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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gro-
    ßen Ansichten von Messina, Palermo, der Ebene von
    Partinico etc., die alle dem Jahre 1804 angehören,
    wurden später von Goethe »groß und bewunderns-
    würdig« genannt.1) Schinkel pflegte die Hauptlinien
    solcher landschaftlichen Aufnahmen am Tage sehr
    flüchtig, aber in der Perspektive höchst sorgfältig auf 170
    das Papier zu werfen und diese Umrisse dann am
    Abend mit der staunenswertesten Treue und von
    einem nie irrenden Gedächtnis unterstützt im einzelnen auszuführen.2)
    Während der ganzen Reise prävalierte in ihm der
    Maler . Er war unzweifelhaft als Architekt nach Italien gezogen, aber nur wenige seiner Briefe aus jenen
    Reisejahren beschäftigen sich mit Architektur. Selbst
    die herrlichen Tempeltrümmer von Girgenti regten
    überwiegend die dichterische Phantasie des Land-
    schaftsmalers an; zu baukünstlerischen Betrachtun-
    gen über die hehren Überreste hellenischen Alter-
    tums gelangte er nirgends, und die Renaissancebau-
    ten Ober- und Mittelitaliens ließen ihn ebenfalls kalt.
    Am meisten Eindruck machte die sarazenische Baukunst auf ihn, und ihre phantastischen Reize um-
    strickten ihn überall von Venedig bis Sizilien – es
    sprach sich auch hierin seine Neigung zum Maleri-
    schen aus.

    1. Goethe war überhaupt voller Anerkennung für
    Schinkel. 1820 war letzterer in Gesellschaft
    von Rauch und Friedrich Tieck in Weimar auf
    Besuch, und Goethe, dem vorzugsweise diese
    Reise gegolten hatte, schrieb über diese
    schönen Tage: »Von Jugend auf war meine
    Freude, mit bildenden Künstlern umzugehen.
    Herr Geheimrat Schinkel machte mich mit den
    Absichten seines Theaterbaues bekannt und
    wies zugleich unschätzbare landschaftliche

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    Federzeichnungen vor, die er auf einer Reise
    ins Tirol gewonnen hatte. Die Herren Tieck
    und Rauch modellierten meine Büste, ersterer
    zugleich ein Profil von Freund Knebel. Eine
    lebhafte, ja leidenschaftliche Kunstunterhal-
    tung ergab sich dabei, und ich durfte diese
    Tage unter die schönsten des Jahres rech-
    nen.«

    2. Es scheint fast, daß alle hervorragenden
    Künstler die oft ans Wunderbare grenzende
    Gabe besitzen, das allerflüchtigst Wahrge-
    nommene auf viele Jahre hin, um nicht zu sa-
    gen für immer , in ihrer Vorstellung zu bewah-
    ren. Das Geschaute fällt wie ein Lichtbild in
    ihre Seele und fixiert sich daselbst. William
    Turner sollte zu einer bestimmten Gelegen-
    heit die »Landungsbrücke von Calais« malen,
    und man erwartete, er werde hinüberfahren.
    um das Bild nach der Natur anzufertigen. Er
    war aber ein oder zwei Jahre vorher nach Pa-
    ris gereist und hatte sich, auf dem Dampf-
    schiffe stehend, ohne die geringste Ahnung
    davon, daß ihm solche Aufgabe jemals zufal-
    len würde, die Szenerie von Calais (bloß da-
    durch, daß sein Auge einen Moment darauf
    ruhte) so vollständig eingeprägt, daß er das
    bestellte Bild in frappantester Naturwahrheit
    aus dem Kopfe malen konnte. – Ein andres
    Mal zeichnete er mit raschen Strichen einen
    Dreimaster aufs Papier, den er länger als
    zwanzig Jahre vorher auf der Reede von
    Spithead hatte tanzen sehn. Das Schiff exis-

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    tierte noch in Portsmouth oder Plymouth, und
    man verglich die Zeichnung damit. Zum
    Staunen aller ergab sich, daß Turner sogar
    die Zahl und Stellung der Stückpforten völlig
    richtig wiedergegeben hatte.3)

    3. Auch aus dem Kreise Berliner Künstler wird
    ähnliches berichtet. Der polnische Graf Cz.
    verliert plötzlich sein einziges Kind, eine Toch-
    ter von zehn Jahren. Er ist untröstlich und will
    wenigstens eine Büste von der Hingeschiede-
    nen besitzen. Er wendet sich wenige Tage
    später an einen unsrer Bildhauer, dieser aber
    muß ablehnen, als er erfährt. daß nur eine
    schon vor etwa sechs Jahren angefertigte
    Kreidezeichnung von der jungen Komtesse
    vorhanden sei. Auf dem Heimwege begegnet
    der Bildhauer seinem Freunde, dem Maler M.,
    und erzählt ihm das eben Erlebte. Der Maler,
    als er den Namen des Grafen hört, hält im
    Gehen inne und fragt: »War das nicht
    Graf Cz., dem wir vor kaum drei Wochen am
    ›Großen Stern‹ begegneten? Er fuhr mit einer
    Dame; rückwärts saß ein schönes Kind?« –
    »Das war er«, antwortete der Bildhauer.
    »Nun, dann läßt sich vielleicht helfen.« Und
    der Maler zeichnete alsbald einen Kopf, der
    vollständig ähnlich befunden und nach dem
    seitens des Bildhauers die Büste angefertigt
    wurde.

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    Die italienische Reise, wie jede Reise, hatte freilich
    auch ihre Schattenseiten, ihre

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