Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
für seine Person
    nur 300 Taler; was von dem übrigen nicht für die
    Offizierstafel und für Lohn und Bedienung darauf-
    ging, wurde den Armen gegeben. Die Tafel war
    reichlich besetzt, aber er selbst aß regelmäßig nur
    eine Soldatensuppe und ein einfaches Stück Fleisch.
    Als er einen jungen Offizier zum Nachbar flüstern
    hörte, daß der Alte sich seine frugale Kost sehr gut
    schmecken lasse, ward auch noch das Fleisch aus
    der Suppe getan. Denn wie er an Umsicht, Raschheit
    und verschlagener Tapferkeit ein Geistesverwandter
    des alten »Husarenvaters« auf Wustrau war, so war
    er es auch in Schlichtheit, Rechtschaffenheit und
    Unbestechlichkeit. Die Worte des Prinzen Heinrich,
    die Zieten so schön charakterisieren (»er verachte
    alle diejenigen, die sich auf Kosten unterdrückter
    Völker bereicherten«), passen ebenso auf Günther.
    Seine kurze Verwaltung Südpreußens war deshalb in
    mehr als einer Beziehung ein Segen für jene Lan-
    desteile. Seine Uneigennützigkeit erwarb ihm die
    Achtung von Freund und Feind, und selbst die polni-
    sche Bevölkerung näherte sich ihm und unterwarf
    sich in streitigen Fällen seiner Entscheidung. Von
    Suworow, den er öfter sah, wurd er in ausgezeichne-
    ter Weise empfangen. » Ich freue mich, heute einen
    wahren General kennenzulernen «, waren die ersten Worte, womit der damals im Zenit seines Ruhmes
    stehende Praga-Erstürmer unsern General begrüßte,
    und als Günther mehrere Jahre später ein in Süd-
    preußen zurückgebliebenes, völlig vergessenes russi-
    sches Magazin unaufgefordert an Suworow zurücklie-
    fern wollte, rief dieser verwundert aus: »Solch einen

    162
    Glauben hab ich in Israel nicht funden.« Freilich, es
    war so unrussisch wie möglich.
    An Gehorsam, an Diensttreue war ihm keiner gleich.
    Seine stete Klage war, daß der König schlecht be-
    dient werde . Nach Natur und Überzeugung war er ein Mitglied jenes hohen Kriegerordens, der sich während der Regierungszeit des großen Königs gebildet
    hatte und dessen erste und einzige Regel lautete,
    »im Dienste des Vaterlandes zu leben und zu ster-
    ben«. Das Opfer war Gebot, war Leidenschaft . Preu-
    ßen über alles. Noch wenige Wochen vor seinem Hin-
    scheiden, als ihm erzählt wurde, daß die Grenadier-
    bataillone die alten Grenadiermützen wieder erhalten
    hätten, rief er aus: »Gott gebe, daß mit den alten
    Mützen auch der alte Geist der Gleimschen Grenadie-
    re wieder dasein möge, dann werden sie und Preu-
    ßen unüberwindlich sein.« Der Tod ersparte ihm die
    bittre Erfahrung, daß der »alte Geist« unwiederbring-
    lich verloren war.
    Es war ihm in einem der Pflicht und dem Dienste
    gewidmeten Leben nicht vergönnt worden, die
    höchsten Aufgaben zu lösen, Aufgaben, zu denen er,
    der Aussage aller derer nach, die ihm nahestanden,
    wohl befähigt gewesen wäre. Wenn ihm aber das
    Höchste zu tun auch versagt blieb, das Beste lebte nicht nur in ihm, er betätigte sich auch darin.
    Mög es dem Vaterlande nie an Männern fehlen gleich
    ihm!

    163
    1. Boyen hat auch in bezug hierauf eine etwas
    prosaischere Version. Er schreibt: »Günther
    zog sich früh aus dem Treiben der Welt und
    der Gesellschaft zurück. Was ihn zu dieser
    Zurückgezogenheit bestimmte, ob es
    schmerzlich zerrissene Lebensverbindungen
    waren (also unglückliche Liebe , aber nichts
    von einem Keuschheitsgelübde), mag dahin-
    gestellt bleiben.« Auch der »Gewaltigkeit sei-
    nes Körpers« erwähnt Boyen nicht; vielmehr
    spricht er viel von der Kränklichkeit des Gene-
    rals, die nur in dessen moralischer Kraft ihr
    Gegengewicht gefunden habe. Er war auch
    hierin ganz dem alten Zieten verwandt, der
    bekanntlich immer leidend und zuzeiten völlig
    hinfällig war.

    7. Karl Friedrich Schinkel

    Ehrwürdig dünkt euch gotische Kunst mit Recht;...
    Doch schätz ich mehr Einfaches, dem ersten Blick Nicht gleich enthüllbar.
    Platen

    Unter allen bedeutenden Männern, die Ruppin, Stadt
    wie Grafschaft, hervorgebracht, ist Karl Friedrich
    Schinkel der bedeutendste. Der »alte Zieten« über-

    164
    trifft ihn freilich an Popularität, aber die Popularität eines Mannes ist nicht immer ein Kriterium für seine
    Bedeutung. Diese resultiert vielmehr aus seiner re-
    formatorischen Macht, aus dem Einfluß, den sein
    Leben für die Gesamtheit gewonnen hat, und diesen
    Maßstab angelegt, kann der »Vater unsrer Husaren«
    neben dem »Schöpfer unsrer Baukunst« nicht be-
    stehn. Wäre Zieten nie geboren, so besäßen wir (was

Weitere Kostenlose Bücher