Wanderungen durch die Mark Brandenburg
für seine Person
nur 300 Taler; was von dem übrigen nicht für die
Offizierstafel und für Lohn und Bedienung darauf-
ging, wurde den Armen gegeben. Die Tafel war
reichlich besetzt, aber er selbst aß regelmäßig nur
eine Soldatensuppe und ein einfaches Stück Fleisch.
Als er einen jungen Offizier zum Nachbar flüstern
hörte, daß der Alte sich seine frugale Kost sehr gut
schmecken lasse, ward auch noch das Fleisch aus
der Suppe getan. Denn wie er an Umsicht, Raschheit
und verschlagener Tapferkeit ein Geistesverwandter
des alten »Husarenvaters« auf Wustrau war, so war
er es auch in Schlichtheit, Rechtschaffenheit und
Unbestechlichkeit. Die Worte des Prinzen Heinrich,
die Zieten so schön charakterisieren (»er verachte
alle diejenigen, die sich auf Kosten unterdrückter
Völker bereicherten«), passen ebenso auf Günther.
Seine kurze Verwaltung Südpreußens war deshalb in
mehr als einer Beziehung ein Segen für jene Lan-
desteile. Seine Uneigennützigkeit erwarb ihm die
Achtung von Freund und Feind, und selbst die polni-
sche Bevölkerung näherte sich ihm und unterwarf
sich in streitigen Fällen seiner Entscheidung. Von
Suworow, den er öfter sah, wurd er in ausgezeichne-
ter Weise empfangen. » Ich freue mich, heute einen
wahren General kennenzulernen «, waren die ersten Worte, womit der damals im Zenit seines Ruhmes
stehende Praga-Erstürmer unsern General begrüßte,
und als Günther mehrere Jahre später ein in Süd-
preußen zurückgebliebenes, völlig vergessenes russi-
sches Magazin unaufgefordert an Suworow zurücklie-
fern wollte, rief dieser verwundert aus: »Solch einen
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Glauben hab ich in Israel nicht funden.« Freilich, es
war so unrussisch wie möglich.
An Gehorsam, an Diensttreue war ihm keiner gleich.
Seine stete Klage war, daß der König schlecht be-
dient werde . Nach Natur und Überzeugung war er ein Mitglied jenes hohen Kriegerordens, der sich während der Regierungszeit des großen Königs gebildet
hatte und dessen erste und einzige Regel lautete,
»im Dienste des Vaterlandes zu leben und zu ster-
ben«. Das Opfer war Gebot, war Leidenschaft . Preu-
ßen über alles. Noch wenige Wochen vor seinem Hin-
scheiden, als ihm erzählt wurde, daß die Grenadier-
bataillone die alten Grenadiermützen wieder erhalten
hätten, rief er aus: »Gott gebe, daß mit den alten
Mützen auch der alte Geist der Gleimschen Grenadie-
re wieder dasein möge, dann werden sie und Preu-
ßen unüberwindlich sein.« Der Tod ersparte ihm die
bittre Erfahrung, daß der »alte Geist« unwiederbring-
lich verloren war.
Es war ihm in einem der Pflicht und dem Dienste
gewidmeten Leben nicht vergönnt worden, die
höchsten Aufgaben zu lösen, Aufgaben, zu denen er,
der Aussage aller derer nach, die ihm nahestanden,
wohl befähigt gewesen wäre. Wenn ihm aber das
Höchste zu tun auch versagt blieb, das Beste lebte nicht nur in ihm, er betätigte sich auch darin.
Mög es dem Vaterlande nie an Männern fehlen gleich
ihm!
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1. Boyen hat auch in bezug hierauf eine etwas
prosaischere Version. Er schreibt: »Günther
zog sich früh aus dem Treiben der Welt und
der Gesellschaft zurück. Was ihn zu dieser
Zurückgezogenheit bestimmte, ob es
schmerzlich zerrissene Lebensverbindungen
waren (also unglückliche Liebe , aber nichts
von einem Keuschheitsgelübde), mag dahin-
gestellt bleiben.« Auch der »Gewaltigkeit sei-
nes Körpers« erwähnt Boyen nicht; vielmehr
spricht er viel von der Kränklichkeit des Gene-
rals, die nur in dessen moralischer Kraft ihr
Gegengewicht gefunden habe. Er war auch
hierin ganz dem alten Zieten verwandt, der
bekanntlich immer leidend und zuzeiten völlig
hinfällig war.
7. Karl Friedrich Schinkel
Ehrwürdig dünkt euch gotische Kunst mit Recht;...
Doch schätz ich mehr Einfaches, dem ersten Blick Nicht gleich enthüllbar.
Platen
Unter allen bedeutenden Männern, die Ruppin, Stadt
wie Grafschaft, hervorgebracht, ist Karl Friedrich
Schinkel der bedeutendste. Der »alte Zieten« über-
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trifft ihn freilich an Popularität, aber die Popularität eines Mannes ist nicht immer ein Kriterium für seine
Bedeutung. Diese resultiert vielmehr aus seiner re-
formatorischen Macht, aus dem Einfluß, den sein
Leben für die Gesamtheit gewonnen hat, und diesen
Maßstab angelegt, kann der »Vater unsrer Husaren«
neben dem »Schöpfer unsrer Baukunst« nicht be-
stehn. Wäre Zieten nie geboren, so besäßen wir (was
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