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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Einziehung der
    brandenburgischen Klöster überhaupt. Chorin wurde
    freilich zunächst aus freier Hand verkauft, aber dies
    hatte keinen Bestand, und binnen kurzem wurde
    auch hier der Klosterhof ein Amtshof, eine Domaine.
    Er ist es noch.

    1. Diese Steintafel befand sich an der Stelle, wo
    das später sogenannte »Invalidenhaus« an
    die Klosterkirche stieß, und gab in ihrer In-
    schrift die Namen aller in Chorin begrabenen
    Markgrafen. Diese Inschrift, wie jetzt nur
    noch aus den Choriner Amtsakten zu ersehen
    ist, lautete:
    »Anno 1254 ist der Markgraf Johannes (I.),
    Kurfürst zu Brandenburg, der dieses Kloster
    Chorin Zisterzienserordens gestiftet, allhier
    begraben.
    Anno 1267 ist Johannes (III.), Markgraf, wel-
    cher zu Merseburg auf seiner Schwester
    Hochzeit im Scharfrennen mit einem Klitz
    (Pfeil oder kleinen Lanze) verwundet worden
    und davon gestorben, allhier begraben.
    Anno 1285 ist Markgraf Johannes (V.), Kur-
    fürst zu Brandenburg, gestorben und allhier
    begraben.

    1721
    Anno 1298 starb zu Beerwalde Markgraf Otto
    Sagittarius (der Pfeilschütze), des Kurfürsten
    Johannes zu Brandenburg Sohn, und ist all-
    hier begraben.
    Anno 1304 ist zu Sched(?) gestorben Mark-
    graf Konrad (I.), Kurfürst zu Brandenburg,
    und ist allhier begraben.
    Anno 1307 bestätigte Markgraf Hermann von
    Brandenburg, Markgraf Otten des Langen
    Sohn, dieses Kloster Chorin.
    Anno 1319 starb Markgraf Waldemar (I.) zu
    Beerwalde und ist allhier begraben.
    Tu mater Lehnin et filia tua Chorin,
    Ex te est orta Nova Cella et Coeli Porta.«
    (Diese Inschriften, wie schon im Text hervor-
    gehoben, waren 1769 sicherlich noch vorhan-
    den. 1823 suchte sie Konsistorialrat Beller-
    mann, Direktor des Grauen Klosters, vergeb-
    lich. Er vermutet, daß sie 1772 bei einer Re-
    paratur übertüncht oder beseitigt worden
    sind.)

    2. Wenn man hier einwenden wollte, daß das
    Land im wesentlichen diese Schwankungen
    und Wandlungen mitmachte und daß deshalb
    kein Grund vorliege, für Chorin einen beson-

    1722
    deren Vorwurf daraus herzuleiten, so darf
    man drei Dinge nicht übersehen: 1. daß Cho-
    rin besser wissen konnte, ob echt oder un-
    echt, und wahrscheinlich es wirklich wußte;
    2. daß Chorin sich mit Vorliebe bayrisch ge-
    zeigt und deshalb eine größere Pflicht hatte,
    Farbe zu halten, und 3. daß andere Plätze, die
    zum Teil dieselbe Wandlung durchmachten,
    doch wenigstens länger ausdauerten und et-
    was schamhafter verfuhren.

    Kloster Chorin, wie es ist
    Von den alten Baulichkeiten, wenn dieselben auch
    Umwandlungen unterworfen wurden, ist noch vieles
    erhalten; lange einstöckige Fronten, die den Mön-
    chen als Wohnung und Arbeitsstätten dienen moch-
    ten, dazu Abthaus, Refektorium, Küche, Speisesaal,
    ein Teil des Kreuzganges, vor allem die Kirche. Die-
    se, wennschon eine Ruine, richtiger eine ausgeleerte
    Stätte, gibt doch ein volles Bild von dem, was diese
    reiche Klosteranlage einst war. Schon die Maße, die
    Dimensionen deuten darauf hin; das Schiff ist vier-
    undvierzig Fuß länger als die Berliner Nikolaikirche
    und bei verhältnismäßiger Breite um siebzehn Fuß
    höher. Im Mittelschiff stehen auf jeder Seite elf vier-
    eckige Pfeiler (einige zur Linken sind neuerdings ver-
    schwunden); der zwölfte Pfeiler, rechts wie links,
    steckt in der Mauer. Die Konsolen oder Kapitälorna-
    mente sind verschieden gestaltet und stellen ab-

    1723
    wechselnd Akanthus-, Klee- und Eichenblätter dar.
    Das Blattwerk zeigt hier und da noch Spuren von
    grüner Farbe, während der Grund rot und gelb ge-
    malt war. Freskoartige Malereien finden sich noch in
    letzten Überresten im Kreuzgang; an einer stehen-
    gebliebenen Kappe zeigt sich Zweig- und Blattwerk,
    das ein Walnußgesträuch darzustellen scheint. Das
    hohe Gewölbe, welches von den Pfeilern des Mittel-
    schiffes getragen wurde, ist seit einem Jahrhundert
    eingestürzt. Anstelle desselben wurde im Jahre 1772
    ein Dachstuhl aufgerichtet, der seitdem das neue
    Dach trägt. Dies neue Dach ist niedriger, als das alte
    war, was sich an den Giebelwänden, besonders an
    dem Frontispice im Westen, noch deutlich markiert.
    Von den Seitenschiffen ist nur noch eins vorhanden,
    das nördliche; über dem niedrigen Dach desselben
    ragen die elf Spitzbogenfenster des Hauptschiffes
    auf, deren obere Steinverzierungen noch beinahe
    unversehrt erhalten sind.
    Leider geht dieser baulich schönen Ruine, wie gesagt, das eigentlich Malerische ab. Ruinen, wenn sie nicht bloß, als nähme man

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