stiller durch Zorndorf hin, an Mertens' Gehöft vor-
    über, bis der Wagen hier zu Füßen des Hügels hielt.
    Und nun rasch und ängstlich und mit fast gespensti-
    scher Stille wurde der blecherne Fritz auf den Gra-
    nitwürfel gestellt. Sie können noch sehen, wo der
    Mörtel gesessen hat. Dann in stiller Nacht, wie der
    Zug gekommen war, verschwand er auch wieder.
    Am andern Morgen trat Mertens' ältester Sohn in die
    Haustür, um nach dem Wetter zu

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