Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Über-
zeugung Ausdruck zu geben. Für monumenta-
le Werke großen Stils hatte die damalige
preußische Hauptstadt weder den Sinn noch
die Mittel. So muß G. denn nach dem beurteilt
werden, was er gewollt . Seine Skizzen sind
damals und später viel bewundert worden,
von keinem mehr als von Schinkel, der eine
Zeitlang in Gillys Atelier tätig war und jeder-
zeit den Einfluß anerkannt hat, den des ju-
gendlichen Meisters Anschauungen auf seine
Kunstrichtung ausgeübt haben. Wie Thor-
waldsen um ebendieselbe Zeit freudig hervor-
zuheben pflegte, daß er Carstens die »ent-
scheidende Anregung« verdanke, so nannte
Schinkel den jungen Gilly den »Schöpfer alles
1504
dessen, was er sei«. Friedrich Gilly starb be-
reits 1800, neunundzwanzig Jahre alt. Unter
seinen Arbeiten befinden sich auch Aquarell-
skizzen zu einem Denkmale Friedrichs des
Großen aus dem Jahre 1797 und Aufnahmen
des Marienburger Schlosses aus dem Jah-
re 1799. (David Gilly, der Vater, wurde 1745
zu Schwedt a. O. geboren und überlebte den
Sohn um acht Jahre. Er starb 1808 zu Berlin.)
Ich stelle nun behufs eines Vergleiches den gedruck-
ten Brief und die verschiedenen Versionen des Stein-
höfler Konzepts zusammen, zugleich eine Überset-
zung hinzufügend, bei der ich auf eine Markierung
der kleinen Unterschiede verzichtet habe.
Sublime auteur, ami Erhabner Dichter, liebenswürdi-
charmant,
ger Freund,
Vous dont la source Du, dessen unerschöpflicher
intarissable
Geist (Quell)
Nous fournit si dili-
Uns so fleißig versorgt
gemment
De ce fruit rare, ines- Mit jener seltnen, unschätzbaren timable,
Frucht,
Que votre muse har- Die Deine Muse dreist
diment,
1505
Dans un séjour peu
Auch an minder günstigem Ort
favorable
Fait éclore à chaque Jeden Augenblick heranreifen
moment;
läßt;
Au fond de la Li-
In der Tiefe Litauens
thuanie,
J'ai vu parâitre, tout Hab ich glänzend erscheinen
brillant,
sehn
Ce rayon de votre
Jenen Strahl Deines Genies,
génie
Qui confond, dans la Der, spielend, in der Tragödie
Tragédie
Le fanatisme, en se
Den Fanatismus schamrot macht.
jouant.
J'ai vu de la philoso- Ich habe Philosophisches
phie,
J'ai vu le baron voya- Und habe den »reisenden Baron«
geur,
Et j'ai vu la pièce
Und habe jene vollendete Arbeit
accomplie
erscheinen sehn,
Où les ouvrages et la Worin das »Leben Molières«
Vie
De Molière vous font Und seine Werke Dir zur Ehre honneur.
gereichen.
1506
A la France, votre
Erspare, Voltaire, Deinem Vater-
patrie,
lande,
Voltaire, daignez
Erspare Frankreich die Kosten,
épargner
Les frais que pour
Die es hergibt
l'Académie
Sa main a voulu des- Für seine Akademie.
tiner.
En effet, je suis sûr que ces quarante têtes qui sont
payées pour penser, et dont l'emploi est d'écrire, ne
travaillent pas la moitié autant que vous. Les sci-
ences sont pour tout le monde, mais l'art de penser est le don le plus rare de la nature.
Aimable auteur, ami charmant
Vous dont la source inta-
risable
Nous fournit si diligemment
De ce fruit rare, inestimable,
Que votre Muse sagement
Que votre Muse hardi-
Cueillit presque à chaque
ment
moment .
Dans un sejour peu fa-
1507
vorable
Fait éclore à chaque
moment.
Les rayons etc. etc.
De Molière sont en Honneur
A la France votre patrie.
Voltaire, daignez épargner
Les frets etc.
Ich bin in der Tat sicher, daß diese vierzig Köpfe, die fürs Denken bezahlt werden und von Amts wegen zu
schreiben haben, nicht halb soviel arbeiten als Sie.
Die Wissenschaften sind für alle Welt, aber die Kunst des Denkens ist die seltenste Gabe der Natur.
Cet art fut banni de
Diese Kunst, von der Schule
l'école,
verbannt,
Des pédants il est in-
Ist unbekannt den Pedanten;
connu;
Par l'inquisition frivole Die schnöde Inquisition
L'usage en serait
Würde den Gebrauch (des
défendu,
Denkens) verboten haben,
Si le pouvoir saint de
Wenn die »heilige Macht der
l'étole
Stole«
1508
S'était à ce point éten- Sich bis zu diesem Punkt er-
du.
streckt hätte.
Du vulgaire la troupe
Der tolle Schwarm des Pöbels
folle
A penser juste a pré-
Hat den Anspruch erhoben,
tendu;
richtig zu denken;
Du vil flatteur l'encens Der käufliche Weihrauch des
vendu
niederen Schmeichlers
En a parfumé son ido- Hat seinen Götzen (den Pöbel)
le;
beräuchert,
Et l'ignorant a confon- Und der Ignorant verwechselt
du
Le froid non-sens d'une Den kalten Unsinn
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