Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Einziehung der
brandenburgischen Klöster überhaupt. Chorin wurde
freilich zunächst aus freier Hand verkauft, aber dies
hatte keinen Bestand, und binnen kurzem wurde
auch hier der Klosterhof ein Amtshof, eine Domaine.
Er ist es noch.
1. Diese Steintafel befand sich an der Stelle, wo
das später sogenannte »Invalidenhaus« an
die Klosterkirche stieß, und gab in ihrer In-
schrift die Namen aller in Chorin begrabenen
Markgrafen. Diese Inschrift, wie jetzt nur
noch aus den Choriner Amtsakten zu ersehen
ist, lautete:
»Anno 1254 ist der Markgraf Johannes (I.),
Kurfürst zu Brandenburg, der dieses Kloster
Chorin Zisterzienserordens gestiftet, allhier
begraben.
Anno 1267 ist Johannes (III.), Markgraf, wel-
cher zu Merseburg auf seiner Schwester
Hochzeit im Scharfrennen mit einem Klitz
(Pfeil oder kleinen Lanze) verwundet worden
und davon gestorben, allhier begraben.
Anno 1285 ist Markgraf Johannes (V.), Kur-
fürst zu Brandenburg, gestorben und allhier
begraben.
1721
Anno 1298 starb zu Beerwalde Markgraf Otto
Sagittarius (der Pfeilschütze), des Kurfürsten
Johannes zu Brandenburg Sohn, und ist all-
hier begraben.
Anno 1304 ist zu Sched(?) gestorben Mark-
graf Konrad (I.), Kurfürst zu Brandenburg,
und ist allhier begraben.
Anno 1307 bestätigte Markgraf Hermann von
Brandenburg, Markgraf Otten des Langen
Sohn, dieses Kloster Chorin.
Anno 1319 starb Markgraf Waldemar (I.) zu
Beerwalde und ist allhier begraben.
Tu mater Lehnin et filia tua Chorin,
Ex te est orta Nova Cella et Coeli Porta.«
(Diese Inschriften, wie schon im Text hervor-
gehoben, waren 1769 sicherlich noch vorhan-
den. 1823 suchte sie Konsistorialrat Beller-
mann, Direktor des Grauen Klosters, vergeb-
lich. Er vermutet, daß sie 1772 bei einer Re-
paratur übertüncht oder beseitigt worden
sind.)
2. Wenn man hier einwenden wollte, daß das
Land im wesentlichen diese Schwankungen
und Wandlungen mitmachte und daß deshalb
kein Grund vorliege, für Chorin einen beson-
1722
deren Vorwurf daraus herzuleiten, so darf
man drei Dinge nicht übersehen: 1. daß Cho-
rin besser wissen konnte, ob echt oder un-
echt, und wahrscheinlich es wirklich wußte;
2. daß Chorin sich mit Vorliebe bayrisch ge-
zeigt und deshalb eine größere Pflicht hatte,
Farbe zu halten, und 3. daß andere Plätze, die
zum Teil dieselbe Wandlung durchmachten,
doch wenigstens länger ausdauerten und et-
was schamhafter verfuhren.
Kloster Chorin, wie es ist
Von den alten Baulichkeiten, wenn dieselben auch
Umwandlungen unterworfen wurden, ist noch vieles
erhalten; lange einstöckige Fronten, die den Mön-
chen als Wohnung und Arbeitsstätten dienen moch-
ten, dazu Abthaus, Refektorium, Küche, Speisesaal,
ein Teil des Kreuzganges, vor allem die Kirche. Die-
se, wennschon eine Ruine, richtiger eine ausgeleerte
Stätte, gibt doch ein volles Bild von dem, was diese
reiche Klosteranlage einst war. Schon die Maße, die
Dimensionen deuten darauf hin; das Schiff ist vier-
undvierzig Fuß länger als die Berliner Nikolaikirche
und bei verhältnismäßiger Breite um siebzehn Fuß
höher. Im Mittelschiff stehen auf jeder Seite elf vier-
eckige Pfeiler (einige zur Linken sind neuerdings ver-
schwunden); der zwölfte Pfeiler, rechts wie links,
steckt in der Mauer. Die Konsolen oder Kapitälorna-
mente sind verschieden gestaltet und stellen ab-
1723
wechselnd Akanthus-, Klee- und Eichenblätter dar.
Das Blattwerk zeigt hier und da noch Spuren von
grüner Farbe, während der Grund rot und gelb ge-
malt war. Freskoartige Malereien finden sich noch in
letzten Überresten im Kreuzgang; an einer stehen-
gebliebenen Kappe zeigt sich Zweig- und Blattwerk,
das ein Walnußgesträuch darzustellen scheint. Das
hohe Gewölbe, welches von den Pfeilern des Mittel-
schiffes getragen wurde, ist seit einem Jahrhundert
eingestürzt. Anstelle desselben wurde im Jahre 1772
ein Dachstuhl aufgerichtet, der seitdem das neue
Dach trägt. Dies neue Dach ist niedriger, als das alte
war, was sich an den Giebelwänden, besonders an
dem Frontispice im Westen, noch deutlich markiert.
Von den Seitenschiffen ist nur noch eins vorhanden,
das nördliche; über dem niedrigen Dach desselben
ragen die elf Spitzbogenfenster des Hauptschiffes
auf, deren obere Steinverzierungen noch beinahe
unversehrt erhalten sind.
Leider geht dieser baulich schönen Ruine, wie gesagt, das eigentlich Malerische ab. Ruinen, wenn sie nicht bloß, als nähme man
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