Wanderungen durch die Mark Brandenburg
mitteninne (wie das lacht!)
Des roten Ampfers leuchtende Pracht.
Ziehbrunnen, über die Wiese zerstreut,
Trog um Trog zu trinken beut,
Und zwischen den Trögen und den Halmen,
Unter nährendem Käuen und Zermalmen,
Die stille Herde.... das Glöcklein klingt,
Ein Luftzug das Läuten herüberbringt.
Und an dieses Teppichs blühendem Saum
1590
All die lachenden Dörfer, ich zähle sie kaum:
Linow, Lindow,
Rhinow, Glindow,
Beetz und Gatow,
Dreetz und Flatow,
Bamme, Damme, Kriele, Krielow,
Petzow, Retzow, Ferch am Schwielow,
Zachow, Wachow und Groß Behnitz,
Marquardt-Uetz an Wublitz-Schlänitz,
Senzke, Lentzke und Marzahne,
Lietzow, Tietzow und Reckahne,
Und zum Schluß in dem leuchtenden Kranz:
Ketzin, Ketzür und Vehlefanz.
Und an deinen Ufern und an deinen Seen,
Was, stille Havel, sahst all du geschehn ?!
Aus der Tiefe herauf die Unken klingen –
Hunderttausend Wenden hier untergingen;
In Lüften ein Lärmen, ein Bellen, ein Jagen,
»Das ist Waldemar«, sie flüstern und sagen;
Im Torfmoor, neben dem Kremmer Damme
(Wo Hohenloh fiel), was will die Flamme?
Ist's bloß ein Irrlicht?... Nun klärt sich das Wet-
ter,
Sonnenschein, Trompetengeschmetter,
Derfflinger greift an, die Schweden fliehn,
Grüß Gott dich Tag von Fehrbellin.
Grüß Gott dich Tag, du Preußenwiege,
Geburtstag und Ahnherr unsrer Siege,
1591
Und Gruß dir, wo die Wiege stand,
Geliebte Heimat, Havelland!
Potsdam, im Mai 1872
Die Wenden
und die Kolonisation der Mark
durch die Zisterzienser
Die Wenden in der Mark
1. Geographisch-Historisches
Lichthelle Götter,
Höret,
Höret unser Flehen um Sieg!
Wir kämpfen für Leben und Freiheit,
Für Weib und Kind.
Notschirmer Radigast,
Krieghelfer Swantewit,
1592
Leidwahrer Triglaw,
O verleihst uns Sieg!
Karl Seidel
Am Nordufer der Mittelhavel, den ganzen Havelgau
und südlich davon die »Zauche« beherrschend, lag
die alte Wendenveste Brennabor. Ihre Eroberung
durch Albrecht den Bären (1157) entschied über den
Besitz dieses und der benachbarten Landesteile, die
von da ab ihrer Christianisierung und, was inson-
derheit die Havelgegenden angeht, auch ihrer Ger-
manisierung rasch entgegengingen. Diese Germani-
sierung, soweit sie durch die Klöster erfolgte, soll
uns in den nächsten Kapiteln beschäftigen; unsre
heutige Aufgabe aber wendet sich ausschließlich der
heidnischen Epoche vor 1157 zu und versucht, in dieser Vorgeschichte der Mark eine Geschichte der
märkischen Wenden zu geben. Dieser Ausdruck ist
nicht völlig korrekt. Es soll heißen: Wenden, die,
noch eh es eine »Mark« gab , in demjenigen Lan-
desteile wohnten, der später Mark Brandenburg hieß.
Zuerst ein Wort über die Wenden überhaupt. Sie
bildeten den am meisten nach Westen vorgeschobe-
nen Stamm der großen slawischen Völkerfamilie;
hinter ihnen nach Osten und Südosten saßen die
Polen, die Südslawen, die Groß- und Kleinrussen.
Die Wenden rückten, etwa um 500, in die halb ent-
völkerten Lande zwischen Oder und Elbe ein. Sie
fanden hier noch die zurückgebliebenen Reste der
1593
alten Semnonen, jenes großen germanischen Stam-
mes, der vor ihnen das Land zwischen Elbe und Oder
innegehabt und es – entweder einem Drucke von
Osten her nachgebend oder aber durch Abenteuer-
drang dazu getrieben – im Laufe des fünften Jahr-
hunderts verlassen hatte. Nur Greise, Weiber, Kinder
waren teilweis zurückgeblieben und kamen in Ab-
hängigkeit von den vordringenden Wenden. Diese
wurden nunmehr der herrschende Stamm und gaben
dem Lande sein Gepräge, den Dingen und Ortschaf-
ten ihre wendischen Namen. Als nach drei-, vier- und
fünfhundert Jahren die Deutschen zum ersten Male
wieder mit diesem Lande »zwischen Elbe und Oder«
in Berührung kamen, fanden sie, wenige Spuren e-
hemaligen deutschen Lebens abgerechnet, ein völlig
slawisches, das heißt wendisches Land vor.
Das Land war wendisch geworden, ebenso die östli-
cheren Territorien zwischen Oder und Weichsel. Aber
das westliche Wendenland war doch die Hauptsache.
Hier, zwischen Oder und Elbe, standen die berühm-
testen Tempel, hier wohnten die tapfersten und
mächtigsten Stämme.
Dieser Stämme, wenn wir von kleineren Gemein-
schaften vorläufig absehn, waren drei: die Obotriten im heutigen Mecklenburg, die Liutizen in Mark und Vorpommern und die Sorben oder Serben im Meißnischen und der Lausitz.
Unter diesen drei Hauptstämmen der Westwenden,
ja vielleicht der Wenden
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