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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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interessiert, ist wohl der Umstand, daß uns
    dasselbe (eben weil Brouillon) in die Entstehungsgeschichte dieser und ähnlicher Versbriefe des Kronprinzen einführt und uns genau zeigt, wie er arbeite-te . Es überrascht dabei einmal eine gewisse Strenge gegen sich selbst, die sich in den doppelten und drei-fachen Varianten ausspricht, andererseits aber ein
    gewisses prosaisches »Sich's-bequem-Machen«, das
    die Reimworte nicht mit ahnungsvoller Sicherheit im
    Momente heraufbeschwört, sondern sie aufschreibt , um nun völlig nüchtern und nach Bedürfnis die Aus-1514
    wahl treffen zu können. So finden wir in kurzen und
    langen Kolumnen untereinander geordnet erst: hy-
    perbole, parole, dann pretendu, venu, parvenu, dann
    magnifique, rustique, implique, philosophique, intri-
    que, musique, inique, poetique; endlich aprouvé,
    depravé, annoncé, consumé, alarmé etc., Aufzählun-
    gen, aus denen ersichtlich wird, daß der Kronprinz in
    vielen Fällen nicht eine Hülle für den Gedanken, son-
    dern einen Gedanken für die Hülle suchte. Übrigens
    arbeiten bekanntlich viele Poeten auf ähnliche Weise,
    und so unpoetisch, auf den ersten Blick, dieser Weg
    erscheinen mag, so ist doch schließlich nicht erwie-
    sen, daß derselbe wesentlich schlechter sei als ein
    andrer. Er erinnert an das Verfahren einzelner Maler,
    besonders guter Koloristen, die, zunächst eine bloß
    harmonische Wirkung auf die Sinne bezweckend,
    nicht klare Gestalten, sondern Farben nebeneinan-derstellen. Farben, die dem Reim entsprechen. Form und Gedanke finden sich nachher. Wie sie sich finden, scheinbar zwanglos oder aber sichtlich erzwun-
    gen – davon hängt dann freilich das Gelingen oder
    Scheitern ab.
    Wir haben diesem umrahmten Quartblatt Papier wie-
    der seinen Ehrenplatz an der Längswand des Biblio-
    thekszimmers gegeben und treten nun aus dem küh-
    len schattigen Raum in den sonnbeschienenen Park
    hinaus. Es ist jener Mittagszauber, von dem es im
    Liede heißt:
    Vor Wonne zitternd hat die Mittagsschwüle
    Auf Tal und Höh in Stille sich gebreitet,

    1515
    Man hört nur, wie der Specht im Tannicht schreitet
    Und wie durchs Tobel rauscht die Sägemühle.
    Hier ist es nicht die Sägemühle, die rauscht, aber ein
    Bach, der, aus dem Felde kommend, über ein natür-
    liches Wehr von Feldsteinblöcken niedersprudelt und
    schillernd in Regenbogenfarben in den hellbeleuchte-
    ten Park tritt. Weiterhin wird er ein Teich, und die
    umstellenden Bäume werfen ihr Bild in die dunkelkla-
    re Tiefe. Durch den Park hin, südenwärts, ist eine
    Lichtung geschlagen, und vor die lichte Öffnung
    schiebt sich in Dämmerferne der Hügelzug der »Rau-
    enschen Berge«. Der scharf gezogene Kontur ihres
    Profils mahnt an südlich Land und blauen Himmel.
    Über den Teich hin fliegen Libellen, das einzig Le-
    bende, das um diese Zeit noch flügg und munter ist.
    Denn ihre Flügel sind groß, und ihre Leiber sind
    leicht.
    Ein seltsam Klingen und Tönen zieht durch die Luft,
    Jetzt ist die Zeit, wo tief im Schilf ein Wimmern
    Den Fischer weckt...,
    aber eh noch das Klingen ein bestimmter Klang ge-
    worden, fällt die Kirchglocke mit ihren zwölf Mittags-
    schlägen ein, der Mittagsspuk verfliegt, und nur der
    Zauber der Schönheit und der Stille bleibt.

    1516
    Von Sparren-Land und Sparren-
    Glocken

    Sagt selber, kommt's nicht dem Herren zugut,
    Wenn sein Kriegsvolk was auf sich halten tut?
    Wer anders macht ihn, als seine Soldaten,
    Zu dem großmächtigen Potentaten.

    Unser Weg führt uns heut in das alte » Sparren-
    Land «.
    Der ausgedehnte Landstrich, auf dem diese längst
    vom historischen Schauplatz abgetretene Familie
    reich begütert war, hat zwar nur noch sehr bedin-
    gungsweisen Anspruch auf jenen auszeichnenden
    Namen, aber in Huldigung gegen den Ruhm des al-
    ten Geschlechts sprechen wir auch heute noch von
    einem »Sparren-Land«, wiewohl sich von ebendie-
    sem Lande kein Zollbreit Erde mehr in Sparrschen
    Händen befindet.
    Die Sparrs oder die Sparren scheinen unter den ers-
    ten Askaniern in die Mark gekommen zu sein. Schon
    um 1300 begegnen wir ihnen an jenem Punkte, der
    später das Zentrum ihres Besitzes bildete. Unter den
    Hohenzollern treten sie uns von Anfang an in beson-
    deren Vertrauensstellungen entgegen, und noch vor
    Ablauf desselben Jahrhunderts, das die Burggrafen
    ins Land führte, sehen wir die rasch emporgeblühte

    1517
    Familie im Vollbesitz ihrer Macht. Das Sparren-Land ist da .
    Welcher Art ist es? und wo haben wir es

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